Dass der jüngst aus dem Amt geschiedene Kulturbürgermeister Michael Faber so viele Probleme in seinem Amtsbereich hatte, hatte nicht nur mit den widerspenstigen Managern der großen Theater- und Musikbetriebe zu tun, sondern auch damit, dass er so gar nicht den unaufgeregten Dialog mit der bunten Welt der Freien Szene beherrschte. Aber wie bindet man die freie Kulturszene ein in die Visionen der Stadt?
„Partizipation der Akteure ist mittlerweile zu einem deutschlandweit anerkannten Prinzip demokratischer Gouvernance geworden. Vor dem Hintergrund wachsender kulturpolitischer Herausforderungen (Ressourcenknappheit, schwindende Legitimation kultureller Angebote, sozio-demografischer Wandel der Gesellschaft, Zielkonflikt zwischen Erhalt bestehender Angebote und Gewährleistung von Innovation etc.) sind kooperative Lösungsstrategien weitaus zielführender als das Festhalten an einseitig staatlich gelagerten Ordnungsprinzipien“, betonen nun Grüne und Linke in einem gemeinsamen Stadtratsantrag.
Und betonen damit, wie schwer es gerade starren Verwaltungen oft fällt, eine gleichberechtigte Partizipation auf Augenhöhe hinzubekommen. Eine selbstverständliche noch dazu. Aber gerade die kulturellen und kreativen Freiräume wurden immer so gern gelobt und vermarktet, wenn es um das Besondere an Leipzig ging.
Gerade in den letzten Jahren aber sind die Freiräume der Kreativen drastisch zusammengeschrumpft. Die Stadt wächst. Damit verschwinden auch viele Spielräume. Und es wird immer drängender, dass die verantwortliche Stadtpolitik das bunte Treiben nicht nur duldet, sondern aktiv begleitet und dort, wo sie zur Sicherung beitragen kann, auch sichert.
„In der Kulturpolitik haben Verfahren der Beteiligung nahezu überall Einzug gehalten, wovon man sich zuletzt anhand der Beiträge der Referenten aus zahlreichen Kommunen beim Kongress der Freien Szene ‚kultur/standort.bestimmung‘ (September 2015) überzeugen konnte“, betonen die beiden antragstellenden Fraktion.
Und sie zitieren dazu auch aus dem Arbeitsprogramm 2020 des OBM, der dieses Ziel als eins von vier Fundamenten definiert hat: „Die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in die städtischen Entscheidungen soll auch zukünftig weiter ausgebaut werden.“ (S. 11)
„Nicht zuletzt hält der Schlussbericht der Enquete-Kommission ‚Kultur in Deutschland‘ des Deutschen Bundestages fest: ‚Das Leitbild der öffentlichen Verwaltung bedeutet für den Kulturbereich eine Fokussierung auf die kulturpolitischen Ziele und eine kooperative Lösungsstrategie, die alle kulturpolitischen Akteure (staatliche und private) einbezieht.‘ (S. 93)“, zitieren sie weiter.
Und sie beantragen: „Die Stadtverwaltung wird beauftragt, bis zum 30.11.2016 der Ratsversammlung einen Beschlussvorschlag zur Berufung eines Kulturbeirates gemäß §47 SächsGemO vorzulegen. § 21 der Hauptsatzung der Stadt Leipzig wird entsprechend angepasst. Die Grundlagen eines solchen Kulturbeirates hinsichtlich seines Auftrags, seiner Kompetenz und seiner Zusammensetzung sollten sich an den Ausführungen in der Begründung orientieren.“
Sie erinnern auch daran, dass die amtliche Alleinvertretung in Kulturfragen so schon lange nicht mehr funktioniert. Im Dialog aber kann man Konflikte schon besprechen, bevor Entscheidungen im Stadtrat oder in der Verwaltung für Ärger und Proteste sorgen. Und es entsteht eine Gesprächsplattform, bei der nicht allein Stadträte und Verwaltung an einem Tisch sitzen, wie im Kulturausschuss des Stadtrates.
„Mit diesem kooperativen kulturpolitischen Ansatz wird keineswegs die Entscheidungshoheit der Verwaltung und der politischen Mandatsträger reduziert. Sie bleibt unverändert bestehen, wird aber um ein diskursives Element der Beteiligung erweitert“, betonen Linke und Grüne deshalb in ihrem Antrag. „Es ist so möglich, ohnehin stattfindende Aushandlungsprozesse ergebnisorientiert zu steuern sowie weitere Kooperationen und Aushandlungsprozesse zu initiieren. Die Aufgaben der Verwaltung werden um Moderation und Koordination dieser Beteiligungsprozesse erweitert. Die rechtlich verankerten Entscheidungskompetenzen von Akteuren der Politik und Verwaltung sollte dann aber unter Berücksichtigung der partizipativen Aushandlungsprozesse genutzt werden.“
Auch über Aufgaben und Zusammensetzung des neuen Beirats haben sich die beiden Fraktionen Gedanken gemacht. So sollten neben Mitgliedern der Ratsversammlung natürlich auch Vertreter des Dezernates Kultur darin sitzen, Wissenschaftler, Vertreter der Eigenbetriebe und Museen, Kulturpaten und „mindestens drei von der Initiative ‚Leipzig plus Kultur‘ benannte Vertreter“.
Und neben der „Sicherstellung der Akzeptanz kulturpolitischer Entscheidungen“ geht es dabei logischerweise auch um den „Ausgleich der unterschiedlichen Interessen der Akteursgruppen in einem legitimierten Gremium mittels eines geordneten Verfahrens“ und auch um Fördermittelvergabeverfahren, Förderkriterien und Förderinstrumente.
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