Eigentlich war die Antwort der Verwaltung auf den SPD-Antrag sehr deutlich - gemessen an der sonst geübten Zurückhaltung der Dezernate: Die SPD-Fraktion hatte beantragt, die stadteigene Entwicklungsgesellschaft LESG mit dem Bau von Schulen zu beauftragen. Weil es so möglicherweise schneller gehen könnte.

Aber diesen Passus hat der Antragsteller wohl völlig überlesen: „Eine über den abgestimmten Rahmen hinaus gehende Beauftragung von Maßnahmen im Kita- und Schulhausbau ist im Sinne des Antrages nicht zielführend”, heißt es jetzt in der Stellungnahme der Verwaltung. „Die LESG müsste über das bisherige Volumen hinaus im Rahmen des Investorenmodells weitere ansteigende Verbindlichkeiten eingehen. Parallel dazu wäre eine nachhaltige Personalstruktur mit Neueinstellungen zur fachlichen Absicherung des Aufgabenvolumens erforderlich. Auftragsschwankungen könnten dann wegen der wirtschaftlichen Struktur der LESG nur analog mit Personalschwankungen abgefedert werden, dies sollte keine Basis für eine städtische Gesellschaft sein.“

Übersetzt heißt das schlicht: DIe LESG hat gar nicht die finanzielle Kraft und schon gar nicht das Personal, um auch noch diese Aufgabe zu übernehmen.

Und noch ein bisschen weiter übersetzt: Wenn die Stadt Leipzig nicht endlich mehr Geld bekommt (zum Beispiel als Förderung vom Land), wird sie ihr Schulbauprogram nie und nimmer beschleunigen.

Aber wie gesagt: Irgendjemand in der SPD-Fraktion will das so nicht verstehen.

Und so kommt aus der Fraktion jetzt eine überarbeitete Antragsvorlage, die den alten Wein in neuer Verpackung serviert und das auch noch als „Neue Wege in der Realisierung von Schul- und Kitabaumaßnahmen gehen“ anpreist: „Die Stadtverwaltung beauftragt die LESG GmbH als 100-prozentige Tochter der Stadt Leipzig verstärkt mit der Realisierung von Schul- und Kita-Neubauten bzw. Schul- und Kita-Sanierungen.“

Lösen will der Antrag das Problem mit dem fehlenden Finanzpolster so: „Die damit notwendige Erhöhung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der LESG hat der Oberbürgermeister durch die Einleitung geeigneter Maßnahmen, zum Beispiel durch Kapitaleinlagen bzw. Grundstücksübertragungen sicherzustellen.“

Irgendwie scheint die Stadt also auf einem Berg von Geld (Kapitaleinlagen) und Grundstücken zu sitzen, die sie einfach mal aus der Hand geben und der LESG ins Betriebskapital stecken kann.

Wenn das so einfach ist: Warum wird dann nicht einfach das Personal im Planungsamt und dem Amt für Gebäudemanagement (AGM) aufgestockt?

In der SPD-Fraktion gibt es augenscheinlich noch ein paar Leute, die felsenfest daran glauben, dass die Finanzprobleme der Stadt damit zu lösen sind, dass die Verwaltung ihre Arbeit einfach in stadteigene Töchter auslagert.

„Den Weg, eine 100-prozentige Tochter der Stadt mit der Realisierung von Schul- und Kitabaumaßnahmen zu beauftragen, um damit das Amt für Gebäudemanagement zu entlasten, sind auch schon andere Städte mit ähnlichen Herausforderungen gegangen, z. B. Düsseldorf“, heißt es in der Vorlage. „Anders als Düsseldorf muss in Leipzig keine neue Gesellschaft gegründet werden, sondern kann mit der LESG GmbH auf eine bestehende Gesellschaft zurückgegriffen werden, die bereits Erfahrung auf diesem Gebiet gesammelt hat. So hat die LESG GmbH bereits Kita-Bauvorhaben realisiert und die neue Grundschule in Böhlitz-Ehrenberg gebaut.“

Aber irgendwie haben die Genossen nicht in die Statistik geschaut. Denn Düsseldorf hat mit seinen 604.000 Einwohnern (Leipzig: 570.000) einen Haushaltsetat von 2,6 Milliarden Euro (Leipzig: 1,5 Milliarden) und eigene Gewerbesteuereinnahmen von 900 Millionen Euro. Bei der Gewerbesteuer hat Leipzig 2014 erstmals einen Rekordwert von 273 Millionen Euro erreicht.  Und ist trotzdem ein armer Verwandter im Osten. Wer 900 Millionen Euro einsetzen kann, arbeitet auf einer ganz anderen Ebene als eine Kommune, die nur 273 Millionen hat. Bei der Einkommenssteuer ist es dasselbe: Düsseldorf kassiert anteilig 331 Millionen Euro, Leipzig – aufgrund des deutlich niedrigeren Einkommensniveaus – nur 121 Millionen. Bei der Umsatzsteuer und der Grundsteuer geht das so weiter.

Aber um Kapazitäten auszubauen – und sei es bei der LESG – braucht man zusätzliches Geld, denn was die Verwaltung aus anderen Töpfen umschichtet, fehlt ihr selbst. Aber genau so stellt sich das jemand in der SPD-Fraktion vor: „Inzwischen werden für einen Schulneubau von der Planung bis zur Übergabe mindestens fünf Jahre veranschlagt. Auch Sanierungsarbeiten benötigen lange Vorlaufzeiten. Angesichts der rasanten Bevölkerungsentwicklung und des Sanierungsvolumens ist das zu lange. Durch die Beauftragung der LESG GmbH für ausgewählte Projekte kann die Stadt in Ergänzung zum Amt für Gebäudemanagement weitere Kapazitäten zur Umsetzung der stark gestiegenen Bedarfe aufbauen und profitiert von der Flexibilität einer privatrechtlichen Gesellschaftsform. Insgesamt könnte dadurch eine größere Anzahl von Maßnahmen geplant und umgesetzt werden, weil eine parallele Ausführung durch Verwaltung und LESG GmbH möglich ist.“

Dabei hatte die Stellungnahme der Verwaltung recht deutlich betont, dass sich die gewünschte Flexibilität nicht erhöht, wenn die Stadt die Aufgabe auslagert. Es bleibt bei den fehlenden verfügbaren Geldern, bei der langwierigen Genehmigungspraxis in Sachsen. Und derzeit kommt auch noch die von Finanzbürgermeister Torsten Bonew verhängte Haushaltssperre hinzu, die solchen Versuchen, das Problem um zwei Ecken zu lösen, einen Riegel vorschieben.

Wenn die Krankheitsdiagnose nun einmal fehlende Finanzkraft heißt, muss die Krankheit auch genau an der Stelle angepackt werden. Und da ist man dann bei der Kommunalfinanzierung in Sachsen, die ihren Namen nicht mehr wirklich verdient, erst recht, wenn es um verlässliche Förderbedingungen für den Schulbau geht.

Da hilft auch der verschämte Zusatz nichts: „Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der LESG soll durch o. g. Maßnahmen sichergestellt werden.“

Der neu gefasste Antrag der SPD-Fraktion.

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