Den legendären Online-Rechner für den Leipziger Haushalt hat das Finanzdezernat 2014 abgeschaltet. Das öffentliche Interesse der Leipziger an den Finanzplanungen der Stadt ist zwar im Allgemeinen groß. Aber die Zugriffe auf den Online-Rechner waren dann doch eher überschaubar – bei recht hohen Kosten. „Deswegen haben wir das jetzt alles etwas anders gemacht“, sagte Finanzbürgermeister Torsten Bonew am Mittwoch, 21. September.
Seit Mittwoch ist eine neue Seite auf der Homepage der Stadt Leipzig freigeschaltet, auf der sich interessierte Leipziger detaillierter über Einnahmen und Ausgaben der Stadt informieren können.
Nicht nur die Bürger hatten so ihre Schwierigkeiten mit den vielen Einzelposten, die man im Online-Rechner rauf- und runterregeln konnte, ohne wirklich einen Überblick zu bekommen, welche Folgen solche Veränderungen im riesigen – damals noch 1,4-Milliarden – Haushalt haben, ob man mit einer Kelle frischen Geldes für die Kitas nicht vielleicht das Schulbauprogramm torpedierte oder der freien Kulturszene das Wasser abgrub.
Für Manche war es auch ein Lernprozess, in dem erst einmal klar wurde, wie viele Unwägbarkeiten und Abhängigkeiten in so einem Stadthaushalt stecken. Auf viele Finanzposten hatten sie einfach keinen Einfluss, weil sie vom Gesetzgeber vorgegeben sind und eine Stadt hier nicht einfach kürzen kann. Am Ende bleibt immer nur ein überschaubarer Bereich mit freiwilligen Leistungen, in dem die Stadt, die Verwaltung bzw. der Stadtrat steuern und entscheiden können, was noch Priorität in der Stadtpolitik hat.
Am Mittwoch wurde ja der Entwurf für den Doppelhaushalt auch im Stadtrat präsentiert. Er ist schon das Ergebnis von acht Monaten Diskussion, Kräftemessen, Schwerpunktfestlegen. Wer mag, kann die dicken Vorlagen zum Haushalt auf der Homepage des Finanzdezernats herunterladen und wird erst recht mit einem Berg tausender kleiner Einzelposten konfrontiert, jeder ein Ergebnis heftigen Ringens zwischen Ämtern und Dezernaten.
Vier dicke Bände kann man sich da herunterladen, muss also gar nicht warten, bis der Doppelhaushalt 2017/2018 auch öffentlich ausgelegt wird. Das ist dann eher was für Leute, die lieber persönlich ins Amt marschieren und geduldig Papier umblättern wollen.
Die öffentliche Auslegung des Entwurfes für den Doppelhaushalt erfolgt ab dem 4.Oktober. Den Leipzigern ist es möglich, ihn bis zum 18. Oktober einzusehen und bis zum 27. Oktober Einwände zu stellen. Nach der Auslage des Entwurfs behandeln ihn die Fachausschüsse des Stadtrates und die Ortschaftsräte. Die Beschlussfassung des Haushaltsplanes ist im Februar 2017 vorgesehen.
Man muss aber nicht unbedingt ins Rathaus wandeln. Das geht auch online. Wenn es nach Torsten Bonew ginge, würde er die komplette Verwaltung papierlos machen und sämtliche Kommunikation auf IT umstellen. Das würde eine Menge Personal entlasten. Aber das lässt der Gesetzgeber noch nicht zu.
Die Stadtratsfraktionen sind da schon weiter und haben auch zur Online-Darstellung des Doppelhaushalts ihre Wünsche äußern dürfen. Sie sind ja diejenigen, die mit dem ganzen Mammutwerk umgehen können müssen, die ihre Änderungsanträge punktgenau schreiben und am liebsten auch gleich ins System einstellen möchten.
Das ist jetzt möglich. Wer will, kann sich die Planung produktgenau anschauen. Produkte sind die einzelnen Leistungsbausteine im Haushalt. Etwa die Produktgruppe „Verkehrsflächen und -anlagen, ÖPNV“, wo man gleich sieht, dass Leipzig ein gewaltiges Investitionsproblem hat. Die Stadt gibt zwar in beiden Jahren 34 Millionen Euro für neue Anlagen aus (was sogar mehr ist als 2015 und 2016), aber die Abschreibungen auf schon vorhandene Anlagen liegen mit rund 60 Millionen Euro deutlich höher. Obwohl Leipzig neu baut, verliert das Leipziger Verkehrsnetz an Wert. Eigentlich müsste man jedes Jahr 60 Millionen Euro investieren, um diesen Wert zu erhalten.
Bei Schulen ist das Problem noch nicht so krass, weil Leipzig über 20 Jahre einfach keine neuen Schulen gebaut hat. Deswegen liegen die Abschreibungssummen hier erst bei 15 Millionen Euro jährlich, während die Stadt mit Investitionen von über 50 Millionen Euro im Jahr plant.
Für interessierte Leipziger ist die Seite also ein gutes Angebot, eine teilweise auch sehr detaillierte Information über das Leipziger Haushaltsgefüge zu bekommen.
Es gibt auch ausführliche Informationen zur Entstehung des Haushaltes, zu den finanziellen Rahmenbedingungen und den strategischen Zielsetzungen der Stadt. Genug Futter also für Leute, die sich mal mit einem dicken Zeitbudget kundig machen wollen über Leipzigs Finanzierungsfreuden und -hindernissen.
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