Eigentlich erwartet man solche Wortmeldungen, wie sie der Leipziger Landtagsabgeordnete Wolf-Dietrich Rost (CDU) am Mittwoch, 13. Juli, in die Welt schickte, eher aus der AfD. Dort denkt man nicht lange nach über das, was man in die Welt plauzt. Und wenn es die politische Konkurrenz trifft, dann immer feste druff. Doch diese Wortmeldung des sonst eher unscheinbaren CDU-Mannes geht nach hinten los.
Irgendwie hat er am Mittwoch, 13. Juli, seine LVZ gelesen. Aber nicht wirklich gründlich. Was vielleicht das Normale ist: Man hetzt nur noch durch, überfliegt Überschriften, die ersten Sätze, regt sich auf und dann – na ja – dann schicken empörte Leser gern ihre Kommentare und Briefe, ohne den ganzen schrecklich langen Text zu lesen.
Anders wird es auch bei Rost nicht gewesen sein, der so „überrascht über offensichtliche Unwissenheit der neuen Leipziger Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke“ reagiert und gleich den Oberlehrer raushängen lässt: „Eine Null vergessen, kann ja mal passieren…?!“
Überrascht zeigte er sich über die „Meldung der neuen Leipziger Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke. Die hatte behauptet, dass die Stadt Leipzig in den Jahren 2015 und 2016 insgesamt etwa 3 Millionen Euro aus dem Sächsischen Kulturraumgesetz erhält. Für mich ein Unding“, formuliert er.
Und gibt dann gleich mal den Lehrer: „Frau Dr. Jennicke saß jahrelang mit mir in den entsprechenden Ausschüssen für Kultur im Stadtrat und sollte eigentlich die Zahlen kennen. Ich bin überrascht über die Unwissenheit oder bewusste Falschaussage der neuen Kulturbürgermeisterin.“
Und dann stellt er klar: „Die Stadt Leipzig bekommt den größten Anteil aller (8) sächsischen Kulturräume. Das Gesamtvolumen aus dem Sächsischen Kulturraumgesetz (KRG) lag im Jahr 2015 bei 87 Millionen Euro, wovon die Stadt Leipzig allein 30,4 Millionen Euro bekam. Im Jahr 2016 lag das Gesamtvolumen des KRG bei 87,05 Millionen Euro und Leipzig erhielt daraus etwa 35 Prozent, also wieder 30,4 Millionen Euro. – Zusätzlich erhielt die Stadt Leipzig aus dem aktuellen Doppelhaushalt 2015/2016 Investitionsmittel von etwa 1,75 Millionen Euro zur eigenverantwortlichen Bewirtschaftung, wovon allein für das Gewandhaus Leipzig 2015 etwa 255.400 Euro für Brandschutzmaßnahmen eingesetzt worden sind.“
Eine gewisse Gnadenlosigkeit ist ihm nicht abzusprechen, wenn er meint: „Es bedarf sicherlich viel Einarbeitungszeit, um mit den Zahlen im Kulturdezernat umzugehen, aber den Freistaat anzugreifen, der nach Leipzig den Großteil der sächsischen Kulturraummittel überweist, ist schon zweifelhaft.“
Wir lesen zwar auch nicht immer die ganze LVZ. Aber wenn uns etwas stutzig macht, dann lesen wir wenigstens zu Ende. Denn was Rost Jennicke in den Mund legt, steht so nur im allerersten Satz im Aufmacher auf Seite 1, mit dem die LVZ auf das große Interview auf Seite 10 hinweist. Da kann man lesen: „Leipzigs neue Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke (Linke) fordert mehr Geld vom Freistaat für Leipzigs Kultur. Natürlich wünsche sie sich mehr als die insgesamt drei Millionen Euro, die das Land Sachsen 2015 und 2016 im Rahmen des Kulturraumgesetzes für die Stadt gibt. Das fängt die Kostensteigerung nicht auf“, sagte die 38-Jährige im LVZ-Interview. „Es gehe jetzt darum, auch in der freien Kultur den Investitionsstau der letzten Jahre abzuarbeiten.“
Weiter scheint der Landtagsabgeordnete nicht gekommen zu sein. Im eigentlichen Interview ist das wesentlich ausführlicher. Da sagt Skadi Jennicke auf die Frage „Fühlen Sie sich vom Freistaat hinreichend unterstützt?“ selbst:
„Natürlich hätten wir uns mehr gewünscht als die insgesamt drei Millionen Euro jährlichen Aufwuchs im Kulturraumgesetz. Das fängt die Kostensteigerung nicht auf. Und wir wünschen uns ganz dringend, dass die investiven Verstärkungsmittel, die jetzt für 2015 und 2016 bereitgestellt wurden, im Landeshaushalt verstetigt werden, denn damit ist es uns möglich, baulich und infrastrukturell auch in der freien Kultur den Investitionsstau der letzten Jahre abzuarbeiten. Die drei Millionen sachsenweit sind anerkennenswert. Aber wir hätten mehr erwartet.“
Man kann ja über die politische Konkurrenz schimpfen, wenn man Grund dazu hat. Aber man sollte dann zumindest wissen, was sie wirklich gesagt hat. Auch wenn es erst hinten in der Zeitung steht.
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