In der CDU wird derzeit viel diskutiert, zum Beispiel bei der Zukunftskonferenz in Schkeuditz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Mit dabei war auch Siegbert Droese, Vorsitzender der "Alternative für Deutschland" (AfD). Der entdeckte eine "enorme Zerrissenheit" bei den Leipziger Christdemokraten, von der er zuvor "keine Vorstellung" hatte. Da kann die AfD helfen, dachte er wohl und bot schriftlich seine Partei als neue Heimat für unzufriedene Stadträte der CDU an. Stadtrat Ansbert Maciejewski, CDU, antwortete eher amüsiert.
“Wenn die anderen glauben, man ist am Ende, so muss man erst richtig anfangen.” Das sagte einst Konrad Adenauer, erster Bundeskanzler der CDU. Das Zitat bringt der CDU-Stadtrat Maciejewski nun am Ende seiner Antwort an den Vorsitzenden der AfD Leipzig. Droese hatte in seinem Brief betont, wie gerne er Bücher von Adenauer lese. Erwähnt wird eine Zitatensammlung, die von der Sekretärin Anneliese Poppinga zusammengestellt wurde: Auszüge aus Reden, Interviews, Artikeln und Briefen. Titel: “Seid wach für die kommenden Jahre”.
Siegbert Droese (AfD) hatte am 14. Oktober 2015 die Regionalkonferenz der CDU besucht. Dort war auch Bundeskanzlerin Angela Merkel. Eine gute Gelegenheit für die Parteimitglieder, aus ihrer Perspektive die Politik der Parteivorsitzenden zu diskutieren und es ging durchaus kontrovers zu. Zuvor hatten dazu schon die Abgeordneten der Partei im Bundestag die Gelegenheit genutzt und das direkte Gespräch gesucht. MdB Feist hatte davon der L-IZ berichtet. Bekannt ist auch, dass CDU-Mitglieder in einem offenen Brief die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin kritisierten.
Droese schließt aus seinen Beobachtungen in Schkeuditz, dass viele CDU-Mitglieder eine neue politische Heimat brauchen. Nun ist die AfD schon dem Namen nach darauf ausgerichtet, eine konservative Alternative zur Alternativlosigkeit anbieten zu wollen, die Merkel öfters proklamiert hat. Seit April 2013 ist die Partei auf der politischen Bühne. “Viele unserer politischen Standpunkte ähneln den früheren Standpunkten der alten und guten CDU”, schreibt Droese. Denn die aktuelle CDU habe sich von ihren Wurzeln entfernt – dagegen sei die AfD sozusagen der wahre Erbe Adenauers. Viele CDUler würden sich nämlich fremd in der eigenen Partei führen.
Abhilfe würde da ein Wechsel in die AfD bieten, meint Droese.
Klar, sowas macht man ungern, weiß Droese. Es sind ja Freundschaften im politischen Betrieb entstanden. Vielleicht überlegt der eine oder andere auch, dass es seine Schuld ist, wenn Parteilinie und eigene Vorstellung auseinanderdriften. Da beruhigt Droese: “Bedenken Sie, dass ihre Parteiführung dafür verantwortlich ist, dass sich Ihre Partei von Ihnen entfernt hat und nicht umgekehrt.”
“Natürlich hat der freundliche Herr Droese eine Antwort verdient”, fand der CDU-Stadtrat Ansbert Maciejewski. Er habe ja Verständnis für die Situation der AfD. Die bräuchten nämlich dringend inhaltliche Verstärkung. Trotzdem bekommt Droese einen Korb. Er wisse ja nicht, wie das in der AfD läuft, doziert Maciejewski, aber in der CDU sei es üblich, dass die Mitglieder ihre Meinung sagen. Dabei könne es passieren, dass man anderer Meinung sei als die Parteiführung. Das sei aber kein Grund zum Davonlaufen: “Was mich betrifft, kann ich sagen: Es war zwar manchmal wirklich anstrengend, aber seit 1990 hat es keiner der CDU-Vorsitzenden und Generalsekretäre geschafft, mich in die Flucht zu schlagen. Auch das jetzige Führungspersonal hat nicht das Zeug dazu.”
Das Schreiben der AfD und die Antwort darauf liegen der L-IZ vor. Hier kann man zumindest die öffentliche Antwort von Maciejewski auf Facebook nachlesen. Nach Informationen der L-IZ hat wohl auch der Kreisvorstand der CDU einen entsprechenden Brief erhalten. Vielleicht hofft die AfD also auf eine Massenflucht?
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