Die Leipziger Linksfraktion hatte es ganz eilig. Schon in der Novembersitzung des Stadtrats wollte sie wissen, ob Leipzig vielleicht profitiert von den im Oktober neu verhandelten Regelungen zum Länderfinanzausgleich ab 2020. Aber so richtig viel Hoffnung macht Finanzbürgermeister Torsten Bonew nicht.

„Welche Auswirkungen hat nach dem Stand vom 14.10.2016 die Grundsatzeinigung als Nachfolge des Solidarpaktes II und den Regelungen des Länderfinanzausgleiches ab 2020 auf den Haushalt der Stadt Leipzig?“, hatte die Linksfraktion gefragt.

Eigentlich mit einigem Grund, denn auf Bundesebene hat man sehr wohl begriffen, dass es ein paar reiche Städte im Süden der Republik gibt, die aufgrund der Tatsache, dass sie Sitz großer Unternehmen sind, auch über enorme Gewerbesteuereinnahmen verfügen. Doch viele Städte im Norden und Osten können mit Gewerbesteuern nicht wuchern und sind dringend darauf angewiesen, dass Bund und Länder ihre Finanzschwäche durch entsprechende Zuweisungen ausgleichen. Das passierte bisher eher knapp auf Kante, eigentlich sogar deutlich unter Bedarf. Denn in der Regel haben diese Städte nicht nur einen enormen Investitionsbedarf, sondern auch deutlich steigende Sozialausgaben.

Leipzig ist dafür ein typisches Beispiel, unterscheidet sich dabei aber nicht wesentlich von allen anderen Großstädten im Osten.

Dass sich das Problem verfestigt hat, hat auch der Bund akzeptiert. Deswegen wird, so betont es auch das Finanzdezernat in der Antwort auf die Linke-Anfrage, die Finanzschwäche ab 2020 etwas stärker berücksichtigt: „Die kommunale Finanzkraft als Parameter zur Ermittlung der Finanzkraft der Bundesländer wird zukünftig stärker als bisher gewichtet (75 % statt 64 %).“

Was bedeutet: Bei den Geldern, die der Bund ab 2020 als Ausgleich an die finanzschwächeren Länder zur Verfügung stellt, wird nicht nur die Finanzkraft des Landes berücksichtigt, sondern auch die Not der Kommunen im Land. Denn wenn nur das Land ausfinanziert ist, fließt ja trotzdem nicht genug Geld an die Kommunen.

In Sachsen regelt das das Finanzausgleichsgesetz (FAG). Mehr schlecht als recht, wie wir inzwischen wissen. Die Finanzmasse, die das Land an seine Kommunen weiterreicht, deckt nicht mal den aktuellen Bedarf. Und dass Leipzigs Finanzbürgermeister mit der aktuellen Form des Finanzausgleichs höchst unzufrieden ist, macht er sehr deutlich. Der Finanzausgleich ist ziemlich starr geregelt. „Die Beteiligung der Kommunen an diesen Einnahmen wird durch eine aus dem vertikalen Gleichmäßigkeitsgrundsatz abgeleitete Verbundquote bestimmt (2015: 21,618 %)“, heißt es dazu auf der Website des Finanzministeriums.

2016 sind das rund 2,9 Milliarden Euro, die weiterverteilt werden. Das ist nicht viel Geld. Knapp 400 Millionen Euro davon kommen in Leipzig an, aufgesplittet (wie in der verlinkten Grafik schön zu sehen) in unterschiedliche Zuweisungsposten. Das ist eine Summe, die im 1,5-Milliarden-Etat der Stadt fast untergeht. Wenn die um ein paar Millionen steigt, kann man zwar wieder ein kleines Loch stopfen, aber keine großen Sprünge machen.

Und dass Leipzig am Finanzausgleich nicht viel ändern kann, klingt in der Antwort deutlich an: „Und wie bisher bleibt der kommunale Finanzausgleich, der in Sachsen mit dem FAG (Finanzausgleichsgesetz, d. Red.) geregelt ist, entscheidender Kanal für die Teilhabe der Kommunen an der Finanzausstattung des Freistaats. Die sächsische Staatsregierung selbst hat sich bisher nur sehr allgemein zu dem Verhandlungsergebnis geäußert und ist auf die Beteiligung der sächsischen Kommunen bislang noch gar nicht eingegangen.“

Und wie man die sächsische Regierung kennt, wird sie sich schwertun, den kommunalen Anteil deutlich zu erhöhen.

„Grundsätzlich darf die Stadt Leipzig davon ausgehen, dass das FAG in seiner elementaren Systematik davon unberührt bleibt. Mit Blick auf den Gleichmäßigkeitsgrundsatz I heißt dies, dass sich Einnahmezuwächse des Freistaates in Relation auch in der Finanzausgleichsmasse abbilden müssen und somit den Kommunen als zusätzliche Einnahmen zur Verfügung stehen werden“, so das Finanzdezernat.

Und was heißt das, wenn der Freistaat ab 2020 jährlich mit 700 Millionen Euro mehr rechnen kann vom Bund?

„Vor diesem Hintergrund hat die Verwaltung mit den verwaltungsinternen Veränderungen zum Haushaltsplanentwurf 2017/2018 in der mittelfristigen Finanzplanung 20 Mio. EUR zusätzlich für die Jahre ab 2020 veranschlagt.“

Das wird allein schon vom wachsenden Sozialetat aufgefressen. Es ist nicht mal Geld, das man für die steigenden Investitionssummen der wachsenden Stadt Leipzig zur Verfügung hat. Ein Thema, das dem Finanzbürgermeister so langsam auf den Nägeln brennt. Denn finanziell gerüstet für ein Wachstum auf 700.000 Einwohner ist Leipzig nicht. Und richtige Schützenhilfe bekommen Dresden und Leipzig für ihr Wachstumsprogramm vom Freistaat auch nicht.

Man sieht es an den Kleckerbeträgen für die Schulbauförderung, beim kärglichen Programm für den Sozialen Wohnungsbau, selbst bei der Zurückhaltung in der ÖPNV-Finanzierung oder bei der Kita-Pauschale. Die sächsische Regierung hat es noch lange nicht begriffen, was es eigentlich heißt, ein Land zukunftsfest zu machen. Sie setzt – ohne nachvollziehbaren Grund – auf gigantische Fonds, mit denen sie glaubt, die Zukunft finanziell absichern zu können, knausert aber bei den dringend anstehenden Investitionen der Gegenwart. Das kann nicht gutgehen.

Und: Es muss dringend nachverhandelt werden.

Was dann in der Antwort des Finanzdezernats so klingt: „Darüber hinaus muss es Ziel der Verhandlungen mit dem Freistaat über den kommunalen Finanzausgleich 2019/2020 sein, dass neue finanzielle Spielräume zumindest in Teilen dazu genutzt werden, insbesondere wachsende Zentren bei der Bewältigung der enormen Herausforderungen zur Gewährleistung bedarfsdeckender Infrastrukturen zu unterstützen.“

Obwohl 2020 schon ein bisschen spät ist.

Das Geld müsste jetzt vereinbart werden, damit ab 2020 gebaut werden kann.

Die komplette Antwort des Finanzdezernats.

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