Es klingt so einfach: „papierlose Ratsarbeit“. Technisch wäre das eigentlich schon heute möglich. Faktisch scheitert es daran, dass es da und dort in Tagungsräumen des Stadtrates an Steckdosen oder WLAN-Zugängen fehlt. Wenn man aber auf elektronische Dokumente nicht zugreifen kann, braucht man doch wieder ausgedruckte Papierberge. Ein Unding, findet Piraten-Stadträtin Ute Elisabeth Gabelmann.

Mit ihrem jüngsten Antrag zum Thema macht sie deutlich, welche Welten klaffen zwischen den vollmundigen Versprechungen der Politik, die Welt der Kommunikation zu digitalisieren. Und dann fehlen schlicht die technischen Ausstattungen, um die elektronischen Archive zu benutzen.

Natürlich kostet das eine Stange Geld. Auch Leipzigs Verwaltung hat schon so manche am Ende überflüssige Technik für teuer Geld angeschafft. Einfach kopierbare Modelle, wie man deutsche Rathäuser wirklich auch zu virtuell funktionierenden Rathäusern macht, gibt es nicht. Zumindest gibt es sie nicht auf dem üblichen Markt, auch wenn der Markt eigentlich von drei, vier großen amerikanischen Monopolisten beherrscht wird.

So wird auch der Bau eines digitalen Rathauses zu einem permanenten Anbauen, Ausbauen, Anpassen, Neu-Erfinden.

Wie sich das im Leben einer Stadträtin spiegelt, schildert Ute Elisabeth Gabelmann so: „Mit Voranschreiten der wünschenswerten Umstellung der Ratsarbeit auf ein weitgehend papierloses Verfahren, welches erhebliche Kosteneinsparungseffekte für die Stadt Leipzig zur Folge hatte, haben sich neue Herausforderungen ergeben. Da nun eine überwiegende Zahl von Stadträten mit Tablets und Laptops ausgestattet ist, macht es sich hier notwendig, die häufig genutzten Sitzungsräume entsprechend anzupassen. Diese sind aktuell nicht im erforderlichen Maße dafür ausgelegt, dass mehrere Stadträte (und weitere Sitzungsteilnehmer) ihre Ratsarbeit papierlos erledigen und daher gerade in längeren Sitzungen auf Stromversorgung angewiesen sind.“

Da fehlen also ein paar Steckdosen. In Marathonsitzungen hält da so mancher Akku nicht mit.

Aber Ratsarbeit findet ja nicht nur im Rathaus statt. Gabelmann: „Zudem finden im Rahmen der Ratsarbeit und Aufsichtsratstätigkeit immer wieder Sitzungen und Veranstaltungen statt, welche nicht im Neuen Rathaus ablaufen. Oftmals ist es dann der Fall, dass die Stadträte, welche bereits auf papierlose Ratsarbeit umgestiegen sind, durch fehlendes W-Lan bzw. fehlende Stromversorgungsmöglichkeit keine Option haben, auf Unterlagen zuzugreifen und den Sitzungen zu folgen. Dies ist nicht nur hinderlich, sondern erschwert den Fortgang der Beratungen.“

Und nicht mit jeder Software ist der Zugriff auf das Ratsinformationssystem einfach, stellt die Stadträtin der Piraten fest: „Ebenfalls ist zu beobachten, dass eine wachsende Anzahl an Stadträten das dritte marktübliche Betriebssystem für mobile Endgeräte – Windows – nutzt, so dass es geboten scheint, diesen Stadträten auch die Vereinfachung ihrer Arbeit durch zur Verfügung stellen der entsprechenden ALLRIS -App zu ermöglichen.“

Nur gibt es für Windows noch keine ALLRIS-App, nur für Android und iPhone.

ALLRIS – das ist das Ratsinformationssystem, in dem alle Unterlagen zur Ratsarbeit zu finden sind – auch dieser Antrag von Ute Elisabeth Gabelmann, die sich auch köstlich amüsiert über die komplizierten Anmeldeprozeduren im digitalen Rathaus: „Eine weitere Hürde stellt die aus technischen Gesichtspunkten unverständliche Log-in-Lösung in das Gast-W-Lan der Stadt dar. Diese muss jedes Mal beim Betreten des Rathauses bzw. neuem Sitzungsaufruf erneuert werden, was unverständlich scheint, da dies in sehr vielen anderen W-Lans recht unkompliziert mit einmaligem Log-in und Abspeichern der Log-in-Daten funktioniert.“

Das könnte also eigentlich alles viel einfacher und sinnhafter sein. Die Vorschläge, die Ute Elisabeth Gabelmann zur Lösung dieser recht umständlichen  Arbeit im digitalen Rathaus macht, sind folgende:

„Der Oberbürgermeister wird beauftragt:

  1. mit der Lecos in Verhandlungen zu treten, um neben der ALLRIS-App für Android und iPhone auch eine App für Nutzer des Betriebssystems Windows zur Verfügung zu stellen.
  2. die häufig genutzten Sitzungs- und Besprechungszimmer (wie Raum 270, 495 und 259) zeitnah (bis spätestens IV.Quartal 2016) mit ausreichend Steckdosen und Stromversorgungsmöglichkeiten für die Sitzungsteilnehmer auszustatten.
  3. dafür Sorge zu tragen, bei der Auswahl von Sitzungsräumen außerhalb des Neuen Rathauses darauf zu achten, dass dort ebenfalls die Möglichkeit der Versorgung mit W-Lan sowie der Stromversorgung für die Stadträte und die Mitarbeiter besteht.
  4. in Rücksprache mit der Lecos dafür Sorge zu tragen, dass die Log-in-Möglichkeit in das Gast-W-Lan der Stadt Leipzig auf den üblichen Standard umgestellt wird.“

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