Linke und Grüne haben da mal etwas vorbereitet. Und die CDU ist strikt dagegen – spricht angesichts des Vorschlages, ein Begleitgremium zur Kulturpolitik in Leipzig einzurichten, von Auslagerung von Kompetenzen. Und von Abhängigkeiten und Eigeninteressen solcher Beiräte, kämen sie schließlich aus kommunalen Kulturhäusern und Vereinen, die selbst vom Geld der Stadt abhängen. Linke und Grüne halten dem bereits in ihrem Antrag entgegen, dass auf Bundesebene mehr Bürgerbeteiligung bejaht würde und auch im Arbeitsprogramm 2020 des Leipziger OBM „die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in die städtischen Entscheidungen soll … weiter ausgebaut werden“, geschrieben steht. Und auch die Betroffenen debattieren bereits ebenso mit, wie die Stadtverwaltung selbst.

Die Debatte zum Nachhören

 

Denn wenige Tage vor der Beschlussfassung hatte sich die Initiative „Leipzig plus Kultur“ zu Wort gemeldet und Andrea Niermann (CDU) indirekt „top down“-Denken, also den Glauben vorgeworfen, kommunale Kulturpolitik könne am besten nur in Verwaltung und Stadtrat gemacht werden. In der Tat hatte Niermann vorab betont, dass strategische kulturpolitische Entscheidungsprozesse „originäre Entscheidungsfelder der Stadtratsfraktionen und der Kulturverwaltung“ sind. Dem stellte die Initiative um Falk Elstermann (naTo) den partizipativen Ansatz gegenüber, wonach eben die Mitsprache von Profis durchaus sinnvoll ist.

„Wer kann besser einschätzen, welche Maßnahmen zielführend sind und welche nicht, als die, die es betrifft? Dass es sinnvoll ist, wenn diese Fachleute politische Entscheidungsträger, die noch nie eine Oper, ein Konzerthaus, ein freies Kulturzentrum oder eine Theaterinitiative geleitet haben, in kulturellen Fragen beraten, liegt doch auf der Hand“, so die Initiative.

Mit einem eigenen Vorschlag stimmte im Vorfeld der Ratsversammlung die Stadtverwaltung dem Vorhaben zu. „Die Leitung und die Berufung der Mitglieder erfolgt durch die Beigeordnete für Kultur. Die Zusammensetzung und die Aufgaben des Gremiums werden im IV. Quartal 2016 in einer Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern des Stadtrates, der freien Kunst und Kultur, städtischer Kultureinrichtungen und von Kulturunternehmen unter Leitung der Beigeordneten für Kultur festgelegt. Dabei werden die Vorschläge in der Begründung des Antrags in die Beratung einbezogen.“

Andrea Niermann (CDU). Foto: Michael Freitag
Andrea Niermann (CDU). Foto: Michael Freitag

Nichtstädtische Mitglieder seien für ihre aufgewandte Zeit zu entschädigen, die Kosten würden durch das Kulturdezernat getragen.

Die Ausgangslage vor der Aussprache war demnach klar: Die Hauptkritik wird aus der CDU-Fraktion kommen, die anderen Fraktionen (bei einer schweigenden AfD) schienen sich im Vorfeld einig.

Mandy Gehrt (Die Linke) verwies in der Einbringung des Antrages der Linksfraktion auf die bislang bereits vorhandene Menge an verschiedenen Beiräten in Leipzig – von Migranten bis hin zu allen Bereichen des Lebens, nur eben im Bereich Kultur nicht. „Der Beirat kann zu einer höheren Akzeptanz von Entscheidungen im Kulturdezernat beitragen. Bereits heute wird bei Vergaben von Fördergeldern auf die Expertise von Experten zurückgegriffen“, so Gehrt.

Ihre Fraktion würde jedoch auf den eigenen Antrag verzichten, um sich dem Verwaltungsvorschlag anzuschließen, welcher zumindest den Kulturrat vorsah. „In der Hoffnung, dass daraus der Kulturbeirat entstehen wird, wie wir ihn sehen.“

Annette Körner (B90-Die-Grünen). Foto: Michael Freitag
Annette Körner (B90-Die-Grünen). Foto: Michael Freitag

Anette Körner (Die Grünen) sprach ihre Verwunderung darüber aus, dass es auf einmal beim Kulturrat um „Befangenheit“ ging, wo dies doch auf jeden Beirat zutreffen würde. Respekt zollte sie der freien Szene unter dem Dach der Initiative Leipzig plus Kultur, welche längst dazu übergangen sind, Spartensprecher zu wählen, um besser die eigenen Belange vertreten und sich auch intern verständigen zu können. Dies sei quasi schon der Vorläufer zu einer Art Kulturrat.

Wir haben zwar einen Mittelaufwuchs, werden aber dennoch nicht alles bezahlen können.

Andrea Niermann (CDU) vertrat im Rat nochmals ihren Standpunkt im Namen der eigenen Fraktion. Der Kulturrat, auch nach Vorschlag der Stadtverwaltung, sei überflüssig. „Der Kulturausschuss ist das gewählte, demokratische Gremium, in welchem beraten wird.“ Weiter fragte sie: „Die Akteure sollen über ihre Förderungen mitentscheiden können – ich frage sie, sieht so eine unabhängige Beratung aus?“

Katharina Schenk (SPD) trat für ihre Fraktion für die Einrichtung des Beirates ein. „In diesem soll man beraten“, verwies sie darauf, dass die Entscheidungen nach wie vor im Kulturausschuss und Stadtrat fallen würden. Auch die AfD sprach sich mit Jörg Kühne für die Einrichtung des Beirates aus, womit die CDU mit ihrer Meinung tatsächlich allein stand.

Weshalb nochmals Michael Weickert für die CDU ans Rednerpult trat. Er nannte das Einschwenken der Linksfraktion auf den Vorschlag der Stadt ein „Bubenstück“. „Da haben sie nun einen Antrag, der einen richtigen Kulturbeirat ermöglichen würde und wollen dem Vorschlag der Verwaltung zustimmen“, wies Weickert darauf hin, dass die Verwaltung aus seiner Sicht hier keinen Kompromiss vorgeschlagen habe.

Mandy Gehrt (Die Linke). Foto: Michael Freitag
Mandy Gehrt (Die Linke). Foto: Michael Freitag

Skadi Jennicke beendete als Kulturbürgermeisterin (fast) die Debatte mit einer Darlegung seitens der Stadtverwaltung. „Nirgendwo in der Begründung des Antrages findet sich, dass der Kulturrat über Fördergeldervergaben entscheiden wird.“ Beim neuen Rat ginge es darum, eine stärkere Beteiligung gerade der kleineren Akteure zu organisieren – die großen, städtischen Eigenbetriebe, welche auch am Rat teilnehmen sollen, seien bereits jetzt stark eingebunden – doch hier soll ein Gremium entstehen, wo sich alle treffen. „Was soll den schlechtes am Dialog sein, daran, dass sich Akteure und Verwaltung öfter über ihre Ziele verständigen?“, so die Kulturdezernentin.

Zur Nichterrichtung eines Beirates und stattdessen eines freieren Rates sagte Jennicke, es hätte im Vorfeld unter den Stadträten keine Mehrheit gegeben, da es bereits so viele Beiräte gebe – manche hätten wohl signalisiert, all die Termine nicht mehr zu schaffen.

Sven Morlok fragte, was der Rat dann sein solle, ein „Kaffeekränzchen von der Kulturdezernentin Gnaden?“. Er sah hier eher ein Pöstchenbeschaffungsprogramm und kündigte die Ablehnung der beiden FDP-Stadträte an. Was nochmals zur Einrede seitens Niermann führte. „Wie wollen sie im Kulturrat eigentlich diejenigen berücksichtigen, die sich längst die Finger mit Förderanträgen wund geschrieben haben?“ Dem entgegnete Skadi Jennicke – nun tatsächlich die Debatte schließend – wer denn sage, dass im Kulturrat nur Leute sitzen sollen, die Fördermittel haben wöllten?

Die Abstimmung des Verwaltungsvorschlages, den „Kulturrat“ einzurichten, endete mit einer knappen Mehrheit mit Linken, Grünen, AfD und Teilen der SPD unter den Gegenstimmen von CDU und einigen Enthaltungen.

Nun kann demnach die Kulturbürgermeisterin beginnen, ihren Runden Tisch Kultur zusammenzustellen.

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