Nein, es geht nicht schnell genug beim Leipziger Schulbau. Mit aller Wucht bekommt es die Stadt zu spüren, dass die Schülerzahlen kräftig ansteigen, das Neubauprogramm aber viel zu spät gestartet und viel zu oft vertrödelt wurde. Und auch die Fortschreibung des „Schulentwicklungsplans der Stadt Leipzig“, die Sozialbürgermeister Thomas Fabian im März vorstellte, greift für CDU- und SPD-Fraktion zu kurz.

Die beiden Stadtratsfraktionen haben sich deshalb in einem gemeinsamen Änderungsantrag zur Schulnetzplanung positioniert, der vor allem mehr Tempo fordert.

„Wir standen vor der schwierigen Entscheidung im Unterausschuss, ob wir die Vorlage jetzt beschließen wollen oder die Zahlen nach Veröffentlichung der neuen Bevölkerungsprognose in einer neuen Vorlage überarbeiten. Wir haben uns für den Weg entschieden, der bei Schulbau- und -planung weiter aufs Tempo drückt“, erläutert Ute Köhler-Siegel (SPD), Vorsitzende des Unterausschusses, die Lage.

Das Problem der im März vorgelegten Fortschreibung, die im Ergebnis mindestens 14 neue Schulen in Leipzig bis 2020 als zwingend festschreibt, ist die fehlende neue Bevölkerungsprognose. Die letzte, auf der der Schulentwicklungsplan jetzt aufbaute, stammt von 2013. Sie war – für damalige Verhältnisse – sehr ambitioniert. Doch der Bevölkerungszuwachs in den folgenden Jahren war so groß, dass selbst die seinerzeit höchste Vorausschätzung wieder übertroffen wurde.

Weshalb sich Leipzigs Statistiker ja hingesetzt und versucht haben, eine neue Prognose auf Grundlage der neuen Entwicklungen zu berechnen. Die neue Prognose soll am 20. April vorgestellt werden.

Für die CDU habe bereits bei Veröffentlichung der Vorlage im Sommer vergangenen Jahres festgestanden, dass die Datenbasis nicht mehr der Realität entspreche. Daher habe man sich nun entschlossen, eine Fortschreibung des Schulentwicklungsplans im Jahr 2017 und eine neue Berechnungsmethode der Zahlen zu fordern: „Wir bleiben bei unserer Kritik. Doch wollen wir Lösungen für die angespannte Situation im Schulwesen und uns nicht verweigern. Daher haben wir das Gespräch mit der SPD gesucht und freuen uns, dass die Kollegen gemeinsame Wege unterstützen“, erklärt dazu Michael Weickert, schulpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion.

Beide Stadträte sind sich einig, dass beim Thema Schule in der Geschwindigkeit nicht nachgelassen werden dürfe. Dies bedeute auch, dass die Verwaltung kurzfristige Lösungen zur Entspannung der Schulsituation vorlegen müsse, die unabhängig von der Schulnetzplanung seien. Beide Fraktionen hatten schon das Thema privater Schulbau vorangetrieben und zeigen sich auch in der Frage nach einer neuen Berechnungsmethode und einer darauf aufbauenden zügigen Fortschreibung einig.

„Die Fraktionen müssen die Verwaltung insgesamt weiter antreiben, beim Schulbau nicht nachzulassen. Wir können uns keine Diskussionen über falsche Berechnungen leisten, sondern müssen konzentriert daran arbeiten, die schulpolitischen Herausforderungen zu bewältigen“, sagt Köhler-Siegel. Weshalb beide Fraktionen zwar einen gemeinsamen Änderungsantrag zum neuen Schulentwicklungsplan vorgelegt haben, aber die Beschlussfassung nicht bis ins nächste Jahr verzögern wollen.

Deswegen die erste Ergänzung: „Die Maßnahmen der Fortschreibung 2016 werden, trotz der in der Vorlage zu niedrig berechneten Zahlen, umgesetzt.“

Die CDU-Fraktion, so betont Weickert, wolle den Fokus in der Zukunft nicht mehr auf eine falsche Datenbasis legen, sondern weiterhin dem Thema Schulbau oberste Priorität einräumen.

„Eine korrekte Datenbasis, die nicht nur auf einer Bevölkerungsprognose, sondern auch auf reellen Geburten und Zuzügen beruht, muss in der Zukunft eine Selbstverständlichkeit sein. Leipzig wächst stetig und braucht in den kommenden Jahren fast 30 neue Schulen insgesamt. Dort müssen strategische und nachhaltige Entscheidungen getroffen werden, die mit dem gemeinsamen Änderungsantrag möglich sind“, betont der CDU-Stadtrat.

Also soll es 2017 – dann auf Basis der neuen Bevölkerungsprognose – gleich wieder eine Fortschreibung des Schulentwicklungsplanes geben. Im Änderungsantrag heißt es dazu: „Die Fortschreibung des Schulentwicklungsplanes erfolgt auf Grundlage der neuen Berechnungsmethode schnellstmöglich im Jahr 2017. Die Vorlage dazu wird bis Ende des II. Quartals ins Verfahren gegeben.“

Für die Mitarbeiter des Amtes für Statistik und Wahlen bedeutet das aber tatsächlich einen zusätzlichen Arbeitsauftrag. Der steckt in der Begründung zu Antragspunkt 6: „Das Amt für Statistik und Wahlen erstellt jährlich eine kleinräumige Bevölkerungsentwicklung der zu erwartenden Einschulungsjahrgänge (stadtteilbezogen) mit Hilfe des bisher schon verwendeten Programms SIKURS. Dabei werden die Daten des Stadtplanungsamtes zur Entwicklung des Wohnungsbaupotentials im Stadtteil berücksichtigt. Diese Daten sind notwendig, um die Bedarfe besonders an Grundschulen besser und vorausschauender planen zu können. Die Berechnung der Bedarfe wird somit nicht mehr ausschließlich auf Grundlage der Bevölkerungsprognosen des Amtes für Statistik und Wahlen erstellt.“

Das Ganze ähnelt natürlich frappierend der seit 2005 geführten Diskussion um Kita-Plätze, auch da war das Grundproblem, dass das Wachstum der Geburtenrate in Leipzig anfangs völlig unterschätzt wurde und am Ende eine regelrechte Hasenjagd draus wurde, in der Leipzig versuchte, irgendwie mit dem Kita-Bau wieder die Bedarfszahlen abzudecken – eine Jagd, die bis heute nicht wirklich beendet ist.

Im Schulhausbau haben neben den fehlenden Geldern für ein richtig ambitioniertes Bauprogramm auch die zähen Verhandlungen um wichtige Baugrundstücke die Entwicklung in zentralen Stadtteilen ausgebremst. Auch das sind Probleme, die bis heute nicht behoben sind und dringend eine Lösung brauchen, wenn nicht am Ende Containerschulen die Lösung für Leipzig sein sollen.

Der gemeinsame Änderungsantrag von CDU- und SPD-Fraktion.

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