„Privatwirtschaft will Leipzig aus der Klemme helfen“, meldete die LVZ am 5. Juli. Als wären nun private Investoren die Lösung für das Leipziger Schulproblem. 21 Interessenten sollen sich laut LVZ schon gemeldet haben, um in Leipzig neue Schulen zu bauen. Nicht mit uns, kontert die Linksfraktion im Rathaus.

Die entsprechende Diskussion im Leipziger Rathaus war ja dann auch wenig schräg. „Explodierende Schülerzahlen zwingen Leipzig dazu, deutlich mehr Schulen zu bauen. Doch die personellen Ressourcen im Rathaus sind erschöpft, kommunale Grundstücke werden knapp. Jetzt springt die Privatwirtschaft in die Bresche“, fasst die LVZ das Thema auf ihre Weise zusammen.

Und lässt die eigentlichen Gründe für das zähe Baugeschehen einfach weg. Denn das hat auch mit den langen Ausschreibungsverfahren zu tun – denn Projekte solcher Größenordnung müssen europaweit ausgeschrieben werden. Es hat auch mit den Fördermodalitäten in Sachsen zu tun: Wenn zu wenig Fördermittel zur Verfügung stehen, kann man nun einmal nicht mehr Schulen bauen. Erst ab 2017 wird sich die Summe, die Leipzig beantragen kann, etwas erhöhen. Aber auch der knappe Leipziger Etat setzt dem Planen und Bauen Grenzen.

Darauf geht Sören Pellmann, Vorsitzender der Linksfraktion ein, wenn er sagt: „Da private Bauherren, wenn sie öffentlich zu nutzende Gebäude errichten, in gleichem Maße wie die Kommune Fördermittel des Freistaates Sachsen erlangen können, entsteht hier ein nicht zu akzeptierender Konkurrenzkampf. Da auch Private bei der Beantragung von Fördermitteln einer Ausschreibungspflicht nachkommen müssen, haben sie gegenüber kommunalen Bauherren auch keinen Zeitgewinn.“

Deswegen wurde im Frühjahr im Stadtrat recht heftig diskutiert, wo nun die Lösung für das Leipziger Bauproblem liegen könnte: Sollten die Planungskapazitäten im Baudezernat aufgestockt werden, um den nötigen Vorlauf zu bekommen? Sollte die stadteigene Entwicklungsgesellschaft LESG auch beim Schulenbauen mehr Aufträge bekommen? Oder wären – so der Vorschlag der CDU – private Bauherren die Lösung?

Dass das die Lösung ist, daran zweifelt Pellmann: „Sollten die Vorstellungen von Herrn Bonew in eine entsprechende Stadtratsvorlage münden, werden wir sie ablehnen. Zugleich appelliere ich an den Oberbürgermeister, für eine bessere Koordination und Kooperation zwischen den einzelnen Dezernaten zu sorgen, um so das öffentliche Vorprellen, wie im Fall von Herrn Bonew, zu verhindern.“

Denn der Antrag, mit Privaten zu bauen, hatte von den Vorschlägen in der Ratssitzung im Februar nur die knappere Mehrheit gefunden. Deutlich sympathischer fanden die Ratsfraktionen den Antrag, mit der LESG zu bauen. Wohl auch, weil ihnen durchaus bewusst ist, dass es in jedem Fall – egal wer baut – um die knappen Haushaltsgelder der Stadt Leipzig geht.

Doch die Verwaltung zeigte auf einmal Eile. Schon im April meldete sie, dass sie im Mai eine „Markterkundung für privates Engagement im Schulneubau“ starten wolle: „Um das Potenzial des privaten Engagements umfassend am Prozess der Schulneubauten beteiligen zu können, startet die Kommune unter sachkundiger Begleitung von Immobilienexperten in Kürze eine deutschlandweite Markterkundung. Sie soll Grundstückseigentümer und Makler genauso ansprechen wie Projektentwickler und Generalunternehmer. – Die private Beteiligung ist dabei in vielfältiger Art und Weise denkbar und reicht vom bloßen Grundstücksverkauf bis zum schlüsselfertigen Schulneubau. Ebenso ist die Stadt Leipzig offen für verschiedene Realisierungsvarianten, z.B. Kauf, Mietkauf oder Generalunternehmervertrag. Grund dafür ist, dass Leipzig innerhalb kurzer Zeit eine erhebliche Anzahl neuer Schulplätze in allen Schularten benötigt.“

Aber der Versuch, mit Privaten in den Schulneubau einzusteigen, ist schon einmal in die Hose gegangen. Ein ganzes Schulpaket wollte die Stadt in Öffentlich-Privater Partnerschaft (ÖPP) umsetzen. Auch damals kritisierten die Linken, dass die Sache langfristig für die Stadt teurer werden würde, als wenn sie selbst baut. Es war aber auch die Zeit, als der Freistaat selbst die Bremse zog und für ÖPP-Projekte in Sachsen nicht mehr zu haben war.

„Es ist unbestritten, dass Leipzig neue Schulen braucht, nicht zuletzt deshalb, weil mit dem vorausgesagten Bevölkerungswachstum auch die Zahl der Schülerinnen und Schüler ansteigen wird. Unterschiedlich sind allerdings bislang die Lösungsvorschläge. Während die CDU in Gestalt ihres Finanzbürgermeisters Bonew das Heil in privaten Investoren sieht, bleibt Die Linke bei ihrer Position: Privater Schulbau ist keine akzeptable Lösung!“, sagt Sören Pellmann. „Für unsere Position gibt es mehrere gute Gründe. An erster Stelle steht die unmittelbare Verantwortung der Stadt für die öffentliche Daseinsvorsorge, die bekanntlich den Schulbereich einschließt. Man kann nicht einerseits darüber jubeln, dass Leipzig rasant wächst und dies auch noch durch Werbeaktionen beschleunigen, ohne andererseits ausreichend sowohl konzeptionell als auch strukturell darauf vorbereitet zu sein. Deshalb muss es zu Umschichtungen im Haushalt kommen, um dem Schulbau zum Unterschied zur bisherigen Haushaltspraxis einen wesentlich höheren Stellenwert einzuräumen.“

Oft genug sitzen die Bremser selbst in der Stadtverwaltung – wie man es gerade wieder im Stadtraum Bayerischer Bahnhof erlebt. Oder der Denkmalschutz kommt dazwischen und verzögert ein Projekt wie in Schönefeld beim neuen Gymnasium. Oder eine Schule, die längst wieder fit gemacht werden sollte, wird für andere Zwecke gebraucht – Flüchtlingsunterbringung zum Beispiel, wie bei der 3. Grundschule.

Je mehr man sich mit dem Thema beschäftigt, umso deutlicher wird, dass das Hauptproblem nicht lautet: öffentlich oder privat. Das ist eher eine Scheindebatte, die ausblendet, dass private Bauherren mit denselben Fristen und Problemen zu kämpfen hätten und am Ende auch nicht preiswerter bauen könnten als die Stadt. Die massive Inflationsrate im Bau kommt ja noch dazu: Allein diese Preissteigerungen fressen die Spielräume der Stadt bei Schulinvestments auf und sorgen jedes Jahr für millionenschwere Nachträge.

Sören Pellmann jedenfalls hält die euphorische Suche nach privaten Rettern in der Schulnot für fehl am Platz: „Wenn sich nunmehr 21 private Interessenten am Schulbau gemeldet haben, dann überrascht das nicht. Sie wittern mit hoher Wahrscheinlichkeit ein einträgliches Geschäft, letztendlich zulasten unserer Stadt. Es bleibt dabei: Letztlich ist die eigene Bauherrenschaft für unsere Stadt allemal billiger als der Einsatz privater Investoren.“

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