Ein bisschen wirr klang das ja schon, was am Dienstag, 25. April, der Leipziger CDU-Vorstand verschickte. Man reagierte auf die am Montag, 24. April, veröffentlichten Kriminalitätszahlen für Deutschland aus dem Bundesinnenministerium. Danach lag Leipzig unter den Großstädten nach der Häufigkeit von Straftaten auf einmal auf Rang 3 – gleich hinter Berlin und Hannover, noch vor Frankfurt und Bremen.
Zahlen können schon beängstigen. Vor allem, wenn es nirgendwo eine greifbare Analyse gibt, die erkundet, warum gerade in Leipzig vor allem die Diebstahls- und Einbruchsdelikte derart angestiegen sind. Darum drückt sich auch der sächsische Innenminister herum.
CDU fordert mehr Polizisten
Leipzig sei die zweitunsicherste Stadt Deutschlands, meinte nun die Leipziger CDU, aus den Zahlen herauslesen zu können. Eigentlich weiß man auch bei den Leipziger Christdemokraten, dass zur Kriminalitätsbekämpfung die Polizei zuständig ist. Die gehört zum Land und untersteht dem Innenminister. Worauf der CDU-Kreisvorsitzende Robert Clemen auch deutlich hinweist.
„Die präventive Wirkung von Polizeistreifen kann sich nur entfalten, wenn die Polizei die personellen Ressourcen dazu hat. Wir brauchen bei dem sensiblen Thema Sicherheit keine Wahlkampfrhetorik des Oberbürgermeisters. Stattdessen wollen wir mit Minister Ulbig eine ehrliche und konstruktive Debatte über den Bedarf der Leipziger Polizei führen“, erklärte Robert Clemen, Kreisvorsitzender der CDU Leipzig.
Die CDU-Fraktion im Leipziger Stadtrat will das Thema Sicherheit in ihrem 1. Frühjahrsforum am 8. Mai in den Mittelpunkt stellen. Unter dem Titel „Leipzig wächst – die Kriminalität wächst mit. Brauchen wir mehr Polizei?“ wird der sächsische Innenminister Markus Ulbig den Hauptvortrag halten. Interessierte Bürger sind herzlich eingeladen mit der Bitte um Anmeldung bis zum 5. Mai unter info@cdu-fraktion-leipzig.de oder (0341) 1232120.
„Die CDU steht insgesamt für eine starke und durchsetzungsstarke Polizei. Der Rechtsstaat muss sich gegen Kriminalität durchsetzen können und alle staatlichen Institutionen haben entschlossen, gegen jede Form von Gewalt vorzugehen. Denn Gewalt ist in einem Rechtsstaat niemals gerechtfertigt, weder gegen Gegenstände noch gegen Menschen. Insofern sollte OBM Jung den Schriftzug ‚No Cops, No Nazis – Antifa Area‘ auf dem Streetball-Platz in Connewitz schleunigst entfernen lassen. Solch ein Schandfleck darf nicht geduldet werden“, so Clemen weiter.
Oder ist doch der Leipziger Ordnungsdienst schuld?
Aber dann gibt es noch die andere Seite der Leipziger CDU, die selbst so ein Thema nutzt, um den SPD-Oberbürgermeister irgendwie ans Schlafittchen zu kriegen. Ist er nicht irgendwie auch für Ordnung zuständig?
Aus Sicht der CDU irgendwie schon: Ordnungsamt und Stadtordnungsdienst müssten uneingeschränkt ihre Aufgaben unter anderem bei der Bekämpfung von Lärmbelästigung und Hausbesetzung wahrnehmen, um die Polizei so zu entlasten. Hierzu brauche es aber auch den Willen des Oberbürgermeisters und von Ordnungsbürgermeister Rosenthal, versucht Clemen die Sache auch noch irgendwie gegen Jung zuzuspitzen: „Der Oberbürgermeister ist Leiter der Ortspolizeibehörde. Aus dieser Verantwortung kann er sich nicht herausstehlen. Er muss gemeinsam mit seiner Verwaltung gegen jede kriminelle Subkultur in unserer Stadt vorgehen. Denn neben Einbrüchen und Diebstählen haben auch politische Gewalttaten zugenommen. Dass Autos angezündet werden, um gegen vermeintliche Gentrifizierung zu demonstrieren ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein Verbrechen. Dafür gibt es keine Entschuldigung!“
SPD: Gegen Drogenkriminalität braucht man Polizisten
Worauf nun Hassan Soilihi Mzé, Vorsitzender der SPD Leipzig, reagiert.
„Die Forderung der Leipziger CDU, der Oberbürgermeister solle über den Stadtordnungsdienst stärker Kriminalitätsursachen entgegenwirken, geht am Ziel vorbei. Richtig ist, dass politisch motivierte Gewalt in Leipzig einen Anstieg verzeichnet. Die Ursachen dafür allein auf Hausbesetzungen, Lärmbelästigung oder Schmierereien zu kaprizieren, ist gewagt“, sagt er. „Niemand, der bei Verstand ist, leugnet, dass wir in Leipzig ein Problem mit politisch motivierter Gewalt haben. Der alltägliche Frieden in unserer Stadt leidet aber weit mehr unter der steigenden Zahl von Einbrüchen und Überfällen. Drogen- und Beschaffungskriminalität gefährdet auf Dauer das Sicherheitsgefühl in unserer Stadt und entzieht dem friedlichen Zusammenleben die Grundlage. Drogenkriminalität kann ich nicht mit dem Stadtordnungsdienst entgegenwirken. Hier brauchen wir klare Polizeipräsenz sowie sozial- und gesundheitspolitische Ideen – und als Stadt auch den Willen und die Unterstützung des Freistaats.“
Nur beides zusammen geht. Da hilft dass fleißigste Ordnungsamt nicht, wenn in Leipzig nun einmal mindestens 200 Polizisten fehlen.
Und dass die Polizei derart unterbesetzt ist – und zwar vor allem im kriminalpolizeilichen Bereich – das liegt einzig und allein im Verantwortungsbereich von Innenminister Markus Ulbig.
Soilihi Mzé: „Leipzig bleibt Kriminalitätsschwerpunkt. Deshalb ist unstreitig: Wir brauchen mehr Polizei – und Innenminister Ulbig sollte auch nicht weiter zaudern, sondern Polizeipräsident Merbitz’ Forderung nach einer deutlichen Personalaufstockung für den Bereich des Präsidiums Leipzig folgen. Das wäre richtig und geboten.“
Rang 2 oder Rang 3?
Und warum spricht die Leipziger CDU von der „zweitunsichersten Stadt“, obwohl Leipzig erst auf Rang 3 kommt?
Sie hat die Statistik gelesen, in der auch die „ausländerrechtlichen Verstöße“ stehen. Die eigentlich keine Straftaten sind, sondern einzig und allein Verstöße gegen die bürokratischen Bestimmungen des Ausländerrechts. Wer dann auch noch einen Blick auf die Deutschlandkarte wirft, der sieht, dass es vor allem die ärmeren Bundesländer im Westen und Osten der Republik sind, die unter hohen Fallzahlen leiden, ein deutliches Indiz dafür, dass hohe Zahlen an Einbrüchen und Diebstählen etwas mit der Armutssituation in diesen Ländern zu tun haben.
Ist nur die Frage. Wer fühlt sich eigentlich für diese manifeste Armut verantwortlich? Und wo bleiben die wirklich ehrlichen Lösungskonzepte?
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Man bräuchte vor allem erstmal das Wissen, was denn so eine Polizeistatistik zählt und welche Dynamiken dahinterstecken. Gut erläutert das Bundesrichter Fischer
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-05/polizei-kriminalstatistik-aufklaerungsquote-aussagekraft/komplettansicht