Es klingt ganz logisch, was die Junge Union nun wieder schrieb am Dienstag, 19. Juli. Wie schon im März äußerte sich der Nachwuchsverband der Leipziger CDU zur Arbeit des Jugendparlaments und macht sieben Vorschläge, wie aus seiner Sicht die Arbeit der Jugendvertretung irgendwie - spannender gemacht werden könnte. Man ist nicht wirklich von der Generalkritik im März abgerückt. Aber wird Politik dadurch wirklich spannender?
Denn das Modell, das der Jungen Union verschwebt, ist im Grunde die Kopie der parlamentarischen Politik, wie man sie aus Stadtrat und Bundestag kennt, nun auch auf das Jugendgremium angewendet. Sogar noch etwas schärfer: Mit Wahlkämpfen im Jahresrhythmus. Was durchaus einige Alarmsirenen nicht nur bei anderen Parteien ertönen lassen sollte. Vorschlag 5 lautet tatsächlich: „Wahlkampf vor allem an Schulen intensivieren, um so auch Schüler, die die Hauptgruppe unter den Wahlberechtigten bilden, besser zu informieren und einzubinden.“
Genau das ist aus guten Gründen in Sachsen untersagt. Den etablierten Parteien sowieso, auch wenn die ein rühriges Interesse daran hätten, mit ihren Botschaften auch in die Schulen gehen zu dürfen. Der Vorschlag der Jungen Union (JU) zielt aber genau in die Richtung. Denn sie will auch die Rolle der Parteien deutlich stärker ins Jugendparlament tragen und es damit irgendwie zum Abbild der erwachsenen Politik machen. Das klingt dann in Punkt 2 so: „Fraktionsbildung zulassen! Die Bildung von Fraktionen sollte zugelassen werden, um so Mehrheiten bei Abstimmungen besser zu organisieren, den demokratischen Meinungsaustausch zu fördern und die Entscheidungsfindung zu Themen zu erleichtern. Zu einer echten Demokratie und einem wirksamen Parlament gehören Fraktionen. Dies muss den Jugendparlamentariern in Zukunft erlaubt sein.“
Das wäre der beste Weg, den jungen Leuten, die im Jugendparlament überhaupt erst mal lernen wollen, was politische Willensbildung ist, den frischen Frust an Fraktionsbildung beizubringen. Und wer berät sie dabei? Das werden ja dann wohl die üblichen bekannten Strippenzieher aus den Parteien sein. Und man würde wohl staunen, wie schnell sich das Jugendparlament dann zur Trainingsstätte für den professionellen Nachwuchs der alten Parteien mausert. Das kann auch bei der JU eigentlich niemand wollen, auch wenn man das Training für die professionelle Parlamentspolitik irgendwie ziemlich spannend findet.
Die von der Stadt bezahlte Betreuungsstelle für das Jugendparlament lehnt die JU Leipzig zwar ab, wünscht sich aber jedes Jahr ordentlich organisierte Wahlkämpfe, mit denen die Jugendparlamentarier quasi die Begeisterung fürs Politikmachen unter den Leipziger Schülern popularisieren sollen: „Das Jugendparlament sollte selbst ein langfristiges Konzept erstellen, um Jugendliche dauerhaft mehr für Politik zu begeistern und sich daran zu beteiligen“, heißt es in Punkt 6. „Zur grundlegenden ersten Aufgabe sollte es gehören, die Kampagne für die nächste Wahl vorzubereiten um die Beteiligung zu erhöhen. Dazu gehört eine bessere Nutzung aller social media Kanäle sowie die Neugestaltung und Produktion von ansprechendem Werbematerial. Oberstes Ziel muss es sein, Jugendliche für Politik zu begeistern. Was bringt der inhaltliche Output, wenn niemand das Jugendparlament kennt?!“
Dass kaum jemand das Jugendparlament kennt, liegt sicher auch am eher zurückhaltenden Auftritt auf der Website der Stadt Leipzig. Dort findet man aber auch alle Namen der gewählten Mitglieder des Jugendparlaments und des Beirats. Und man findet die Sitzungstermine. Zu denen extra betont wird: „Die Sitzungen des Jugendparlaments sind öffentlich und finden in der Regel im Neuen Rathaus statt.“ Meist nicht im großen Sitzungssaal, sondern etwas gemütlicher zum Beispiel im Turmzimmer 270. Die nächste Sitzung ist zum Beispiel am 18. August.
Rainer Burgold, Vorsitzender der JU Leipzig aber findet, das genüge nicht: „Am Ende hilft das allen. Das Jugendparlament ist nach wie vor eine Möglichkeit, Jugendliche für Politik zu begeistern und einzubinden, aber bestimmte Strukturen müssen überdacht werden. Dieses frühe Begeistern für Demokratie ist die Grundlage um Politikverdrossenheit entgegenzuwirken, unser politisches System unter Jugendlichen erklärbar und demokratische Jugendbeteiligung erlebbar zu machen.“
Aber vielleicht ist genau das der große Punkt des Missverständnisses. Als JU-Vorsitzender ist Burgold natürlich einer von den vielen Leipziger Nachwuchstalenten, die sich innerhalb der existierenden Parteistrukturen eine Karriere aufbauen möchte. Das ist durchaus verständlich. Die parlamentarische Demokratie, wie wir sie heute kennen, ist auf Berufspolitiker zugeschnitten, die sich in ihren Parteien eine gewisse Stellung und Hausmacht erarbeitet haben.
Aber das ist immer nur ein Teil von politischem Engagement und führt immer wieder zu Missverständnissen, wenn Profis glauben, man müsse die anderen Mitbürger nur erst für Politik begeistern, dann würden sie sich auch nichts lieber wünschen als lauter Wahlkämpfe und knallhart agierende Fraktionen.
Aber gerade bei jungen Leuten sollte der Zweifel ziemlich lebendig sein, ob nun ausgerechnet Parteifraktionen der richtige Weg sind, die Probleme der Gegenwart anzugehen. Jedenfalls sind die meisten Fraktionen in deutschen Parlamenten derzeit kein Vorbild für wahrnehmbare Problemlösungs-Politik. Ein Jugendparlament, das genauso wird, braucht in Leipzig wahrscheinlich niemand.
Die neue Stellungnahme der Jungen Union Leipzig.
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