Die Linie 9 macht bei ihrer eventuell letzten Fahrt durch den Leipziger Stadtrat ziemlich Tempo. Am 16. September schauten einige Stadtrรคte nicht schlecht, als die anstehende Schlieรung ab Connewitzer Kreuz bis zur Leipziger Stadtgrenze eher mitgeteilt, denn debattiert wurde. Die Grรผnde sind simpel, so die Verwaltung und LVB. Die Strecke wurde eh nicht mehr richtig in Schuss gehalten, Markkleeberg hat sich bereits gegen die Linie auf dem eigenen Stadtgebiet entschieden und รผbrigens: Geld ist auch keines da, um jetzt noch umzusteuern.
Geht es nach dem Willen der Verwaltung, fahren ab 28. November mehr Busse der Linie 70 ab dem Connewitzer Kreuz Richtung Stadtgrenze. Die Linie 9 wรผrde somit am Connewitzer Kreuz, mit der Wendeschleife an der S-Bahn-Station Connewitz enden. Dann ist umsteigen angesagt, will man weiter Richtung Wildpark, Cossi und Markkleeberg.
Originalton aus der Verwaltungsvorlage: โDie Ratsversammlung beschlieรt die Umstellung des Straรenbahnbetriebes (Linie 9) auf dem Abschnitt Wolfgang-Heinze-Straรe/Koburger Straรe zwischen Connewitz, Kreuz und der Stadtgrenze zu Markkleeberg auf Busbetrieb. Die Gewรคhrleistung der Mindestbedienung gemรคร Nahverkehrsplan wird รผber ein geรคndertes Busnetz (Mehrleistungen auf der Linie 70) sichergestellt.โ
Andere, wie der Stadtbezirksbeirat Leipzig-Sรผd und die Stadtrรคte Riekewald, Gรถtze (Linke), Gabelmann (Piraten) und Weber (SPD) plรคdierten auf etwas mehr Geduld und wollten die รberarbeitung des Nahverkehrsplanes abwarten. Fรผr die Linie 9 zwischen Connewitzer Kreuz und Markkleeberg kommt der Beschluss jedoch zu spรคt.
Denn eben diese รberarbeitung zieht sich hin, statt Mitte 2016 steht eine neue Grundlage wohl erst gegen Ende nรคchsten Jahres. Die Linie 9 hingegen wurde praktisch durch die Entscheidung der Stadt Markkleeberg, von ihrer Seite aus auf diese zu verzichten, zum Dezember zur Debatte gestellt, die Gleisdemontagen in der nahen Leipziger Nachbarstadt sind ebenfalls fรผr Dezember beschlossene Sache, die Umstellung auf Busbetrieb ebenfalls.
Baudezernentin Dorothee Dubrau รผbernahm es fรผr die Verwaltung, die vielen Linien aufzuzรคhlen, die die Linie 9 von Linie 11 รผber 10 und S-Bahn bis hin zu den bereits vorhandenen Buslinien flankieren. Mit dem Satz โEhrlich gesagt, ich fahre kaum noch mit der 9, ich fahre lieber mit der S-Bahnโ, macht Dubrau deutlich, dass auch fรผr sie die Linie auf dem Teilabschnitt obsolet geworden ist. Der nicht in Rede stehende Teil der 9 auf der Bernhard-Gรถring-Straรe solle zwar in den kommenden Jahren weiter ausgebaut werden, doch Richtung Markkleeberg sollโs ab dem Connewitzer Kreuz auch fรผr Dubrau nicht mehr weitergehen.
Bereits 2009 sei quasi durch die fehlenden Mittelbeantragungen fรผr dieses Teilstรผck indirekt entschieden worden, hier nicht weiter instandzuhalten, geschweige Ausbauten fรผr die Zukunft vorzunehmen. Damit fรผhrte die Baudezernentin nochmals das langsame Sterben der 9 aus.
Schuld sei dennoch letztlich der Landkreis, da dieser ja die Linie 9 abbestellt hรคtte. Bis zur Station S-Bahnhof Connewitz gehe es, wo die 9 also ab Ende November wenden und dann auf die Gegenstrecke gehen soll. Auf 1 Million Euro Kosten pro Jahr wรผrden sich die Kosten bis Forsthaus Raschwitz belaufen, ginge es hier noch ein paar Stationen weiter, auf 3 Millionen gar, wenn die 9 ab Connewitzer Kreuz erst an der Parkstraรe wenden wรผrde. Verwundert zeigte sich Dorothee Dubrau heute im Stadtrat darรผber, dass sich die Proteste diverser Initiativen und Vereine nun an die Stadt Leipzig und nicht an den Landkreis richteten.
Aus der SPD-Fraktion meldete sich Gegenantragsteller Mathias Weber zu Wort. โSeit gestern Abend 18 Uhr gibt es das erste Mal Informationen, die fรผr uns irgendwie eine Abwรคgung รผberhaupt ermรถglichen. Das gehรถrt sich nicht.โ Fรผr Mathias Weber โist Fakt, dass Markkleeberg die Linie 9 ab- und den Bus 70 bestellt. Ab Forsthaus Raschwitz bestellt Leipzig und bezahlt.โ Bis Forsthaus Raschwitz geht es nicht, da die 9 hier nicht wenden kรถnne, aber an der Parkstraรe, also eine Station weiter, existiert die nรคchste Wendeschleife. Diese 800 Meter wรคren mรถglich und aus den Papieren, welche Weber erst seit gestern einsehen konnte, seien auch die Zustiegszahlen in der Linie hier nicht von denen anderer Strecken verschieden.
Hinzu kommt, so Weber, dass โConnewitz wรคchst, seit Jahren.โ Nun โkommt aber der Trick mit der Bestellung des Busses 70โ, beschrieb Weber die bereits getroffenen Entscheidungen seitens der Verkehrstrรคger.
Daniel von der Heide (Die Grรผnen) musste die undankbare Aufgabe fรผr Die Grรผnen รผbernehmen, die Nichtzustimmung seiner Fraktion zu den รnderungsantrรคgen der Linken und SPD und damit also der Zustimmung zum Ende der Linie 9 an der S-Bahn-Station begrรผnden. Von einer klaren Faktenlage kรถnne man nun gar nicht mehr sprechen โ bei all den verschiedenen Zahlen, die auf dem Tisch lรคgen โ zudem die kurzfristig eingeworfenen Unterlagen der LVB. In der Gesamtschau seien bei der generellen Erschlieรung der Strecken rings um die Linie 9 und die Mรถglichkeiten mit der Busverbindung 70 als gut zu bewerten.
Franziska Riekewald (Die Linke) legte nochmals nach. So sei nun klar geworden, dass vor allem Markkleeberg selbst schlechte Fahrgastzahlen habe, nicht aber Leipzig. Hier wรผrden nach neuesten Prognosen die Fahrgastzahlen auf der Linie 9 um 6 Prozent steigen. Da war er wieder, der wachsende Sรผden und die Begleiteffekte. Kurzfristige Investitionskosten seien ihr seit 48 Stunden nun von gerade einmal 2 Millionen Euro bekannt, lange war von 25 Millionen die Rede โ auch seitens des Leipziger OBM. Marco Gรถtze (Die Linke) wies nochmals darauf hin, dass hier unter Umstรคnden eine Entscheidung getroffen wird, die so schnell nicht zurรผcknehmbar ist.
Sven Morlok, immerhin bis 2014 Staatsminister fรผr Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in Sachsen, nahm sich โ kurz, wie er betonte โ das Wort am Ende der Debatte. โLetztlich kommt es doch darauf an, ob ich eine Verbindung habe, die relativ hรคufig kommt.โ Obwohl auch er die Straรenbahn attraktiver finde, stellt sich die Frage zwischen Bahn und Bus halt nicht mehr. โDenn Markkleeberg hat den Bus nun mal bestellt.โ Glaube irgendwer, dass der Bus also an der Stadtgrenze Leipzig aussetzen wรผrde, um dann am Connewitzer Kreuz wieder einzusetzen?
Die Kraft des Faktischen eben, auf die auch der Fraktionsvorsitzende der Grรผnen hinwies. Norman Volger versuchte ein Resumรฉe fรผr die Grรผnen. โWir haben alle kollektiv geschlafen.โ Er wรผrde mit Nein stimmen, kรถnne aber die verstehen, die nun der Verwaltung zustimmen wรผrden. โAlle haben nun Recht und keiner hat Rechtโ, so Volger zur verfahrenen Situation aus Entscheidungen im Landkreis, zugesagten Buslinien seitens der LVB an Markkleeberg und einer Bahnlinienteilstrecke der Linie 9, bei der in allen Debatten im heutigen Rat ganz offensichtlich alle Anbieter, Besteller und Beteiligte lรคngst den Cut vollzogen haben.
Es kam wie erwartet, trotz Auszรคhlung. Die Vorschlรคge der Stadtrรคte Riekewald, Gรถtze (Linke), Gabelmann (Piraten) und Weber (SPD) wurden mit 39 zu 28 Stimmen durch CDU, SPD und Teilen der Grรผnen abgelehnt. Der Vorschlag des Stadtbezirksbeirates Sรผd auch.
Die gleiche Mehrheit verhalf der Verwaltung und damit der Verkรผrzung der Linie 9 bis S-Bahn-Station Connewitz nach einstรผndiger Debatte zum Sieg.
Es gibt 3 Kommentare
Eine absolut erbรคrmliche Vorstellung:
-Des Bรผrgers Meinung wird ignoriert.
-Der Stadtrat nicht informiert.
-Es werden zahlreiche falsche Fakten publiziert.
-Die LVB haben die Strecke seit Jahren ruiniert.
-Der MDV ist kein Verbund, sondern nur Form.
-Vollendete Tatsachen.
Jeder denkt nur von der Tapete bis zur Wand.
Gute Nacht รPNV.
โUnd mรถgen sie mit ihren dann fรผr 2016 zusรคtzlichen ergatterten Boni aufgrund hรถherer Gewinne โฆ..โ
Wo sollen diese (hรถheren!!!) Gewinne herkommen? Haben Sie jemals in die Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung der LVB geschaut?
โGlรผckwunschโ an die (unbekannten) Manager der Leipziger Verkehrsbetriebe, die die Linie 9 haben laaaangsam sterben lassen durch ein mehr als ein Jahrzehnt wรคhrende Vernachlรคssigung. Der abgefeimte Plan ist aufgegangen. Mรถge diesen Manager der Champagner, den sie jetzt versรผffeln werden, mรถglichst sauer aufstoรen. Und mรถgen sie mit ihren dann fรผr 2016 zusรคtzlichen ergatterten Boni aufgrund hรถherer Gewinne dank geringerer Kosten (eben diese eine oder drei Milliรถnchen) ganz schnell aus der Gegend verschwinden, wenn sie denn schon verbrannte Erde hinterlassen mรผssen.
Alles abgekartet. Der verschlafene Stadtrat ist drauf reingefallen. Die Leipziger Grรผnen haben sich unsterblich blamiert.