Was nicht sein kann, das darf auch nicht sein. Denn wenn in der Branche das Vorurteil herumgeistert, dass die Immobilienpreise und Mieten fallen, wenn Linksautonome um die Ecke wohnen, dann muss sich das doch bestätigen lassen. Kann ja sein, dass sich der sächsische Innenminister bei der ersten Anfrage von Uwe Wurlitzer (AfD) geirrt hat. Fragt man also noch einmal.
Im Herbst war die Frage in einem ganzen Paket mit lauter Fragen zu den Linken in Dresden und Leipzig versteckt, denen man irgendwie das miese Image der von ihnen bewohnten Ortsteile anlasten möchte. Das nur in einigen Zeitungen mies ist. Aber mehr als diese liest man ja in AfD-Kreisen nicht. Amtliche Statistiken auch nicht, denn da müsste man ja Zahlen akzeptieren, die meist etwas ganz Anderes zeigen. Ein völlig anderes Bild.
Nicht nur als AfD-Landtagsabgeordneter ist Uwe Wurlitzer parteiisch. Er ist es auch von Beruf her als Immobilienmakler, Bauleiter und Versicherungsfachmann. Und so kam dann diese recht seltsame Frage heraus, die suggeriert, dass es in linken Szenevierteln nicht mit rechten Dingen zugehen könnte: „Wie haben sich die Mietpreise in Dresden-Neustadt, Leipzig-Connewitz sowie Leipzig Neustadt-Neuschönefeld seit dem Jahr 1990 entwickelt?“ Aus Wurlitzers Sicht alles „,linksalternative‘ Szeneviertel“. Schon im Oktober konnte ihm der Innenminister dazu keine Auskunft geben. Die Daten werden vom Land schlicht nicht erfasst.
Von den Städten – mit großer Vorsicht – schon eher. Und von einigen engagierten Privaten. Wie dem in Leipzig heimischen PISA Immobilienmanagement. Da hätte sich Wurlitzer einfach den 2016 veröffentlichten Marktbericht bestellen können.
Wo man zum Beispiel für Connewitz liest, dass die Bestandsmieten hier mittlerweile bei 6,18 Euro je Quadratmeter kalt liegen. Das sind rund 80 Cent mehr als im städtischen Durchschnitt. Es gibt zwar einige Konflikte in Connewitz, aber das tut dem Ortsteil als begehrter Wohnort im Leipziger Süden keinen Abbruch. Im Gegenteil: tausende Leipziger fühlen sich hier wohl. 18.869, um genau zu sein. Und die Mieten steigen weiter. Im Erstbezug (es wird ja auch noch fleißig gebaut) werden durchschnittlich 7,65 Euro verlangt, im Schnitt also 1,10 Euro mehr als im Stadtdurchschnitt.
Nach einem Preisverfall aufgrund linker Störgeräusche sieht das nicht aus.
Neustadt-Neuschönefeld ist eigentlich eher nicht als linker Szenekiez bekannt. Aber ebenso schlagzeilenträchtig, wenn man einige Medien so betrachtet, die über solche Ortsteile immer nur dann berichten, wenn es brennt und knallt.
Sorgt das dort wenigstens für fallende Mieten? Nicht die Bohne. Mit 4,97 Euro je Quadratmeter liegt der Ortsteil zwar um 40 Cent unterm Leipziger Durchschnitt. Schon seit Jahren. Aber die Reise bei Erstbezug geht dort mittlerweile auch auf 6,67 Euro. Wenn dort neu gebaut wird, dann vor allem hochpreisig – gerade rund um die (von der Stadt geschaffenen) Grüninseln wie dem Rabet.
Und konnte der Minister dem AfD-Abgeordneten im Herbst schon bestätigen, dass auch die Immobilienpreise in Connewitz anziehen, so kann er ihm das für Neustadt-Neuschönefeld nun auch zeigen. Die Kaufpreise für Eigentumswohnungen in Neustadt-Neuschönefeld ziehen seit 2013 kräftig an. Der Ortsteil, der lange als eher schlafendes Aschenbrödel betrachtet wurde, ist auf den Zug der Leipziger Immobiliennachfrage aufgesprungen. Die Stadt füllt sich und auch die Aschenputtelstadtteile werden bei besser Betuchten nachgefragt. Erst recht, wenn sie nicht völlig öde, dröge und langweilig sind.
Also weder Linksautonome noch die in Neustadt-Neuschönefeld so präsenten Leipziger mit buntem Migrationshintergrund sorgen dafür, dass die Mietpreise abstürzen oder Immobilien unvermarktbar werden.
Im Gegenteil, muss man eigentlich sagen: Städte wie Leipzig sind auch deshalb attraktiv, weil sie auch so einer bunten Klientel ein Plätzchen bieten, an dem sie leben, arbeiten und Familien gründen können. Kameraüberwacht, wie man weiß. Denn man weiß ja nie. Sind ja irgendwie ganz schräge Vögel. Zumindest aus Sicht der AfD betrachtet.
Aber irgendwie scheint Uwe Wurlitzer diese Frage nun alle drei Monate stellen zu wollen, vielleicht hoffend, dass die Preise doch irgendwann einmal einbrechen. Dann weiß man zumindest, wer schuld dran ist.
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