Da hat man sich in Leipzig so richtig hineingeschunkelt in der Welt des „Wassertouristischen Nutzungskonzeptes“, mit dem man glaubt, den Leipzigern die neu entstehende Wasserlandschaft verkaufen zu müssen wie heiße Wecken. Und dann hat man irgendwie vergessen, den Bootsausleihern zu sagen, dass sie zum Betrieb ihres Verleihs eine Genehmigung brauchen.
Die Sache wird seit 2011 vom novellierten Sächsischen Wassergesetz geregelt und gilt somit für alle Gewässer Leipzigs, bis auf den Verleih am Elster-Saale-Kanal, welcher als Bundeswasserstraße dem Wasser- und Schifffahrtsamt Magdeburg zugeteilt ist. Dabei geht es nicht um private Paddel- oder Ruderboote. Die fallen alle unter Gemeingebrauch, was heißt: Wer auf Leipzigs Gewässern mit seinem muskelbetriebenen Boot zu Wasser gehen will, kann das ohne Genehmigung tun.
Anders ist das bei motorbetriebenen Booten, die grundsätzlich eine „Erlaubnis zum Befahren der Gewässer mit motorbetriebenen Wasserfahrzeugen“ brauchen, und mit anderen gewerblichen Nutzungen der Flüsse und Seen. Das heißt: Auch Bootsverleihe brauchen eine „Gewässerbezogene Sondernutzungsgenehmigung nach Paragraf 5 Abs. 3 Sächsisches Wassergesetz“. Die kann man bei der zuständigen Wasserbehörde beantragen, das ist in Leipzig das Amt für Umweltschutz.
Doch wie jüngst eine Landtagsanfrage des Grünen-Abgeordneten Wolfram Günther ergab, wurden seit 2011 keine solchen Sondernutzungsgenehmigungen in Leipzig ausgereicht. In seiner Interpretation heißt das folgerichtig: Der gewerbliche Bootsbetrieb im Leipziger Auwald sowohl mit Motorboten, als auch allen muskelbetriebenen Booten erfolgt seit Jahren ohne Genehmigung.
Nach der Schifffahrtsgesetzgebung gilt der Bootsverleih eben nicht als allgemein zulässiger Gemeingebrauch. Deshalb müssen die Bootsverleihbetriebe zwingend eine sogenannte „Gewässerbezogene Sondernutzungsgenehmigung“ nach Paragraf 5 Abs. 3 Sächsisches Wassergesetz bei der zuständigen Wasserbehörde beantragen.
„Laut der Antwort des Umweltministers wurde für das Stadtgebiet von Leipzig wenigstens seit dem Jahr 2011 keine Genehmigung erteilt. Die Stadtverwaltung muss dafür sorgen, dass der Bootsbetrieb mit gewerblichen Verleihbooten nur im Rahmen legaler Genehmigungen erfolgt“, fordert Günther nun nachdrücklich. Und betont: „Der Zwang zur Beantragung von Sondergenehmigungen ist keine Schikane. Das gesetzlich festgelegte Regel-Ausnahme-Verhältnis dient insbesondere dazu, Gewässer vor einer Übernutzung zu schützen. Diesen Schutz braucht gerade der als europäisches Naturschutzgebiet ausgewiesene Leipziger Auwald zwingend. Die mangelhafte Beschränkung der Verleihboote und die fehlenden Genehmigung mit beschränkenden Auflagen führt zum Beispiel regelmäßig zu Himmelfahrt zu teilweise chaotischen Zuständen im Auwald und dort besonders im sehr engen Floßgraben.“
Denn indem die Untere Wasserbehörde mit der Sondergenehmigung auch die Zahl der verleihbaren Boote begrenzt, kann sie die Nutzung der Gewässer steuern. Steuern kann sie auch durch weitere Auflagen, etwa die Einschränkung der zu befahrenden Gewässer räumlich oder zeitlich. Was zum Beispiel im Floßgraben eine Rolle spielt, wenn die Befahrung des Floßgrabens in der Brutzeit des Eisvogels wieder amtlich beschränkt werden muss.
Und so fordert es auch Günther als umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion vom Leipziger Amt für Umweltschutz, das hier zwingend seiner Aufgabe nachkommen muss, die gewerbliche Nutzung der Gewässer auch zu kontrollieren: „In den Genehmigungen für Bootsverleiher im Leipziger Auwald müssen zahlenmäßige Beschränkungen und Befahrungskontingente je nach Naturschutzstatus und Gewässerbreite verankert werden. Im hochsensiblen Floßgraben sollte sich der Verleihbetrieb hin zu geführten Touren entwickeln. Aus Naturschutzgründen gelten dort 50 Bootsbewegungen pro Tag als das Maximum.“
Und völlig unklar ist, in welchem versicherungsrechtlichen Rahmen die Nutzer der geliehenen Boote eigentlich paddeln. Wolfram Günther sieht zumindest ein derzeitig erhebliches Risiko für die Verleiher sowie die Bootsmieter: „Es ist unklar, wie sich Versicherungen bei nicht vorliegenden Sondergenehmigungen im Schadensfall verhalten werden.“
Kann man natürlich hoffen, dass nichts passiert. Aber gerade die Übernutzung einiger Gewässerabschnitte führt auch immer häufiger zu gefährlichen Situationen.
Die Anfrage von Wolfram Günther zu Gewässerbezogenen Sondernutzungsgenehmigungen für Bootsverleiher.
In eigener Sache
Frühling? Jetzt bis 8. April (23:59 Uhr) für 49,50 Euro im Jahr die L-IZ.de & die LEIPZIGER ZEITUNG zusammen abonnieren, Prämien von den “Hooligans Gegen Satzbau”, Schwarwel oder fhl Verlag abstauben und vielleicht mit einem „Leipzig-Rad“ in den Sommer radeln. Einige Argumente, um Unterstützer von lokalem Journalismus zu werden, gibt es hier.
Überzeugt? Dann hier lang zu einem Abo …
Es gibt 3 Kommentare
Es muss erst etwas böses passieren, vielleicht gar böse und groß, mit Schmerz und Schaden und Versicherung, Anwalt und Gericht, bevor wir näheres erfahren werden.
So lange bleibt alles im Neben oder unter Wasser oder im Schlamm der Geflechte und Interessen.
richtig, im vergangenem Jahr war ich einige Male mit meinem eigenen Faltboot im Leipziger Gewässer (Pleiße, Batschke-Floßgraben, Elster, Elstermühlgraben) unterwegs. Irgendwie hatte ich den Eindruck, ich befände mich auf einer Kanu-(Auto-)bahn, made by Bootsherold (oder wie die alle heißen).
Es ist natürlich mitnichten so, daß die Verwaltung keine Kenntnis von der Rechtslage (Lediglich der Gemeingebrauch ist erlaubnisfrei. Darüber hinaus auch besonders geschützt, weshalb lediglich ein übergeordnetes öffentliches Interesse zu seiner Einschränkung führen darf.) hat. Doch insbesondere bei der Gewässernutzung scheint der üble Slogan von der sogenannten “Leipziger Freiheit” ganz besonders üble Blüten zu treiben…
Legal, illegal, sch….egal.