Tempo mag Leipzigs Verwaltung eher nicht so. Wenn die Grünen schon auf die lustige Idee kommen, Leipzig könnte jetzt einfach mal eine eigene Stellplatzsatzung einführen, dann gibt es verwaltungseitig genug Gründe, die Sache lieber zu verschieben. Auch wenn der Freistaat im Dezember die leidige Stellplatzpflicht offiziell abgeschafft hat.

Sogar Innenminister Markus Ulbig (CDU) sprach da tatsächlich von modernem Baurecht. Aber warum muss modern denn eigentlich schnell heißen? Jedenfalls macht die Verwaltung zum Antrag der Grünen lieber so etwas wie einen Alternativvorschlag, der eher ein Vorschlag zur Vorsicht ist, denn da fehlen noch ein paar Durchführungsbestimmungen. Also nicht gleich eine Stellplatzsatzung erarbeiten. Sondern lieber erst mal prüfen und „bei positiver Prüfung den Entwurf einer Stellplatzsatzung zu erarbeiten“.

Ein Grund für das Zögern – so erklärt nun das Planungsdezernat – ist das Fehlen der notwendigen Durchführungsverordnungen. Sachsen hat zwar seine Bauordnung novelliert und die Stellplatzpflicht gestrichen. Wie die Kommunen aber mit der Gestaltungsfreiheit umgehen dürfen, scheint noch nicht geklärt.

„Der Freistaat Sachsen hat Ende letzten Jahres dann mit einer Novelle der Landesbauordnung (SächsBO) die rechtliche Grundlage dafür geschaffen, als Kommune in diesem Bereich mit einer eigenen Satzung regelnd tätig zu werden. Allerdings sind damit noch nicht alle notwendigen rechtlichen Fragen und Themen geklärt. Insbesondere ist auf die noch fehlende Durchführungsverordnung zur SächsBO und auf die Problematik der Anwendung der Verwaltungsvorschrift zu § 49 SächsBO, die in Tabellenform nach Nutzungsart und Personenzahl die Anzahl der zu schaffenden Stellplätze im Baugenehmigungsverfahren in Form von Richtwerten festlegt, zu verweisen.“

Was die Stadt – wohl berechtigterweise – befürchtet, ist ein rechtlich unsicherer Zustand, der für gewöhnlich dazu führt, dass sich die Stadt dann später, wenn die Juristen sich endlich geeinigt haben, vor Gericht wiederfindet und mit teuren Regressforderungen von Bauherren konfrontiert ist.

Das führt das Planungsdezernat, das zum Grünen-Antrag Stellung genommen hat, so aus: „Im Gegensatz zur gefestigten Rechtsprechung in Anwendung der Regelungen der SächsBO gibt es für eine kommunale Satzung diese Erfahrung noch nicht. Gleichwohl muss diese in hohem Maße rechtssicher sein, da sie dann ebenso der gerichtlichen Überprüfung unterliegt und eine Vielzahl von Einzelfällen unter den verwaltungsrechtlichen Aspekten wie Gleichbehandlung, Angemessenheit usw. regeln muss.“

Da hilft dann augenscheinlich nichts anderes, als sich Zeit zu lassen und erst mal alle Rechtsunsicherheiten auszuräumen. Die Stadtverwaltung schlage daher ein Verfahren vor, „in dem notwendige verwaltungsinterne Untersuchungen und eine breite Beteiligung von Interessenvertretern und Stadtrat zur Entscheidung führen sollen, ob und mit welchen Inhalten eine Stellplatzsatzung zweckmäßig und rechtssicher erstellt werden kann und soll und wie nachfolgend ein konkreter Entwurf zur Ratsentscheidung gebracht wird.“

Natürlich will man auch erst mal schauen, wie es die anderen machen, denn andere Länder haben die alte „Reichsgaragenordnung“ ja schon vor Jahren abgeschafft und nutzen ihre Stellplatzordnung auch dazu, die Mobilitätsentwicklung in der Kommune zu steuern – zum Beispiel, indem sie die Zahl der Stellplätze in vom ÖPNV gut erschlossenen Gebieten reduzieren. Wobei natürlich die Frage auftaucht: Wann ist ein Gebiet gut erschlossen?

Aber so weit ist Leipzig noch nicht: „Beginnend mit der rechtsvergleichenden Prüfung von Regelungen in anderen Kommunen und Bundesländern, eventuell vorhandener Rechtsprechung und einer parallelen Prüfung der speziellen Anforderungen in der Stadt Leipzig aufgrund der bisherigen Erfahrungen mit den bislang geltenden Regelungen, soll v. a. ein Abgleich mit weiteren sich entwickelnden Regelungen, wie z. B. der in diesem Jahr zu erwartenden Durchführungsverordnung zur SächsBO, erfolgen.“

Und so will man die Sache lieber Schritt für Schritt angehen:
1. Verwaltungsinterne Abstimmung bis Ende III. Quartal 2016
2. Durchführung eines Workshops mit den Fraktionen des Stadtrates bis Ende 2016
3. Gegebenenfalls Durchführung eines Workshops mit Interessenvertretern im I. Halbjahr 2017
4. Beschlussvorschlag Satzung für den Stadtrat Ende 2017

Der Grünen-Antrag.

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