Eigentlich war der „Verein Leipzig 2015 e.V.“ nur gegründet worden, um für das Jubiläumsjahr zur 1.000-jährigen Ersterwähnung Leipzigs eine Trägerstruktur zu haben. Mit den letzten Jubiläumsfeierlichkeiten im Dezember hatte sich der Vereinszweck eigentlich erfüllt. Doch nun will Leipzigs Verwaltung den Verein mit einer städtischen Finanzspritze am Leben erhalten. Und die Grünen sind sauer, denn eigentlich herrscht Haushaltssperre.

Und augenscheinlich spitzt sich die Leipziger Haushaltssituation gerade zu. Zumindest wird das in den Ausschüssen des Stadtrats derzeit immer häufiger thematisiert. Denn noch längst nicht ist Leipzig aus dem Investitionsstau der Vergangenheit in Höhe von 1,5 bis 2 Milliarden Euro heraus, da kommen die notwendigen Investitionen für die wachsende Stadt als neuer Riesenberg dazu. Da wird es auch für den Finanzbürgermeister nicht mehr so einfach, überhaupt noch die Finanzierung sicherzustellen.

Heißt im Klartext: Gürtel enger schnellen.

Doch wie die Verwaltung jetzt in ihrer Vorlage „Konzept zur künftigen Ausrichtung des Vereins ‚Leipzig – Wir sind die Stadt e.V.‘“ begehrt, soll der Verein erhalten bleiben und künftig Zuschüsse der Stadt bekommen, um Großveranstaltungen für Leipzig anzuwerben. Zur Finanzierung des Vereins soll der Stadtrat im laufenden Jahr 2016, trotz Haushaltssperre, ungeplant 72.000 Euro bereitstellen, für die kommenden Jahre wäre dann mit jährlichen Zuschüssen von je 144.000 Euro zu rechnen.

„Während uns der Kämmerer in vorbereitenden Haushaltssitzungen die dramatische Situation um die städtische Haushaltslage skizziert und darauf einzuschwören versucht, dass es im nächsten Doppelhaushalt eher um das Stopfen von Haushaltslöchern als um die Initiierung neuer Ideen gehen wird, versucht er den eigentlich zur Auflösung vorgesehenen ‚Hausverein‘ Leipzig 2015 e.V. zu retten“, kommentiert Norman Volger, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, diesen Vorstoß mitten in einer enger werdenden Haushaltslage. „Trotz seit Januar bestehender restriktiv durchgeführter Haushaltssperre des Kämmerers, sollen 72.000 € unterjährig und ohne vorhandene Deckung locker gemacht werden. Überall in der Verwaltung plagen uns Sorgen aufgrund der dünnen Personaldecke und auf Eis liegender Stellenbesetzungsverfahren. Und Herrn Bonew fällt in einer solchen Situation nichts Besseres ein, als mit dem geplanten Fortbestehen des Vereins Doppelstrukturen zur LTM zu schaffen und mit reichlich finanziellen städtischen Zuschüssen zu versorgen? Mit diesem Vorschlag entsteht unweigerlich der Eindruck der Selbstbedienungsmentalität! Das beste an der Vorlage ist, dass der OBM sie gestern kurzerhand von der Tagesordnung genommen hat.“

Aber selbst die Aufgabenstellung des Vereins finden die Grünen ziemlich überflüssig: Die Aufgaben, die zukünftig dem Verein „Leipzig – Wir sind die Stadt e.V.“ zukommen sollen, sind vor allem die Recherche, Bewerbung und die Realisierung möglicher Großveranstaltungsformate.

Und dann schmückt die Vorlage den Verein auch noch mit lauter fremden Federn, kritisieren die Grünen. So wären die in der Vorlage aufgeführten Großveranstaltungen der vergangenen und zukünftigen Jahre, wie etwa 800 Jahre THOMANA, World Skills, Hallenhockey-WM, Katholikentag und Deutsche Leichtathletik-Meisterschaft u.a. allesamt mit Ausnahme der 1.000-Jahrfeier ohne die Gründung separater Strukturen ausgekommen, sondern wurden von den Ämtern und Dezernaten, den Kultureinrichtungen, der LTM und den (Sport-)Fachverbänden organisiert. Auch der Katholikentag war keine städtische Großveranstaltung, sondern eine der katholischen Laienorganisation.

Was der Verein gemacht hat, war: Mitglieder und Sponsoren werben für das Jubiläumsjahr 2015.

„Uns konnte bislang nicht überzeugend deutlich gemacht werden, dass die dauerhafte Etablierung des Vereins notwendig ist und das darin angelegte Geld einen nachhaltigen Mehrwert für unsere Stadt erbringen soll“, sagt Norman Volger. „Mir eröffnet sich vielmehr der Eindruck, der Stadtrat soll hier mit einem lächerlich dünnen Finanzplan und etwas Prosa zur Wichtigkeit bestehender Email-Verteiler an der Nase herumgeführt werden. Ebenso werden es alle in der freien Szene und der Soziokultur engagierten Menschen unserer Stadt als Schlag ins Gesicht auffassen, wenn die finanzielle Bezuschussung des Vereins ‚in Anlehnung der Förderung soziokultureller Zentren‘ erfolgen soll. Eine dort geschilderte dreijährige Förderung gibt es für die freien Träger entgegen unserer Forderungen schon seit Jahren nicht mehr. Kritischen Nachfragen zum Finanzplan und zur Deckung der bislang ungeplanten unterjährigen Ausgaben wird ausgewichen, eine Antwort bislang verweigert. Seriöse Finanzpolitik ist dies in keinster Weise. Wir erwarten, dass sich der Kämmerer auf die dringlichen Herausforderungen unserer Stadt besinnt und an einem ausgeglichenen Jahresergebnis und einem genehmigungsfähigen Doppelhaushalt arbeitet!“

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