Das Jahr 2016 war auch das Jahr, in dem mehrere Ratsfraktionen darauf gedrängt haben, dass die Leipziger Verwaltung endlich ein geregeltes Verhältnis zu den Wagenplätzen einnimmt. Sogar die CDU-Fraktion drängte in einem Antrag darauf, dass die Stadt eine Regelung findet. Nun hat das Ordnungsdezernat dazu Stellung genommen. Tenor: Machen wir doch schon. Obwohl: Eigentlich doch nicht.
Denn gelten soll das, was die CDU-Fraktion beantragte, ja nur für „diejenigen Wagenplätze auf städtischen Grundstücken, die noch nicht über Mietverträge verfügen, deren Fläche nicht zur Erfüllung städtischer Aufgaben benötigt wird und auf denen diese Nutzungsform städtebaulich vertretbar ist“. Für diese Liegenschaften sollen Verträge nach dem Muster des Vertrags mit Wildwuchs e.V. (Vorlage VI-DS-02399) abgeschlossen werden.
Was natürlich, wenn man alle diese Einschränkungen ernst nimmt, bedeutet, dass es für keinen einzigen Wagenplatz auf einem städtischen Grundstück einen Mietvertrag geben dürfte.
Das Ordnungsdezernat betont zwar: „Dies setzt die Verwaltung bereits um.“
Aber eigentlich erklärt es, dass es keine einheitliche Regelung geben kann. Jedenfalls nicht nach gegenwärtigem Rechtsverständnis und bei all den aufgetürmten Unsicherheiten in der Leipziger Liegenschaftspolitik.
Exemplarisch steht dafür die Fockestraße 80 („Focke 80“). Dort besteht „kein schriftlicher Vertrag im Sinne dieses Antrags. Eine entsprechende Vereinbarung zur Grundstücksnutzung liegt vor. Dazu wird auch auf den Ratsbeschluss Nr. VI-A-01595 verwiesen. Das Liegenschaftsamt verhandelt derzeit über einen Vertragsabschluss im o. g. Sinne mit der Anwältin der Nutzerschaft. Der Entwurf sieht insbesondere privatrechtliche Vereinbarungen zur Ver- und Entsorgung von und mit Energie, Wasser und Abwasser sowie zum Heizen und zur Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften vor.“
Aber dann erklärt das Dezernat, warum es auch nach Jahren des Hickhacks noch immer keine einheitliche Regelung gibt – und wohl auch nicht geben wird.
Denn: „Für die Nutzungsform ‚Wagenplatz‘ im Sinne einer alternativen Wohnform wird es auch zukünftig stets nur eine einzelfallbezogene Lösung in enger Abstimmung mit der Ratsversammlung geben. Grundsätzlich ist in Folge des Wachstums unserer Stadt und der bestehenden Flächenkonkurrenzen insbesondere für soziale und Freirauminfrastruktur eine vorausschauende Flächenausweisung nicht möglich. Die Stadtverwaltung nutzt dazu auch die Möglichkeiten der Flächennutzungsplanung.“
Kein Platz also für sichere Wagenplätze?
„Für die Lebensform der WagenplatzbewohnerInnen müsste der Flächennutzungsplan ein Sondergebiet vorsehen, in dem festgeschrieben wird, dass die beabsichtigte Nutzungsart als Wagenplatz zulässig ist. Nach §1 Abs.1 Nr.4 BauNVO muss zumindest die allgemeine Zweckbestimmung angegeben werden. Beim Zweck wäre zu berücksichtigen, dass es sich bei einem Wagenplatz im baurechtlichen Sinne um eine Gesamtanlage handelt. Die Genehmigung einzelner Wägen wäre nicht zielführend, weil der Wagenplatz an sich im Mittelpunkt der Wohnform steht, und nicht die einzelnen Wägen. Zu orientieren wäre sich bei dem Sondergebiet an §11 der BauNVO, da es sich um ein sonstiges Sondergebiet handelt, welches zwar Ähnlichkeiten zum Sondergebiet nach § 10 BauNVO hat, aber abweichend hierzu nicht die Erholung, sondern das Wohnen im Vordergrund steht.“
Dazu hat sich aber Leipzig bislang nicht durchgerungen. Auch weil die Stadt kaum noch eigene Flächen hat, um überhaupt noch die Investitionsaufgaben der nächsten Jahre absichern zu können.
Auch die Linksfraktion hatte schon einen besonderen Ansprechpartner für die Wagenplatz-Thematik gefordert. Die CDU-Fraktion hat das so übernommen.
Da kommt nun das große Staunen aus dem Ordnungsdezernat: Aber den gibt es doch!
Im Wortlaut: „Zentraler Ansprechpartner der Stadtverwaltung für die Thematik ‚Wagenplätze‘ ist der Bürgermeister und Beigeordnete für Umwelt, Ordnung, Sport. Verantwortlich für die Vertragsausgestaltung und deren Kontrolle sind die jeweiligen Fachämter bzw. liegenschaftsverwaltenden Organisationseinheiten. Bei Nichteinhaltung der Vertragsinhalte werden in Abstimmung der liegenschaftsverwaltenden Organisationseinheiten mit dem Rechtsamt und dem Ordnungsamt geeignete Maßnahmen eingeleitet.“
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