Klimaschutz hat viele Seiten. Und durch die Entscheidung auf dem Pariser Klimagipfel fühlen sich Leipzigs Grüne bestärkt. Sie hatten schon im der Vorwoche eine Anfrage zu möglichen Finanzanlagen der Stadt Leipzig in klimaschädlichen Investments gestellt. Denn was helfen alle Versprechen zum Klimawandel, wenn das Leipziger Geld in fossilen Investments steckt?
Ein Punkt, den die umweltpolitische Sprecherin der Leipziger Grünen-Fraktion nach der Pariser Entscheidung zum Ausstieg aus der fossilen Energiewirtschaft noch einmal betont: “Mit unserer Anfrage wollen wir als Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wissen, welche Investitionen und Finanzanlagen die Stadt Leipzig in ihren Unternehmen oder in Unternehmen, wo sie Mehrheitsgesellschafter ist, tätigt. Dahinter steht das Ziel, dass man sich von Aktien, Anleihen oder Investmentfonds trennt, die unökologisch oder unter ethischen Gesichtspunkten fragwürdig sind. Investitionen in fossile Brennstoffe stellen inzwischen ein Risiko für Investoren und für den Planeten dar.“
Mit dem UN-Klimavertrag von Paris beschloss die Weltgemeinschaft den Kampf gegen die Erderwärmung aufzunehmen und will die Ausbeutung fossiler Energien beenden. Damit wird der Druck größer, dass Staaten und Unternehmen aus der Finanzierung fossiler Energiereserven wie Kohle, Öl und Gas aussteigen müssen. Den Rückzug aus klimaschädlichen Investitionen nennt man Divestment.
Der kürzlich veröffentlichte neueste Bericht des Weltklimarats spricht eine deutliche Sprache.
Wenn wir die Klimaerwärmung auf unter 2º Celsius begrenzen wollen, darf der Großteil der fossilen Energiereserven wie Kohle, Öl und Gas nicht verbrannt werden, so Ludwig. Laut Weltklimarat, müssen Investitionen in fossile Energieträger jährlich um 30 Milliarden US-Dollar reduziert werden, während Investitionen in kohlenstoffarme Energiegewinnung um 147 Milliarden US-Dollar steigen müssen.
“Überall in der Welt rufen deshalb Bürger, Kirchen, Studenten, Unternehmer, Ärzte, Investoren Wissenschaftler und Politiker zum Divestment auf. Ein solches Divestment erreicht zweierlei: Einerseits schützt es vor den Gefahren zukünftiger Wertverluste und sichert so nachhaltig die finanzielle Stabilität der Kommune. Andererseits entzieht es klimaschädlichen Unternehmen die gesellschaftliche Zustimmung und trägt so zum Wandel bei, der aufgrund der Erderwärmung notwendig geworden ist”, so Ludwig.
Der Zwischenstand für Leipzig ist auch bei der Nutzung von fossilen Energieträgern eher durchwachsen. Der größte Teil des Leipziger Stroms stammt aus der Verbrennung von Braunkohle, ein Großteil der Fernwärme wird als Abwärme in Kraftwerk Lippendorf (42 Prozent) erzeugt. 60 Prozent der Wärme in den Leipziger Haushalten wird mit Erdgas erzeugt.
Während beim Strom schon schätzungsweise 18 Prozent aus regenerativen Anlagen stammen, decken Erneuerbare Energien bislang erst 0,4 Prozent des Leipziger Wärmebedarfs. Und da ist noch gar nicht berücksichtigt, dass 99 Prozent der Leipziger Kraftfahrzeuge mit Sprit aus Erdöl fahren und auch der ÖPNV noch lange nicht zu 100 Prozent auf umweltfreundlicher Energie beruht, auch der genutzte Fahrstrom nicht.
Was wieder mit dem Geld zu tun hat. Denn wenn die Geldanlagen deutscher Kommunen weiter fossile Kraftwerkparks finanzieren, fließt das Geld logischerweise nicht in Erneuerbare Energien, die auch in Deutschland noch einen deutlichen Ausbau und große Investitionen in (dezentrale) Speicher und Netze brauchen.
Leipzig hat sich zwar seine CO2-Bilanz schöngerechnet, was auch deshalb geht, weil das Kohlekraftwerk Lippendorf außerhalb der Stadtgrenzen steht. Aber allein mit Energiesparmaßnahmen wird sich der Leipziger Mix nicht wirklich verbessern. Erst recht nicht, wenn nicht auch im Verkehr ein gründliches Umdenken einsetzt. Und auch Lösungen für die Wärmeerzeugung gefunden werden. Denn dass Leipzig nur einen Pro-Kopf-Ausstoß von 6,61 Tonnen CO2 im Jahr aufweist, hat auch damit zu tun, das sämtliche Unternehmen, die dem Emissionshandel unterliegen, nicht mit erfasst werden: Das sind nicht nur die Energieerzeuger, das sind auch die großen Energieverbraucher wie die Leipziger Gießereien.
Zahlreiche Städte, Gemeinden, Kirchen, Universitäten, Stiftungen und andere Institutionen haben schon begonnen, ihre Investments aus den 200 größten Kohle-, Erdöl- und Erdgasunternehmen abzuziehen. Bereits mehr als 460 Institutionen weltweit – dazu zählen aktuell 57 Städte, die Rockefeller Heritage Foundation, Norwegens staatlicher Pensionsfonds und die Allianz haben sich so von ihren Anteilen an fossilen Brennstoffunternehmen getrennt.
Die Stadt Münster hat als erste deutsche Stadt per Ratsbeschluss ihre gesamten Anlagefinanzen aus klimaschädlichen Fonds abgezogen. Ähnliche Bestrebungen gibt es auch in 23 anderen Städten, unter anderem in Aachen, Bochum, Köln und Berlin.
Anett Ludwig ist sogar recht optimistisch: “Die Stadt Leipzig hat durch ihr ‘Energie- und Klimaschutz-Programm 2014-2020’ schon in der Vergangenheit Engagement im Klimaschutz gezeigt. Nun haben die Stadt Leipzig und ihre Unternehmen die Möglichkeit, auch im Finanzsektor eine Vorreiterrolle im Klimaschutz einzunehmen.“
Aber dazu braucht es erst einmal Zahlen.
“Wir bitten um ausführliche schriftliche Beantwortung”, haben die Grünen noch unter ihre Anfrage geschrieben.
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