Leipzig hängt gewaltig hinterher beim Schulhausbau. Planungs- und Genehmigungsprozesse dauern ewig. Aber selbst der Erwerb notwendiger Baugrundstücke geht nicht voran. Die CDU-Fraktion im Leipziger Stadtrat holt deshalb eine Uralt-Idee wieder aus der Versenkung: Dann sollen doch private Unternehmen die Schulen bauen. Das geht doch schneller.
Der Antrag der CDU-Fraktion taucht am 16. Dezember erstmals im Stadtrat auf und geht dann erst mal zur Diskussion in die Ausschüsse. Immerhin gibt es so einigen Klärungsbedarf. Man erinnert sich ja noch, dass es beim ersten Mal auch nicht so simpel war. Das war bis 2008. Da wollte die Stadt gleich fünf Schulgebäude in einem Aufwasch in öffentlich-privater Partnerschaft sanieren bzw. neu bauen. Die ersten Zahlen aus dem Finanzdezernat sahen so aus, als könnte sich das rechnen. Dann rechneten aber einige Ratsfraktionen nach und äußerten ihre Befürchtung, dass die Stadt zwar im ersten Moment spart – über die mehrjährige Laufzeit der Verträge aber am Ende draufzahlt. Das war auch die Zeit, als der Freistaat Sachsen beim Thema ÖPP nicht nur skeptisch wurde, sondern alle Projekte stornierte, die in den Vorjahren mit fröhlichem Enthusiasmus dazu entwickelt worden waren. Dazu gehörte auch der Bau des Technischen Zentrums der LVB in Heiterblick.
Die Bremsung war so scharf, dass die Stadt Leipzig sofort umschwenkte und die Schulen lieber wieder in eigene Planungsregie nahm. Nicht nur die CDU-Fraktion kritisierte ja, dass das zu langsam gehe. Es war die SPD-Fraktion, die vorschlug, die ganze Planung der stadteigenen LESG zu überlassen. Und es war die Linksfraktion, die darauf hinwies, dass die LESG auch nicht schneller bauen würde, denn dass es in Leipzig so langsam voran geht, hat vor allem mit dem fehlenden Geld und den miserablen Förderbedingungen zu tun.
Die Lösung könnte darin liegen, dass die Stadt eine höhere Kreditermächtigung vom Stadtrat bekommt und auf die nötige Ergänzung durch Fördermittel des Freistaats hofft. Das ist zumindest der Vorschlag von Finanzbürgermeister Torsten Bonew auf einen Antrag von SPD- und Linksfraktion hin, lieber den Schuldenabbau etwas zu bremsen.
Was aber erst einmal den Glauben der CDU-Fraktion, private Bauherren hätten einfach mehr Freiheiten und könnten deshalb schneller bauen, nicht zu erschüttern scheint.
“Die Stadt Leipzig benötigt innerhalb kurzer Zeit eine erhebliche Anzahl neuer Schulplätze in allen Schularten. Die erfreuliche Geburtenentwicklung und die Zuwanderung nach Leipzig, einschließlich Asylbewerber und ihre Kinder, verschärfen die schon angespannte Situation”, benennen sie das Problem, das nun einmal genau so auf dem Tisch liegt.
Die Lösung aus Sicht der CDU-Fraktion: “Die Grundstücksbeschaffung, die Bauzeiten in städtischer Trägerschaft und die Vergabe- und Steuerungspraxis binden die Verwaltung an lange Genehmigungsverfahren und Bauabläufe. Kostensteigerungen bei den städtischen Bauvorhaben sind die Regel. – Private Unternehmer sind nicht an die ausführlichen Abläufe in Vergabeverfahren oder Beschlussfassungen durch den Stadtrat gebunden. Dadurch können sie schneller Genehmigungsverfahren und Bauabläufe realisieren. Vertraglich können die Kostenrisiken an den Bauträger abgewälzt werden. Hauptvorteil für die Stadt Leipzig ist die schnellere Fertigstellung von Schulbaumaßnahmen an von ihr gewünschten Standorten.”
Ob private Bauherren solche Kostenrisiken dann aber einfach bereit sind zu übernehmen?
Man fühlt sich schon ein bisschen an jene deutschlandweit berühmten Großprojekte erinnert, bei denen die öffentliche Hand ihr Glück damit versuchte, private Bauträger einfach mal machen zu lassen. Da hat man zwar – man kann ja an die Hamburger Elbphilharmonie und den Flughafen BER denken – scheinbar öffentliche Aufsichtsträger eingesetzt, die Bauträgerschaft aber hat man an private Firmen abgegeben – und am Ende einen ganzen Berg von Nachforderungen bekommen. Die Projekte liefen ja nicht aus dem Ruder, weil “der Staat” gebaut hat, sondern weil man schnell, preiswert und privat bauen wollte – und am Ende über die eigentlichen Arbeiten keinen Überblick mehr hatte.
Aber die Leipziger CDU-Fraktion ist sich sicher, dass privat nicht nur schneller geht, sondern auch noch flexibler ist: “Durch die Wahlmöglichkeit, ob die fertiggestellten Schulstandorte von der Stadt gekauft oder gemietet werden, schaffen wir eine maximale Flexibilität für die langfristige Stadtentwicklung. Sollte eine Grundschule z.B. nach 10, 15 oder 25 Jahren nicht mehr unbedingt gebraucht werden, kann der private Eigentümer das Gebäude umnutzen.”
Weiter heißt es in der Vorlage: “Beim Grundstückskauf und der Bauabwicklung sind private Eigentümer oft schneller in ihren Entscheidungswegen. Diese Vorteile sollte die Stadt nutzen, um den Platzbedarf an Schulplätzen schnell decken zu können. – Diese Herangehensweise scheint besonders gut für Grundschulen geeignet zu sein, die aufgrund kaum erforderlicher Fachkabinette durchaus nach einer gewissen Nutzungszeit umnutzbar sein können. Nach Ende einer Mietzeit kann dann dem Unternehmen das Risiko der Nachnutzung überlassen werden.”
Dass die Sache möglicherweise genauso ausgehen könnte wie seinerzeit der Traum von ÖPP-Projekten, ist den Christdemokraten zumindest bewusst. Denn der zweite Beschlusspunkt lautet: “Eine Kosten-Nutzen-Analyse wird dem Stadtrat vorgelegt. In diese gehen sowohl Gesamtkosten, Amortisation der alternativen Eigeninvestition als auch die Bauzeiten ein.”
Ganz will man die Kontrolle dann doch nicht aus der Hand geben und eine Kosten-Nutzen-Analyse in die Hand bekommen, bevor man einem Projekt zustimmt. Aber am Ende wird auch das die Stadt bezahlen – durch Pacht oder Miete eben, ein Modell, das derzeit schon bei vielen Kindertagesstätten so gefahren wird. Ob sich das für Schulen anbietet, ist freilich noch eine ungeklärte Frage.
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