Während Dresden und Chemnitz Anfang November ihre Kritik am 800-Millionen-Euro-Investitionspaket "Brücken in die Zukunft" der sächsischen Regierung sehr deutlich artikulierten, hielt sich Leipzig mit Kritik zurück. In einer Ratsversammlung gestand OBM Burkhard Jung dann zumindest ein, dass er das Paket eher um des lieben Friedens willen unterschrieben hat. Nun hat Finanzbürgermeister Torsten Bonew eine Informationsvorlage dazu vorgelegt.

Auch er hält sich mit Kritik zurück. Aber die Zahlen sprechen für sich. Und man kann es rauf- und runterrechnen: Ein großer Wurf war das Paket nicht. Es sieht nur so aus. Denn tatsächlich operiert es nur mit Geldern, die sowieso bereit gestanden hätten. Die 156 Millionen Euro vom Bund stehen für die Jahre 2015 bis 2018 bereit. Davon stehen Leipzig 34 Millionen Euro zu – auf die Jahre berechnet jeweils 8,5 Millionen Euro.

322 Millionen Euro steuert der Freistaat bei, 322 Millionen kommen aus dem FAG-Topf. Aber erst ab 2017, denn im Doppelhaushalt 2015/2016 ist das Geld natürlich gar nicht vorgesehen. Insgesamt sollen dann 105 Millionen Euro nach Leipzig fließen, 26,1 Millionen Euro pro Jahr.

Wobei eigentlich nicht klar ist, ob das Geld nicht auch ohne dies geflossen wäre und nicht sogar viel zielgerichteter hätte eingesetzt werden können.

Und 322 Millionen – die FAG-Mittel – sind ja nichts anderes als Mittel, die den Kommunen sowieso zugestanden hätten, nämlich Mittel aus dem Finanzausgleich, der den Kommunen jährlich einen Anteil an den Steuereinnahmen des Freistaats zusichert.

Dass hier eigentlich Gelder verschoben werden, die die Kommunen sowieso bekommen hätten, kritisiert die Informationsvorlage, die dem Stadtratsausschuss Finanzen am 7. Dezember vorgelegt wird, zwar eher beiläufig, aber trotzdem deutlich: “Das System des kommunalen Finanzausgleichs stellt im Zeitraum 2015 bis 2019 insgesamt 322 Mio. € zur Finanzierung des Investitionspaket ‘Brücken in die Zukunft’ (Gesamtvolumen 800 Mio. €) zur Verfügung (in Form positiver Abrechnungsbeträge und ‘Topf’ investive Zweckzuweisungen). Dieses Volumen wird dem System damit nicht mehr zur Verfügung stehen.”

Nicht die einzige Kritik, die die Vorlage enthält. Denn natürlich ist es auch für Leipzig ein Problem, wenn 40 bis 60 Millionen Euro jährlich aus dem Topf der Kreisfreien Städte an die Landkreise und kreisangehörigen Kommunen verschoben werden.

In der Vorlage heißt es dazu: “Das Finanzmassenaufteilungsverhältnis zwischen kreisfreien und ländlichen Raum (Gleichmäßigkeitsgrundsatz GMG II) wird mit dem FAG 2017/2018 angepasst. Es soll eine Umschichtung von 40 bis 60 Mio. €/Jahr erfolgen. Bis zum FAG 2021/2022 erfolgt keine weitere Anpassung.”

Heißt für die Jahre 2017 bis 2020 jährlich 20 Millionen Euro weniger für Leipzig. Was die Vorlage dann durchaus als bedenklich bewertet: “Hervorgehoben sei allerdings aufgrund der Erheblichkeit der Punkt der Anpassung des Gleichmäßigkeitsgrundsatzes II. Hiernach werden jährlich 40 bis 60 Mio. € zugunsten des ländlichen Raumes aber eben zulasten des kreisfreien Raumes umgeschichtet. Überschlägig und ohne Berücksichtigung aller anderen Einflussfaktoren entfallen davon ca. 20 Mio. €/Jahr auf die Stadt Leipzig.”

Und hier gibt es dann noch ein paar Fragezeichen. Denn die Zuweisung der FAG-Mittel an die Kommune erfolgt ja auch nach einem Schlüssel, der sowohl die “veredelte Einwohnerzahl” und die “veredelte Schülerzahl” berücksichtigt, als auch die “mangelnde Steuerkraft”. Heißt im Klartext: Wenn Leipzig weiter Bevölkerungswachstum hat und ebenso steigende Schülerzahlen, gibt’s da wieder etwas mehr Geld, wenn gleichzeitig die eigenen Steuereinnahmen steigen, gibt das wieder weniger Geld.

Kritisch sieht die Vorlage auch, dass das Schulbauinvestitionsprogramm für die drei Kreisfreien Städte, das 2013/2014 endlich mal ein bisschen Spielraum beim Schulbau verschaffte, nicht weitergeführt wurde. Ab 2017 soll es zwar eine Fortsetzung geben, aber mit einer deutlich reduzierten Summe von 10 Millionen Euro, was dann für Leipzig 4 Millionen Euro jährlich macht – und das bei einem jährlichen Schulinvestitionsbedarf von 35 bis 40 Millionen Euro.

Logisch, dass Leipzigs Finanzbürgermeister noch keinen Grund sieht, auf dem Tisch zu tanzen. Die Investitionslage der Stadt Leipzig hat sich durch das Programm nicht wirklich verbessert.

“So positiv sich diese Zahlen auch darstellen – ein erster Blick in die mittelfristige Finanz- bzw. Investitionsplanung der Stadt Leipzig führt zu dem Ergebnis, dass für zusätzliche neue Maßnahmen dennoch annähernd kein Handlungsspielraum besteht”, heißt es deshalb in der Vorlage. Verbunden mit dem Hinweis, dass für die Jahre 2017/2018 noch nicht alle Finanzierungen für die geplanten Investitionen gefunden sind: “Die mittelfristige Investitionsplanung weist aktuell für 2017 einen Fehlbetrag von 14,8 Mio. € und für 2018 einen Fehlbetrag von 11,8 Mio. € aus.”

Die notwendige Einschränkung: Das wird dann sowieso Thema in den Diskussionen um den Leipziger Doppelhaushalt 2017/2018, die 2016 stattfinden.

Jetzt versuchen alle möglichen Ämter, die geplanten Investitionen irgendwie mit dem Programm “Brücken in die Zukunft” kompatibel zu machen. Denn viele Investitionen sind bislang mit einer Förderquote von 40 Prozent geplant, das Sonderprogramm gesteht aber bis zu 75 Prozent zu. Und als Positivum erwähnt die Vorlage, dass zumindest die ab 2017 gewährten Landesgelder auch für Projekte eingesetzt werden können, die auf der Dringlichkeitsliste ganz oben stehen: “Schulhausbau, Bau- und Ausbau Kindertagesstätten, Straßenbau, ÖPNV, Wasser- und Abwasserversorgung, Gewässerschutz, Brachflächenrevitalisierung, Sportstätten, Verwaltungsgebäude und Sonderbauten für soziale Zwecke”.

Die Informationsvorlage zum Nachlesen.

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