Auch Sachsen und Leipzig bekommen es zu spüren, dass die Hardliner der europäischen Abschottungspolitik den Zugang über die Balkanroute verstopft haben. Es kommen deutlich weniger Flüchtlinge an. Auch in Leipzig. Bis zum 20. Mai waren es in Leipzig insgesamt 1.012, teilt das Sozialdezernat in einem seiner monatlichen Berichte zur Asylunterbringung mit. Was aber keine Entspannung bedeutet.

Denn während der Freistaat die ersten fünf Erstaufnahmeeinrichtungen schon wieder schließen konnte, müssen die Kommunen langfristige Unterbringungen für die ankommenden Flüchtlinge schaffen. Und dabei gilt der Leitsatz, dass insbesondere der Aufenthalt in Gemeinschaftsunterkünften so bald wie möglich beendet werden soll. Doch schon 2015 hatte Leipzig erhebliche Schwierigkeiten, die an die Stadt überwiesenen Flüchtlinge in festen Unterkünften unterzubringen.

Die Stadt kommt mit dem Bau entsprechender Unterkünfte gar nicht schnell genug hinterher, so dass der Großteil der Ankömmlinge einige Monate in einer Gemeinschaftsunterkunft leben muss, bis eine bessere Lösung gefunden wird.

„Der Aufenthalt in einer Gemeinschaftsunterkunft ist insbesondere in der Anfangszeit sinnvoll, um mit Hilfe von Sozialer Arbeit das Ankommen und den Integrationsprozess bestmöglich zu unterstützen. Asylsuchende sollen dann so bald wie möglich in eine eigene Wohnung ziehen können“, teilt das Dezernat in seiner Auswertung für den Mai mit. „86 % aller Personen, die in einer Leipziger Gemeinschaftsunterkunft wohnen, halten sich dort maximal bis zu 12 Monate auf. Lediglich 14 % der Bewohner leben bereits länger als 12 Monate in einer Gemeinschaftsunterkunft.“

Fast 3.000 Plätze hat Leipzig in solchen Gemeinschaftsunterkünften, die meisten 2015 meist provisorisch aus dem Boden gestampft.

„Von den Personen, die zu Ende April 2016 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhielten (4.902), lebten im März 67 % in einer Gemeinschaftsunterkunft einschließlich Pensionen und in einem Übergangswohnheim sowie dem Übernachtungshaus für Wohnungslose“, so das Sozialdezernat. „33 % lebten in einer eigenen Wohnung außerhalb einer Gemeinschaftsunterkunft. Davon hatten 51 % einen eigenen Mietvertrag und 49 % lebten in einer Gewährleistungswohnung.“

Aktuell stehen sogar 4.551 Plätze in Gemeinschaftsunterkünften, einschließlich Pensionen, zur Verfügung.

Natürlich muss Leipzig weiter planen und bauen, denn in Aussicht gestellt sind in diesem Jahr eigentlich über 6.000 Asylbewerber für Leipzig. Gekommen sind bis zur vergangenen Woche freilich erst 1.012. Was keinesfalls beruhigen darf. Denn damit, dass die EU mit der zunehmend autokratischen Türkei einen Kuhhandel getroffen hat, ist das Flüchtlingsproblem ja nicht gelöst. Die Flüchtlinge insbesondere aus Syrien und der Türkei hängen nun eben nicht mehr in Griechenland fest, sondern in der Türkei, wo ihre Unterbringung keineswegs besser ist.

Die Kriege in Syrien und Irak sind nicht beendet. Dafür weichen die Flüchtlinge auf neue, noch viel gefährlichere Routen aus, um eine Rettung in Europa zu finden.

Gleichzeitig steigen die Flüchtlingszahlen aus Afghanistan an. Afghanen bilden mittlerweile nach Syrern das zweitstärkste Kontingent von Flüchtlingen, die Leipzig erreichen.

Leipzig ist also gut beraten, die entsprechenden Unterbringungskapazitäten zu errichten: Für 2016 werden derzeit 3.741 neue Plätze gebaut. Für 2017 sind derzeit 2.090 neue Plätze geplant.

Zu den neuen großen Unterkünften gehört zum Beispiel in diesem Jahr die Interims-Nutzung für das Schulgebäude in der Karl-Heine-Straße 22b, das eigentlich zu einem neuen Gymnasium umgebaut werden soll. Containerdörfer werden An den Tierkliniken 48 (für 350 Personen), in der Braunstraße 28 (für 250 Personen), am Barnet-Licht-Platz (für 306 Personen) und am „Prager Dreieck“ (für 346 Personen) errichtet. Von „Modulen“ spricht die Stadtverwaltung bei einer Unterkunft für 500 Personen, die bis Dezember in der Diezmannstraße 12 entstehen soll.

Andere Nutzungen – wie zum Beispiel die Nutzung der ehemaligen 3. Grundschule in der Bernhard-Göring-Straße – enden in diesem Jahr. Dasselbe trifft auf die Unterkunft in der Messehalle 17 (550 Personen), im Baumarkt Schomburgkstraße (400 Personen) oder die Zelte am Deutschen Platz (400 Personen) zu.

Das Sozialdezernat dazu: „Die Nutzung von Notunterkünften wie in den Zelten und der Messehalle 17 wird so bald wie möglich beendet, wenn ausreichend andere Kapazitäten zur Verfügung stehen.“

Die Vorlage zur Asylbewerberunterbringung im Mai.

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