Besonders die CDU-Fraktion wird sich über die Vorlage freuen, die der Finanzbürgermeister am Freitag, 30. September, mit dem Aufkleber „Eilbedürftig!“ ins Verfahren gegeben hat. Denn ihr Antrag, für das schwerfällige Leipziger Schulbauprogramm jetzt auch Private einzubeziehen, stieß bei Leipziger Bauträgern, Grundstücksbesitzern und Projektentwicklern auf erstaunliche Resonanz.
Und zwar in drei Handlungsfeldern: Einerseits meldeten sich Immobilienentwickler, die auch schon über die nötigen Grundstücke verfügen (möglicherweise auch ein paar bekannte Namen darunter, mit denen die Stadt einfach nicht weiterkommt in den Verhandlungen), anderseits boten Grundstücksbesitzer ihre Flächen an (auch wenn die eher selten da liegen, wo sie die Stadt braucht) und besonders freute sich Finanzbürgermeister Torsten Bonew über die Projektentwickler, die sich anboten, Schulen schlüsselfertig zu bauen – wenn die Stadt ihnen ein entsprechendes Grundstück zuweisen kann.
Sechs Schulprojekte könnten – wenn denn die Stadt in nächster Zeit auch Planungsrecht herstellen kann – schon demnächst in Angriff genommen werden.
„Am 03.06.2016 waren 21 Interessenbekundungen eingegangen, welche erwartungsgemäß sowohl in ihrer inhaltlichen Tiefe als auch ihrer Konkretisierung deutlich voneinander abwichen“, teilt das Finanzdezernat jetzt in seiner Vorlage zum Ergebnis des Interessenbekundungsverfahrens mit. Das war gestartet worden, nachdem der Stadtrat im Februar dem Antrag „Schulhausbau durch private Unternehmen“ zugestimmt hatte. Gleichzeitig war auch die stärkere Einbindung der stadteigenen LESG beschlossen worden, weil die Stadt selbst mit ihrem Planungsstab die vielen notwendigen Schulbauprojekte der nächsten Jahre nicht schnell genug auf die Reihe bekommt. Nach den Vorlagen des Sozialdezernats aus dem Frühjahr müssten mindestens 20 neue Schulen bis Ende des Jahrzehnts ans Netz gehen. Aufgrund der steigenden Kinderzahl wird man wohl sogar eher 25 neue (oder revitalisierte) Schulen brauchen.
Das Finanzdezernat zum Umfang der Interessenbekundungen: „Im Ergebnis der groben Sichtung der eingegangenen Interessenbekundungen war festzustellen, dass der private Markt großes Interesse an einem Engagement beim Schulhausbau signalisiert hat. Weiterhin war festzustellen, dass wegen der hohen Anzahl der Interessenbekundungen aber auch durch die inhaltliche Vielfältigkeit, in Bezug auf Realisierungsmodelle, die Durchführung des Markterkundungsverfahrens bereits zum damaligen Zeitpunkt als erfolgreich bezeichnet werden konnte.“
Aber auch andere Probleme der Stadt könnten neue Lösungsansätze finden, so das Finanzdezernat: „Vielmehr ist auch eine große Anzahl an Grundstücken für eine weiterführende Betrachtung geeignet. Auch nach Beendigung des Markterkundungsverfahrens war der Eingang weiterer Interessenbekundungen zu verzeichnen. Im Rahmen der quantitativen Auswertung konnten diese zunächst nicht mehr berücksichtigt werden, gleichwohl erfolgt generell auch weiterhin die verwaltungsübergreifende Prüfung dieser Standort- und Realisierungsvorschläge.“
Sechs Grundstücke eignen sich, so das Finanzdezernat, für die Deckung des schon lange definierten Bedarfes verschiedener Schulstandorte.
Dazu gehört eine neue Grundschule im Stadtbezirk Nordwest (die Stadt hatte sich schon extra das Vorkaufsrecht für ein Grundstück an der Max-Liebermann-Straße gesichert), eine neue Grundschule im Stadtbezirk Ost, ein Gymnasium im Planungsraum Nord, Nordwest, Nordost, Zentrum-Nord (bislang versuchte die Stadt ja auf dem Areal westlich des Hauptbahnhofs einen Schulstandort zu sichern), eine weiterführende Schule im Planungsraum Zentrum, Süd (wo schon seit Jahren Pläne für Schulneubau auf dem ehemaligen Gelände des Bayerischen Bahnhofs in der Luft schweben), eine weiterführende Schule im Planungsraum West, Südwest, Alt-West (wo die Pläne für den Schulstandort Jahrtausendfeld einfach nicht vorankommen) und eine weiterführende Schule im Planungsraum Nord, Nordwest, Nordost, Zentrum-Nord.
„Dabei handelt es sich jeweils um Interessenbekundungen von Investoren mit Grundstück“, betont das Finanzdezernat. Die Stadt müsste also nicht erst verzweifelt nach einem verfügbaren Grundstück suchen. „Wie weiter oben beschrieben, wurde den Teilnehmern der Markterkundung Vertraulichkeit zugesichert, so dass die konkreten Grundstücke nicht benannt werden können. Es wird vorgeschlagen mit den betreffenden Interessenten in Sondierungsgespräche zu gehen, um das für die Grundstücke und aus Sicht der Stadt Leipzig geeignete Verfahren zu ergründen.“
Und dazu kommen dann noch Interessenbekundungen, mit denen Leipzig auch Bau und Planung an einen Auftragnehmer abgeben könnte, auch wenn noch das nötige Grundstück fehlt: „Insgesamt 9 Interessenbekundungen stammen von Bauträgern/Generalunternehmern ohne eigenes Grundstück. Diesbezüglich werden mögliche weitere Beteiligungsmodelle (z.B. GU-Vergaben, Verwirklichung von Investorenmodellen auf vorhandenen Grundstücken) untersucht“, heißt es in der Vorlage. „Die Bewerber erhalten im Rahmen des Markterkundungsverfahrens eine Information, dass man ggf. wieder auf sie zukommen wird.“
Tatsächlich geht es jetzt erst an die Feinheiten. Denn dass viele Leipziger Schulbauprojekte so lange dauern, liegt ja auch am aufwendigen Antragsverfahren für Fördergelder und an deren knappen Verfügbarkeit. Ob auch Private dann mit Fördergeldern arbeiten können und ob es überhaupt genug aus den Förderprogrammen des Freistaats gibt, ist völlig offen. Die avisierten Fördergelder, mit denen die Stadt bislang planen kann, sind selbst für die städtischen Schulneubauten zu wenig, erklärte jüngst erst OBM Burkhard Jung. Die Staatsregierung unterschätzt den nötigen Schulbedarf in Leipzig deutlich. Dazu kommen Verzögerungen bei Antraggenehmigung und europaweiten Ausschreibungen.
Wie das alles in eine private Beauftragung hineinspielt, muss das Finanzdezernat jetzt klären.
Die Vorlage zu den Interessenbekundungen im privaten Schulbau.
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