Es ist nicht das erste Mal, dass der grüne Landtagsabgeordnete Wolfram Günther die Regierung fragt und eine Antwort bekommt, die ihn erst mal stutzen lässt. Nicht weil Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) etwas Falsches geantwortet hätte, sondern weil dessen Antwort ein gewaltiges Loch im Raum Leipzig sichtbar macht: ein großes Genehmigungsloch in Sachen Bootsverleihe. Denn die Verleiher sind augenscheinlich seit fünf Jahren ohne Genehmigung tätig.

In Leipzig zumindest. Schon im Leipziger Neuseenland sieht es anders aus, da haben Verleihfirmen – insbesondere die für Motorboote – seit 2011 sehr regelmäßig Anträge auf Genehmigungen zur Nutzung der Seen gestellt – und mit entsprechenden Auflagen genehmigt bekommen. Denn um die natur- und wasserschutzrechtlichen Auflagen geht es natürlich immer. Wenn man Betreiber nicht auf Regeln und Zeiträume verpflichtet, kann auch niemand kontrollieren, ob diese auch eingehalten werden.

Noch viel eifriger sind die Ausleiher etwa an der Mulde und auf der Talsperre Kriebstein hinterher, ihren Betrieb mit eingeholten Genehmigungen rechtlich abzusichern.

Doch im Leipziger Gewässerknoten scheint das niemanden zu interessieren, obwohl das Sächsische Wassergesetz so eine Genehmigung zwingend vorschreibt. Das ist in Paragraph 5, Absatz 3 des Sächsischen Wassergesetzes geregelt: „(3) Nutzungen, die keine Benutzungen nach § 9 Abs. 1 und 2 WHG sind und für die nach dem Wasserhaushaltsgesetz oder diesem Gesetz keine Zulassungsfreiheit vorgesehen ist, bedürfen einer Gestattung durch die zuständige Wasserbehörde. Für die Erteilung der Gestattung gilt § 26 Abs. 2 bis 6 entsprechend. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für die wesentliche Änderung einer Nutzung.“

Der § 9 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) regelt vor allem die Modalitäten der Wasserentnahmen, betrifft also nicht die Nutzung mit Booten. Die ist in zwei völlig unterschiedlichen Paragraphen geregelt. Das eine ist § 25 des WHG, wo es um den Gemeingebrauch geht: Wer ein muskelbetriebenes Boot hat, darf Gewässer benutzen, ohne dafür extra noch irgendwo anfragen zu müssen: „Jede Person darf oberirdische Gewässer in einer Weise und in einem Umfang benutzen, wie dies nach Landesrecht als Gemeingebrauch zulässig ist, soweit nicht Rechte anderer dem entgegenstehen und soweit Befugnisse oder der Eigentümer- oder Anliegergebrauch anderer nicht beeinträchtigt werden. Der Gemeingebrauch umfasst nicht das Einbringen und Einleiten von Stoffen in oberirdische Gewässer.“

Aber das gilt nur für die ganz private, nicht die wirtschaftliche Nutzung der Gewässer. Die ist im erwähnten Paragraphen des Sächsischen Wassergesetzes geregelt. Und der bedeutet nun einmal: Wer Gewässer anders nutzt, als es für den Gemeingebrauch geregelt ist, braucht zwingend eine Genehmigung.

Bootsverleihe – und zwar nicht nur für Motorboote – gehören logischerweise dazu.

Und die Anfrage von Wolfram Günther an den Umweltminister hat jetzt eine Anfrage im Leipziger Stadtrat zur Folge. Denn wirklich erklärlich ist das nicht, dass in Leipzig ein halbes Dutzend Bootsverleihe tätig sind – teilweise mitten im Naturschutzgebiet Auwald – und seit 2011 trotzdem keine Genehmigung beantragt haben. Ausnahme: der Bootsverleih am Elster-Saale-Kanal. Der hat eine Genehmigung vom Wasser- und Schiffahrtsamt in Magdeburg.

„Paddelboote, Kanus und Kajaks sind positive Beispiele für sanften und naturnahen Gewässertourismus. Die weiter steigende Beliebtheit des Wassersports quasi vor der Haustür und die sehr guten Bedingungen dafür, lassen fragen, ob es irgendwann der Regulierung zum Schutz der Natur bedarf“, stellen drum die Grünen in einer Anfrage an die Leipziger Verwaltung fest.

Und erklären dann noch einmal, warum sie fragen: „Das Sächsische Wassergesetz ordnet diesbezüglich die verschiedenen Aufgaben und Zuständigkeiten auch durch Genehmigungen für Bootsverleihe im Freistaat. Die Überprüfungen vor Erteilung einer Sondergenehmigung dienen insbesondere dem Schutz der Gewässer vor Übernutzung, insbesondere dann, wenn es sich um Gewässer in Naturschutzgebieten handelt. Damit wäre eine Begrenzung der möglichen maximalen Befahrungen für besonders sensible Bereiche als Vorgabe, insbesondere auch für die motorbetriebenen Mehrpersonenboote, zu erwarten.“

Doch nach der Antwort des zuständigen Umweltministeriums auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag wurden in ganz Sachsen seit 2011 nur 30 Sondergenehmigungen nach § 5 Abs. 3 Sächsisches Wassergesetz für Bootsverleihe mit entsprechenden Auflagen zum allgemeinen Betrieb und Naturschutz ausgesprochen. Für die Leipziger Gewässer I. Ordnung, und damit in der Zuständigkeit der Landestalsperrenverwaltung Sachsen, wurden in diesem Zeitraum jedoch keine Genehmigungen erteilt.

Was ja eigentlich heißt: Das Befahren der Gewässer des Leipziger Auwaldes mit Leihbooten unter anderem auf der Weißen Elster, dem Elsterbecken, dem Elsterhochflutbett, der Pleiße und dem Pleißeflutbett erfolgt demnach in diesem Zeitraum bisher ungenehmigt. Zuständig für die Genehmigung wäre die Untere Wasserbehörde, also das Leipziger Umweltschutzamt. Für gewöhnlich regeln die Genehmigungen die Dauer der Bootssaison, die Ein- und Ausstiege und auch die Maximalzahl von Booten auf besonders sensiblen Gewässern, sichtlich ein Thema, das in Leipzig immer wieder gerade zu Problemen im Floßgraben führt.

Und so lautet die berechtigte Frageliste der Leipziger Grünen-Fraktion:

„Ist der Stadt Leipzig bekannt, dass Anträge für die Nutzung von Gewässern I. Ordnung auf ‚Gewässerbezogene Sondergenehmigungen‘ von Bootsverleihen bei der Sächsischen Landestalsperrenverwaltung gestellt werden müssen?

Hat die Stadt Leipzig stattdessen auf Antrag ‚Gewässerbezogene (Sonder-)Genehmigungen‘ an Leipziger Bootsverleihe als Untere Wasserbehörde für die Leipziger Flüsse erteilt? Wenn ja, auf welcher Grundlage?

Wie viele Anträge für die kommende Saison liegen der Unteren Wasserbehörde von Bootsverleihern vor? Sind die Bescheide/Genehmigungen schon erteilt worden? Wenn ja, auf welcher Grundlage?

Wie viele Anträge für die Genehmigung von motorbetriebenen Booten für die Befahrung der Gewässer I. Ordnung liegen für 2016 der Unteren Wasserbehörde vor? Welche Ausnahmen wurden für Boote mit Verbrennungsmotoren erteilt?“

Die Anfrage von Wolfram Günther zu Gewässerbezogenen Sondernutzungsgenehmigungen für Bootsverleiher.

Korrektur, 20. März: In einer früheren Fassung des Artikels wurde auch der Bootsverleih am Elster-Saale-Kanal genannt. Doch das war in diesem Zusammenhang falsch. Der Elster-Saale-Kanal ist als Bundeswasserstraße dem Wasser- und Schifffahrtsamt Magdeburg zugeteilt. Nach Auskunft de Betreibers des Bootsverleihs hat er dort seine Genehmigng beantragt und auch bekommen, betreibt also seinen Verleih mit rechtlicher Genehmigung.

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Es gibt 3 Kommentare

Vielleicht hätte auch ein Blick in´s WTNK geholfen. Dieses, wurde im Auftrag des sogenannten Grünen Rings Leipzig, dessen Sprecher und damit Chef der Umweltbeigeordnete, BM Rosenthal (Die Linke) ist, erstellt und schon mehrfach im Stadtrat und in der OBM-Runde besprochen. Dort sollen auch Grüne sitzen, glaube ich.
Ein Blick dort in Teil D, Juristische Expertise; S. 134 ff., hätte etwas Licht in´s Dunkel gebracht. Auch, wenn das Gutachten vor der Novellierung des Sächs W(asser)G(esetzes) erstellt wurde, hat es weiterhin Gültigkeit. Begrifflichkeiten wurden neu gefaßt.
In dem GA wird explizit darauf hingewiesen, das jede Nutzung außerhalb des Gemeingebrauchs erlaubnispflichtig ist.
Das ist ja der tiefere Grund für das sogenannte “Amt für Stadtgrün und Gewässer” vehement eine Schiffbarkeitserklärung zu fordern, da dann die Gestattungspflicht entfällt. Keine Gestattungen mehr erteilt werden müssen und jeder mit seinem Motorboot nach Herzenslust herumdüsen kann. Das fördert nämlich nach Lesart eben dieses Amtes den “Wasser – Tourismus” – den es in Wahrheit gar nicht gibt (und auch nie geben wird – was auch diesem GA zu entnehmen ist). Worin auch der eigentliche Zweck eben dieses Amtes zu bestehen scheint – Tourismuförderung. Oder jedenfalls das, was der Amtsleiter und seine Gewässerausbaubeauftragte Zabojnik darunter verstehen. Touriosmusförderung mittels motorisierten Bootsverkehrs.
Und eben jene Erlaubnispflicht hat den Freistaat Sachsen zur Novellierung des SächsWG veranlaßt. Handsterichartig wurde für die Tagebaurestlöcher diese Erlaubnispflicht gestrichen, in dem die Tagebausrestlöcher einfach für schiffbar und damit zu Straßen erklärt wurden. Mithin auch der Gemeingebrauch dort nicht mehr möglich sein wird. Wo ein Motorboot ist, kann kein Schwimmer sein. Auf der Straße hat auch der motorisierte Verkehr Vorrang vor dem unmotoriserten Verkehr. So ist es dann auch auf dem für schiffbar erklärten Gewässer.

Übrigens wird in diesem juristischen Gutachten auch darauf verwiesen, daß und warum der Elster-Saale-Kanal kein (!) schiffbares Gewässer ist. Weshalb eine motoriserte Bootsnutzung auch dort nicht ohne Erlaubnis (Gestattung), möglich ist.
Was der Auftraggeber dieses Gutachtens auch weiß.

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