Schon mehrmals hat die CDU-Fraktion im Stadtrat ihre Besorgnis kundgetan, dass für viele der jetzt anstehenden Aufgaben schlicht die städtischen Grundstücke fehlen. Das war bei Kitas so, bei Schulen ist es so. Nun kommt das nächste Thema auf den Tisch: Wo ist denn überhaupt noch Platz für sozialen Wohnungsbau? Kreative Flächenbeschaffung ist angesagt.
Und so beantragt die CDU-Fraktion: „Die Stadtverwaltung wird beauftragt, für innovative Konzepte kostengünstigen Wohnungsbaus Flächen zu aktivieren durch:
– planerische Verfügbarmachung von Flächen
– bevorzugten Verkauf von kommunalen Flächen im Wege der Konzeptvergabe.“
Das Problem dahinter ist offenkundig: Ein Teil der Leipziger profitiert zwar kräftig vom wirtschaftlichen Aufschwung. Aber eine ganze Bevölkerungsgruppe steckt in niedrigen Einkommen fest. Und es sieht nicht so aus, als ob sie da in irgendeiner Weise demnächst herauskommt.
Die CDU-Fraktion dazu: „Gemäß aktuellem Wohnungsmarktbarometer weisen die Haushalte mit geringem Einkommen und – bezogen auf die Haushaltstypen – alleinstehende Rentner und andere Einpersonenhaushalte die höchste Mietbelastung auf. Bis zu 48 % beträgt der Anteil der Gesamtmietbelastung am Nettoeinkommen. Nicht nur SGB-II-Bezieher, sondern auch die zahlreichen sog. Schwellenhaushalte sind auf preiswerten Wohnraum auch in Zukunft angewiesen. Besonders mit Blick auf die Schwellenhaushalte, die auf keine Form der Förderung hoffen dürfen, bedarf es kreativer Formen kostengünstigen Wohnungsbaus. Doch die Grundstückspreisentwicklung und die Entwicklung der Baunebenkosten (KG 100 und 700) sorgen dafür, dass diese Bemühungen konterkariert werden.“
Und so bedürfe es einer Minimierung der Kosten des Bauens, die durch die Stadt beeinflussbar sind. „Das heißt, es muss das Bauen in den Lagen ermöglicht werden, die gegenwärtig nicht am Markt sind, weil sie planerisch noch nicht verfügbar sind oder weil die Fläche durch die Stadt noch nicht vermarktet wurde.“
Und damit kommt die Fraktion zu dem, was sie unter „planerisches Verfügbarmachen“ versteht:
„Das kann die Bereitschaft sein, kreativer mit §34 BauGB umzugehen. Das kann ein schlankes B-Plan-Verfahren sein. Das kann aber auch die FNP-Änderung sein, um geeignete Grundstücke bebaubar zu machen. Die Verwaltung soll auf diesem Wege ausdrücklich in die Pflicht genommen werden, Ermessensspielräume ausschöpfen und alle Wege des Planungsrechtes zu nutzen. Dies gilt für alle geeigneten Grundstücke. Nicht nur kommunale, sondern auch genossenschaftliche und private Grundstücke sind entsprechend planerisch fit zu machen, soweit sie der Verwaltung zur Entscheidung vorgelegt werden und den Kriterien unter 2. weitgehend entsprechen. Da für jedes Grundstück ein anderer planerischer Ansatz relevant sein kann, wurde die offene Formulierung im Beschlusspunkt gewählt.“
Der Denkansatz dahinter: Wenn man auf preiswertem Bauland baut, das sich nicht gerade in zentralen Lagen befindet, kann man preiswerter bauen.
Andererseits soll auch nach Ansicht der CDU nicht weiter Sozialwohnraum entstehen, wo sich heute schon soziale Problemlagen ballen.
„Die sozialen Problemlagen sind bekanntlich örtlich sehr unterschiedlich verteilt. Der aussagekräftigste Indikator ist der Anteil von SGB-II-Empfängern an der Wohnbevölkerung“, heißt es in der Begründung. „Dieser reicht von unter 5 % in Ortsteilen wie Zentrum-Nordwest und Seehausen bis über 30 % in Neustadt-Neuschönefeld, Volkmarsdorf und Grünau-Mitte. Sozialer Wohnungsbau in letztgenannten Ortsteilen ist daher kontraproduktiv für das Ziel einer sozialen Durchmischung und würde zu einer weiteren örtlichen Konzentration von Problemlagen führen. Bei Anwendung der 25 %-Kennziffer kann in 85 % aller Leipziger Ortsteile sozialer Wohnungsbau im Sinne dieses Antrags stattfinden.“
Also sozialer Wohnungsbau eher im Waldstraßenviertel (Zentrum Nordwest) oder in Seehausen?
Das wird wohl nicht so einfach.
Andererseits soll „die Größe der Wohnbaufläche nicht das Quartier dominieren“ und „die Erreichbarkeit mit ÖPNV gegeben“ sein. Das lässt auch die von der CDU-Fraktion genannten 85 Prozent des Stadtgebietes schrumpfen. Und zwar vor allem in den Außengebieten der Stadt, wo der ÖPNV heute schon so ausgedünnt ist, dass die dortigen Bewohner wieder aufs Auto umsteigen. Andererseits sind gerade die „wertvollen“ innerstädtischen Quartiere schon dicht bebaut und kaum noch freie Flächen verfügbar – schon gar nicht zu niedrigen Preisen.
Das größte Potenzial liegt wahrscheinlich in der Umnutzung bisheriger Gewerbe- und Mischflächen im Stadtgebiet.
„Ausdrückliches Ziel des Antrages ist es, alle Wohnungsbaupartner an der Bewältigung der Herausforderung einer wachsenden Stadt, hier an der Bereitstellung von bezahlbarem Wohnungsraum in möglichst allen Stadtteilen, zu beteiligen“, betont die CDU-Fraktion. „Dazu sind die Potenziale aller Wohnungsmarktakteure nutzbringend für die Leipziger Bevölkerung einzusetzen, deren Know-how und deren Grundstücke. Die Stadt und die Verwaltung allein wird diese Herausforderung nicht stemmen können.“
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