Bereits beim ersten Asylpaket wurde die SPD für die Unterstützung in der Großen Koalition kritisiert. Am Donnerstagmittag versammelten sich im Vorfeld der Entscheidung über das Asylpaket II spontan circa 40 Personen und appellierten an eine Ablehnung.
Es ist Mittag. Auf der Rosa-Luxemburg-Straße herrscht reger Straßenverkehr. Es sind nur wenig Fußgänger unterwegs. Eine Gruppe von knapp 40 Personen hat sich auf beide Straßenseiten verteilt. Das eine Grüppchen steht an einer Hauswand, an dem der Schriftzug SPD angebracht ist. Transparente werden hochgehalten. Ein Megafon steht bereit und findet auch seinen Einsatz.
Das Thema ist wieder einmal das aktuelle Dauerthema: Flüchtlinge, genauer Asylgesetzgebung. Ein zweites Gesetzespaket zur Beschleunigung der Verfahren soll demnächst den Bundestag passieren. Mit großer Mehrheit von 475 Für zu 68 Gegenstimmen bei 56 Enthaltungen wurde im Oktober 2015 das erste Paket verabschiedet. In ihm wurden unter anderem weitere sichere Herkunftsländer definiert, Finanzierungsunterstützungen und Fragen zur gesetzlichen Regelung der Unterbringung. Flüchtlingsinitiativen sprachen von einer Verschärfung, Befürworter sahen darin eher einen ordnenden Charakter.
Milan Richter gehört zu den Menschen, die an diesem Tag unangekündigt zum Protest vor dem SPD-Haus erschienen sind. Er spricht unter anderem mit einem Mitarbeiter der SPD, der den Dialog sucht.
Der SPDler kennt noch keine Details zu den Forderungen der Demonstranten. Das grobe Thema ist ihm aber klar. „Es ist ihr gutes Recht“, bewertet er die Aktion und teilt mit, dass die Bundestagsabgeordnete Daniela Kolbe das sogenannte Asylpaket II ablehnen würde. „Es trifft zu, dass Frau Kolbe gegen das Asylpaket II stimmen wird“, heißt es ebenfalls aus dem Büro der Abgeordneten.
Bei Richter nachgefragt, warum man sich hier zum Protest eingefunden hat, zeichnet er ein differenziertes Bild der Sozialdemokraten. „In der SPD ist vielleicht noch etwas zu bewegen“, gibt er sich hoffnungsvoll, „deshalb stehen wir auch nicht bei der CDU.“ Über weiterführende inhaltliche Kritikpunkte an der SPD spricht er nicht.
Es gebe mehrere Gründe, warum er gegen das neue Asylgesetz sei: Der Familiennachzug werde eingeschränkt, kranke Flüchtlinge einfacher abgeschoben und vieles mehr. „Es verstößt gegen jegliche Menschenrechte“, lautet sein Fazit. Das alte Asylgesetz steht bei ihm ebenfalls in der Kritik, weil Menschen damit abgeschoben werden können.
Sorgen machen ihm vor allem die Aussagen der SPD-Spitze. Sie würden widerspiegeln, dass einer rassistischen Grundstimmung innerhalb der Bevölkerung nachgegeben werde. Früher wären die heutigen Aussagen nicht denkbar gewesen, so seine Einschätzung. Nachgefragt, was daran die neue Qualität sei in Anbetracht der Entscheidungen zur Asylgesetzgebung in den 90iger Jahren, relativiert Richter seine Aussage. „Da gibt es ja diesen Spruch.“ Er rekurriert damit auf „Wer hat uns verraten, die Sozialdemokraten“, der träfe wohl immer zu, meint er.
Was würde wohl eine andere Regierung tun, eine Rot-Rot-Grüne beispielsweise? „Das kann ich nicht ohne Weiteres beantworten“, gibt er sich zögerlich. Die Grünen hätten entsprechenden Reglungen zugestimmt, die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei Sahra Wagenknecht habe ebenfalls zweifelhafte Sätze geäußert und Justizminister Heiko Maas (SPD) würde die alte NPD-Forderung nach der Abschiebung von kriminellen Ausländern umsetzen.
„Ich würde weniger an die Rolle von Deutschland appellieren“, erklärt Richter in Anbetracht der deutschen Versuche, eine gesamteuropäische Regelung zur Flüchtlingsfrage zu finden. Es gehe eher um einen Appell gegen rechte Stimmungen und verweist auf den Front National in Frankreich.
„Es gibt eine Verantwortung, Menschen in Europa aufzunehmen“, ist er sich sicher und macht sich mit anderen Demonstranten auf den Weg zur CDU Leipzig in der Innenstadt entgegen der anfänglichen Aussagen.
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