Da weiß wohl die rechte Hand nicht, was die linke tut. Und tatsächlich bestätigt die Linksfraktion im Leipziger Stadtrat mit einer kleinen Anfrage genau das, was die Grünen mit ihrem Vorstoß zur Wiederherstellung einer eigenen Leipziger Sparkasse angemahnt haben. Noch bevor Margitta Hollick sich am 30. März vehement gegen den Grünen-Antrag aussprach, hat die Linksfaktion mal ein bisschen naiv gefragt.
Die ganze Thematik der Sparkassen hängt direkt mit den von der Kreis- und Stadtsparkasse Leipzig verkündeten Änderungen im Filialnetz zusammen, das vielfach auf Kritik stößt.
Margitta Hollick, Stadträtin der Linken und eine von zwei StadrätInnen im Verwaltungsrat der Sparkasse, hatte am Donnerstag, 30. März, vollmundig die Politik der Sparkassen-Geschäftsführung vertreten: „Die Sparkasse muss auch auf das veränderte Nutzerverhalten der Kunden reagieren. Es gehen immer weniger Menschen in die Filialen, um Geld abzuheben oder Überweisungen zu tätigen, weil vieles durch das Online-Banking oder SB-Terminals ersetzt worden ist. Im Zuge des Erhalts der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens kommt dann auch ein öffentlich-rechtliches Unternehmen leider nicht umhin, Änderungen im Standortangebot vorzunehmen. Wer jetzt glaubt, solche Entwicklungen ließen sich verhindern, wenn es in Leipzig eine reine Stadtsparkasse gäbe, der sitzt einem Trugbild auf. Auch eine Stadtsparkasse muss wirtschaftlich arbeiten und eine geschrumpfte Sparkasse wäre zudem weniger leistungsfähig, was sich noch deutlicher auf das Filialnetz auswirken dürfte.“
Lauter Behauptungen, bei denen man Fragen bekommt: Wäre eine eigenständige Leipziger Sparkasse eine „geschrumpfte Sparkasse“? Wer setzt solche Argumente in die Welt? Und wie wirtschaftlich oder unwirtschaftlich ist das Filialnetz, wenn ausgerechnet Filialen reduziert werden sollen, in denen schon jetzt Schlangen vor den Kundenschaltern stehen? Beispielsweise die in der Karl-Liebknecht-Straße/Ecke Hohe Straße?
Der Druck der Finanzhäuser, die Kunden dazu zu bringen, nur noch Automaten zu benutzen oder gleich alles übers Online-Banking abzuwickeln, ist seit Jahren groß. Aber ist dadurch der Bedarf wirklich gesunken an persönlicher Beratung? Und zwar so sehr, dass nach Information der Sparkasse Leipzig vom 30. Januar nicht nur sechs Geschäftsstellen in Leipzig, davon zwei in Grünau, geschlossen werden, sondern auch der Abbau von insgesamt 215 Arbeitsplätzen (davon 95 in der Privatkundenbetreuung) bis Ende 2018 geplant ist?
Wer kontrolliert das? Und ist die Arbeit dieser Mitarbeiter wirklich „eingespart“ worden? Oder wird hier einfach der Service ausgedünnt, um weiter Gewinne zu erwirtschaften?
Und da ist man mittendrin in der Kritik der Grünen, die die zwei Mitglieder im Verwaltungsrat der Sparkasse als Kontrollinstanz für den Leipziger Stadtrat für völlig unzureichend halten. Sie gestanden gerade Margitta Hollick zu, dass sie wohl auch dort als kämpferische Person in Erscheinung treten würde, wie man die linke Stadträtin aus dem Stadtrat kennt. Aber genau das scheint nicht zu passieren. Das Statement von Christian Schulze (SPD) und Margitta Hollick (Linke), die vom Stadtrat in den Verwaltungsrat der Sparkasse entsandt wurden, dazu noch Uwe Rothkegel (CDU), der als Stellvertreter fungiert, vom 30. März klang nicht wirklich wie eine eigenständige Positionierung der drei Stadträte, die eigentlich die Entscheidungen der Sparkassen-Geschäftsführung kritisch und eigenständig begleiten sollen.
Und augenscheinlich haben sie nichts von dem, was dieses Gremium entschieden hat, in ihre Fraktionen kommuniziert, schon gar nicht in die ganze Ratsversammlung.
Das Ergebnis: Mindestens 67 gewählte Stadträtinnen und Stadträte erfahren nichts, aber auch gar nichts über das, was in der Leipziger Sparkasse entschieden wird, nicht über die Hintergründe und die Entscheidungsmotive der Geschäftsführung und der Verwaltungsratsspitze.
Und genau das bestätigt die Anfrage, die die Linksfraktion am 29. März eingereicht hat und in der Ratsversammlung am 12. April beantwortet haben möchte. Denn augenscheinlich bezweifelt man dort stark, was Margitta Hollick so selbstgewiss in die Welt posaunt hat.
„Bei einem unstrittig zunehmend anderem Kundenverhalten hinsichtlich der Nutzung der Geschäftsstellen sowie der gegenwärtigen Niedrigzinsphase und dem damit folgenden erheblichen Kostendruck fragen wir auch im Hinblick eines prognostizierten Bevölkerungswachstums um 140.000 auf 720.000 Einwohnern bis 2030 und einer dabei jünger, aber auch älter werdenden Stadt“, stellt die Linksfraktion fest und möchte nun vom Vorsitzenden des Verwaltungsrates, der niemand anders ist als der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung, folgende Fragen beantwortet haben:
„Wie nahm und nimmt der Vorsitzende des Verwaltungsrates die Verantwortung des Mehrheitsgesellschafters Stadt Leipzig wahr, um Schließungen von Geschäftsstellen in der Stadt Leipzig zu vermeiden?
Welche Alternativen gibt es aus Sicht des Oberbürgermeisters zur Schließung der von der Sparkasse Leipzig beabsichtigen Geschäftsstellen, und wie wird künftig Einfluss auf das Kreditinstitut genommen, um das Filialnetz der Sparkasse nicht noch weiter auszudünnen sowie weitere Arbeitsplätze abzubauen?“
Beide Fragen zeigen im Grunde, dass augenscheinlich nicht mal im Verwaltungsrat diskutiert wird, warum welche Entscheidungen bei der Sparkasse Leipzig gefallen sind. Sie bestätigen die Vermutung der Grünen, dass es keine öffentliche Kontrolle über die Sparkasse der Leipziger gibt. Im Grunde zeigt sie das ganze Erschrecken der Drei, die in dieses Gremium vom Stadtrat entsandt wurden, wenn sie nun feststellen, dass sie eigentlich überhaupt nichts mitgekriegt haben und wahrscheinlich von der angekündigten Filialenschließung genauso überrascht waren wie die erst recht im Unklaren gelassene Verbandsversammlung.
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Wie war das gleich noch mal mit der Kontrolle der Landesbank und der Arbeit des dortigen Verwaltungsrates?