Eigentlich ist es seit 2009 beschlossen. Im Leipziger Luftreinhalteplan steht, dass Leipzig jedes Jahr 1.000 neue Straßenbäume bekommt. Und zwar zusätzlich, nicht als Ersatz für alte und kranke Bäume. Aber das kostet Geld. Geld, das der Stadtrat seitdem in keinem einzigen Jahr bewilligt hat. 1 Million Euro mindestens, sagt Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal. 1,5 Millionen, sagt der Ökolöwe.

In den besten Jahren hat Leipzig 1.000 Bäume geschafft. Zu mehr haben die vom Stadtrat bewilligten 500.000 Euro nicht gereicht. Aber in diesen 1.000 Pflanzungen stecken rund 600 Ersatzpflanzungen, rechnete Heiko Rosenthal im Juni vor, als er das geplante Straßenbaumkonzept für Leipzig vorstellte. Das hatten mal die Grünen beantragt, die Stadtverwaltung hat es aufgegriffen. Jetzt soll Leipzig endlich ein Konzept bekommen, in dem alle bepflanzbaren Straßenzüge in der Stadt verankert sind. Denn es gibt noch Dutzende Straßen, in denen nicht ein einziger Baum steht – an heißen Tagen also auch kein Schatten ist. Da brütet die Luft.

Beschlossen hatte der Stadtrat die Zielmarke 1.000 neue Bäume vor sieben Jahren aber vor allem als Teil des Luftreinhalteplans: Bäume mindern auch die Feinstaubbelastung in den Straßen deutlich. Und sie binden auch eine Menge CO2, produzieren dafür den wichtigen Sauerstoff. Da nutzt es nicht viel, wenn neue Baumplantagen draußen auf freiem Feld gepflanzt werden. Die positiven Effekte braucht man in der hitze- und staubbelasteten Innenstadt.

Und der Stadtrat befindet sich gerade wieder in so einer sensiblen Phase, in der abgewogen wird, welcher Geldansatz drin bleibt im Doppelhaushalt 2017/2018, welcher gekürzt wird oder welcher gar rausfliegt.

Wir sind im Bereich der freiwilligen Leistungen, auch wenn die Luftreinhaltung aufgrund strenger Auflagen der EU nicht ganz so freiwillig ist. Aber weder EU noch Freistaat geben Geld für neue Bäume. Das muss die Stadt aus ihrem eigenen Etat bezahlen.

Und da beginnt jetzt gerade das große Feilschen: Was kann sich Leipzig in den nächsten beiden Jahren noch leisten, wenn Kitas und Schulen schon so viel Geld verschlingen?

Deswegen meldet sich jetzt mahnend der Ökolöwe zu Wort.

Und weist auf das längst beschlossene Ziel hin: „1.000 neue Straßenbäume jedes Jahr“, 2009 so im Luftreinhalteplan festgelegt. Bis 2015 sollten insgesamt 5.000 zusätzliche Straßenbäume gepflanzt werden. Sie sollten die Schadstoffbelastung der Luft verringern und helfen, endlich die europäischen Grenzwerte für die Luftbelastung einzuhalten. Doch weil hierfür kein Geld im Haushaltsplan vorgesehen war, konnte kaum realisiert werden, was auf dem Papier so schön geschrieben stand.

„Im aktuell verhandelten Haushaltsplan für 2017/2018 muss das besser werden“, mahnt deshalb Anja Werner. Sie ist umweltpolitische Sprecherin des Ökolöwen. „Doch auf die Frage, ob es überhaupt einen Posten für Neupflanzungen im Haushaltsplan gibt, haben selbst Teile der Verwaltung und Stadträte keine Antwort.“

Doch ohne Haushaltsstelle gibt es kein Geld. Ohne Geld keine neuen Bäume. Und ohne Bäume drohen – weil Leipzig wahrscheinlich bei Stickoxiden die Latte reißt – hohe Sanktionen der EU. Kann auch beim Feinstaub passieren. In den letzten beiden Jahren hatte Leipzig Glück, weil die Winter warm waren und deshalb viele Leute ihre Kamine und Kohleöfen nicht angeschmissen haben. Der nächste kalte Winter kann die Zahlen wieder explodieren lassen.

Was also tun, fragt der Ökolöwe.

„Es ist wichtig, eine Haushaltsstelle für zusätzliche Baumpflanzungen zu reservieren und sie transparent auch so zu benennen. Ein Hin- und Herschieben von Geldern auf unterschiedlichsten Positionen, um irgendwie zumindest ein paar Bäume zu pflanzen, führt nicht zum Ziel. Für die Pflanzung und Pflege eines Baumes sind etwa 1.500 Euro nötig, damit er im für ihn stressigen Straßenraum überleben kann. Bei 1.000 Bäumen ergibt sich so ein nötiges Budget von 1,5 Millionen Euro pro Jahr. Für die Ersatzpflanzung gefällter und den Erhalt bestehender Bäume braucht es zusätzliche Mittel“, rechnet Anja Werner vor.

Zusätzlich braucht es rund 600.000, womit der Baumetat also mindestens 2 Millionen Euro enthalten müsste.

Wer genauer in die Zahlen schaut, merkt erst, was Leipzig alles nicht finanzieren kann, obwohl es längst beschlossen ist.

„Wir können nur an die Stadträte appellieren, sich für eine Haushaltsstelle für Baumneupflanzungen mit ausreichender finanzieller Ausstattung stark zu machen“, sagt Werner. „Denn am Ende des Tages sind sie es, die dafür verantwortlich gemacht werden, wenn Sanktionen auf die Stadt zurollen.“

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