Kurz und knapp hielt sich Judith Gromeyer, als sie im Herbst die Petition "Wir fordern die Stadt Leipzig auf, keine kommunalen Flรคchen mehr an Zirkusbetriebe mit Wildtieren zu vergeben" bei der Stadt Leipzig einreichte. Der Stadtrat stand dem Anliegen offen gegenรผber. Jetzt hat die Stadtverwaltung ihren Standpunkt dazu formuliert. Sie stimmt nicht 100-prozentig zu, bietet aber so etwas wie eine Alternative an.

Denn irgendwie mรถchte Leipzigs Verwaltung die Zirkusse mit ihren wilden Tieren nicht ganz aus der Stadt vertreiben. Denn wenn man die Petition ernst nimmt, dรผrften Lรถwen, Elefanten, Tiger und andere Wildtiere nicht mehr mit dem Zirkus in die Stadt.

Der Text der Petition:

โ€œWildtiere sind an eine Haltung in menschlicher Obhut nicht angepasst und stellen daher besonders hohe Anforderungen an ihre Umwelt. Enge Transportwagen und Kรคfige, wie sie im Reisebetrieb von Zirkusunternehmen รผblich sind, erfรผllen bei weitem nicht die artspezifischen Anforderungen. Aber Wildtiere leiden nicht nur unter den Haltungsbedingungen, sondern auch durch die tรคglichen Auftritte in der Manege. Dort mรผssen die Tiere zu jedem Zeitpunkt โ€œfunktionierenโ€. Die Folgen von dauerhaftem Zwang, unnatรผrlichen Bewegungen, der Haltung in engen Kรคfigen, Wagen und kleinen Zelten sowie dem Transport sind Dauerstress, Krankheiten und Verhaltensstรถrungen.โ€

Der Nabu Leipzig unterstรผtzte die Petition รผbrigens.

โ€œDie Haltung von Wildtieren wie Elefanten, Raubkatzen und anderen in Zirkusbetrieben fรผhrt zu einer ganzen Reihe von verschiedenen Belastungen fรผr die Tiere. Die Unterbringung der Tiere in Kรคfigen bzw. fรผr die Artansprรผche ungeeigneten Temporรคrgehegen, der hรคufige Transport zwischen den Auftrittsorten sowie die Dressur zu bestimmten unnatรผrlichen Bewegungen und Verhaltensweisen fรผhren dazu, dass eine natรผrliche Lebensweise und Entwicklung der Wildtiere nicht stattfindet. Ein Schutz dieser Tiere im Sinne des Tierschutzgesetzes kann so unmรถglich garantiert werdenโ€, formulierte der Nabu-Vorstand im Vorfeld der Ratsversammlung am 16. Dezember, die sich mit dem Thema beschรคftigte. โ€œAus diesem Grund fordern wir den Stadtrat der Stadt Leipzig auf, der eingereichten Petition zuzustimmen. Die Stadt Leipzig kann keine Zirkusse mit Wildtieren verbieten, aber sie kann im Rahmen ihrer รถrtlichen Angelegenheiten bestimmen, keine kommunalen Flรคchen (beispielsweise der Volksfestpark Cottaweg) fรผr jene Zirkusse zu vergeben.โ€

Und man betonte dabei: โ€œDie Stadt Leipzig wรผrde mit diesem Beschluss einen Weg gehen, den bereits รผber 40 Stรคdte, darunter Dรผsseldorf, Kรถln, Mรผnchen oder Schwerin eingeschlagen haben. โ€“ Eine kulturell vielfรคltige Stadt wie Leipzig hat es nicht nรถtig, lediglich zur Unterhaltung von uns Menschen, das Leid und die unnatรผrliche Entwicklung von Wildtieren zu unterstรผtzen. Vielmehr kann sie einen Beitrag dazu leisten, den Wildtieren eine bessere Perspektive, wie die Unterbringung in Zoos oder Wildtierauffangstationen, zu geben. Ein erster Schritt dafรผr ist es, Zirkusse mit Wildtieren nicht weiter mit der Vergabe von kommunalen Flรคchen zu unterstรผtzen.โ€

Die Haltung des Ordnungsdezernats

So sieht es aber das Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport keineswegs. Im Gegenteil: โ€œEine Rechtsgrundlage fรผr eine Kommune, ein generelles Verbot fรผr Zirkusbetriebe, die Wildtiere fรผhren und/oder zur Schau zu stellen, auszusprechen oder ihnen das Fรผhren und/oder zur Schau stellen generell untersagen zu kรถnnen sowie eine diesbezรผgliche Rechtsnorm erlassen zu kรถnnen, ist nicht existent.โ€

Verweisen kรถnne man auf immerhin 39 Kontrollen innerhalb der letzten fรผnf Jahre bei gastierenden Zirkusbetrieben, welche Wildtiere zur Schau stellten. โ€œDie Kontrollen verliefen in Bezug auf die dort gehaltenen Wildtiere mit dem Ergebnis, dass die allermeisten Zirkusunternehmen ihre Wildtiere entsprechend den Vorschriften des Tierschutzgesetzes und der โ€˜Zirkusleitlinienโ€™ halten. Bei festgestellten VerstรถรŸen einiger weniger Zirkusunternehmen wurden Auflagen zur tierschutzgerechten Haltung erteilt. Generelle Probleme, die eine Untersagung des Zur-Schau-Stellens von Wildtieren im Zirkus auf dem Territorium der Stadt Leipzig  fรผr die zustรคndige Behรถrde notwendig oder mรถglich machen, bestehen nicht.โ€

Man will also nicht so wirklich konsequent sein. Aber man habe รผber mรถgliche Alternativen nachgedacht, betont das Ordnungsdezernat. Und die Mรถglichkeit, die man sieht, ist die Verpflichtung aller gastierenden Zirkusse auf die sogenannte Zirkusleitlinie.

โ€œDie Verwaltung wird im Ergebnis dessen zukรผnftig ihre Platzรผberlassungsvertrรคge erweiternโ€, erlรคutert das Dezernat seinen Sandpunkt. โ€œDie bundesweit geltenden Leitlinien fรผr die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder รคhnlichen Einrichtungen vom 26.10.2005 (sog. Zirkusleitlinie) werden als Anlage den Vertrag ergรคnzen. Die Zirkusse erhalten dadurch noch einmal die rechtlichen Voraussetzungen benannt, unter welchen Wildtiere zu halten sind und zur Schau gestellt werden kรถnnen. Die Einhaltung dieser wird auch seitens der Verwaltung der Stadt Leipzig kontrolliert und durchgesetzt, was bisher schon der Fall ist. Des Weiteren soll zukรผnftig im Platzรผberlassungsvertrag den Zirkussen explizit mitgeteilt werden, dass die Haltung, das Mitfรผhren und der Auftritt von Tieren ausschlieรŸlich unter Einhaltung des geltenden Tierschutzrechts zu erfolgen hat.โ€

Die Petition wurde zwischenzeitlich von รผber 3.000 Leipzigern unterschrieben. Zuletzt haben Dรผsseldorf, Osnabrรผck und Schwerin das Verbot beschlossen. Und die Stรคdte beriefen sich dabei auf einen EntschlieรŸungsantrag vom 25. November 2011. Und der wieder verwies darauf, dass dreizehn EU-Lรคnder schon ein komplettes Haltungsverbot fรผr Wildtiere im Zirkus erlassen hรคtten. Ganz verstรคndlich ist die Haltung des Leipziger Ordnungsdezernats also nicht unbedingt.

Die Petition.

Der Verwaltungsstandpunkt.

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