Manchmal braucht es jemanden, der den Stein einfach ins Rollen bringt. Das hat Ute Elisabeth Gabelmann getan, die für die Leipziger Piraten im Stadtrat sitzt und in der SPD-Fraktion für einigen Wirbel sorgt. Denn die Fraktion, in der sie Mitglied ist, hat als erste auf ihren Antrag zu mehr Transparenz im Stadtrat reagiert. Nun folgen die Grünen, die den Druck zur Transparenz noch erhöhen.

Die neuesten Ankündigungen von Oberbürgermeister Burkhard Jung für mehr und bessere Bürgerbeteiligung und zu mehr Transparenz genügen aus Sicht der Grünen nicht. Es bleibe das grundlegende Problem durch den OBM unbearbeitet: eine absolute Offenlegung seines Verwaltungshandelns.

Daher habe die Fraktion am Freitag, 10. März, einen neuen Antrag an den Stadtrat gerichtet, um zum Einen die Abwägung der Verwaltung zu Vorschlägen, die dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorgelegt werden, nachvollziehbar zugänglich zu machen und zum anderen sämtliche bisher meist geheim gehaltene Informations- und Beschlussvorlagen, mit denen sich der Stadtrat intern in seinen Gremien beschäftigt, uneingeschränkt der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Denn nicht alles, was unter Verschluss bleibt, ist tatsächlich geheim. Die Leipziger bekommen es trotzdem nicht zu sehen.

„Der Oberbürgermeister hat in seinem Arbeitsprogramm, das für große Aufmerksamkeit sorgte, zahlreiche Absichtserklärungen abgegeben. Wir wollen ihn an diese erinnern“, erklärt zu diesem Vorstoß die Fraktionsvorsitzende Katharina Krefft. „Eines dieser Versprechen war eine transparente Zusammenarbeit mit dem Stadtrat: frühzeitige und offene Information, Erläuterung von Chancen und Risiken, Aufzeigen von Alternativen. Doch in der alltäglichen kommunalpolitischen Praxis findet sich davon nichts wirklich Substanzielles. Zahlreiche Diskussionen und Abwägungen bleiben im sogenannten ‚verwaltungsinternen Mitzeichnungsverfahren‘ oder in der Dienstberatung des OBM hängen und erreichen die Öffentlichkeit irgendwann als durch die Vorgabe des Oberbürgermeisters geprägte Verwaltungsmeinung.“

Was da fehlt, beschreibt ihr Gegenüber in der Fraktionsspitze, Norman Volger: „Die zuvor erfolgten Abwägungen, die intern diskutierten unterschiedlichen Sichtweisen der beteiligten Dezernate – nichts davon erreicht uns für eine nachvollziehbare Diskussion im Stadtrat. Es ist meist nicht nachlesbar, unter welchen Abwägungen die Verwaltung letztlich zu dem Vorschlag gelangt ist, den der Stadtrat beschließen soll.“

Er fordert: „Hier gibt es dringenden Handlungsbedarf, um Stadtratsentscheidungen nachvollziehbar herbeizuführen. Hier nehmen wir den Oberbürgermeister gerade in Zeiten der gesellschaftlichen Abkehr von demokratischen Spielregeln und der Demokratie als Ganzes beim Wort und erinnern ihn an seine selbst proklamierten Grundsätze!“

Denn wer den Populisten und Fake-News-Produzenten den Wind aus den Segeln nehmen möchte, der macht politische Entscheidungen nicht zur Verschlusssache, sondern macht alle Entscheidungen so weit es geht öffentlich nachvollziehbar und – kontrollierbar.

Genau letzteres aber ist der Grund dafür, warum nach wie vor Regierungen und Verwaltungen versuchen, viele Entscheidungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu treffen. Man will nicht wirklich, dass der wählende Souverän auch kontrolliert, was in seinem Namen entschieden wird. Das ist altes, hoheitliches Denken.

„Politik muss transparent und nachvollziehbar sein. Die Bürgerinnen und Bürger müssen wissen, welche Entscheidungen die einzelnen Stadtgremien herbeiführen und auf welcher Grundlage dies geschieht“, kommentiert das Tim Elschner, der Sprecher der Grünen-Fraktion für Bürgerbeteiligung und Transparenz.

Nach wie vor finden die Bürger aber nicht alle Informations- und Beschlussvorlagen öffentlich im dafür vorgesehenen Ratsinformationssystem.

„Wir kritisieren besonders auch, dass generell auf eine Veröffentlichung seitens der Stadtspitze verzichtet wird, wenn die Vorlagen nicht für die öffentliche Sitzung des Stadtrates oder eines öffentlich tagenden Gremiums bestimmt sind. Dies sind zum Beispiel kleinere Sanierungs- oder Bauvorhaben oder Informationen zu Prozessen oder Vorgängen innerhalb der Verwaltung“, erklärt Elschner. „Auch wenn sie unterhalb der Entscheidungsgrenze des Stadtrates sind, heißt das nicht, dass die Informationen nicht trotzdem von großem öffentlichen Interesse sind. Und genau deshalb sehen wir die Stadt in der Bringepflicht, all diese Informationen der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, sofern keine personengebundenen Daten oder der Datenschutz zu einer Geheimhaltung verpflichtet. Dieses Selbstverständnis, Transparenz als Chance zu begreifen und offensiv durch Informationsfreiheit und Beteiligung um das Vertrauen und die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger zu werben, wird leider immer noch nicht ernsthaft in der Stadtspitze verfolgt.“

Der Grünen-Antrag zur Transparenzoffensive.

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