Bis Mittwoch, 23. September, gab es eigentlich keinen Streit zwischen SPD- und CDU-Fraktion im Stadtrat. Die SPD hatte sich auf ihrem Stadtparteitag am Samstag, 19. September, darauf verständigt, dass die stadteigene Wohnungsgesellschaft LWB neue Ziele brauche und viel aktiver bei der Schaffung neuen Wohnraums werden müsse. Darüber diskutiert die SPD sogar schon etliche Monate. Einen Streit konstruierte die LVZ aber erst am Mittwoch.

Da hatte sie mal bei der CDU-Fraktion nachgefragt, wie die die Ideen der Sozialdemokraten zum sozialen Wohnungsbau in Leipzig so sieht.

Die SPD hatte extra einen Stadtparteitag unter dem Titel „Wohnen in Leipzig“ angesetzt, weil das Thema brennt. Vielleicht nicht gerade für die Gutverdiener in der Stadt. Die können sich auch Neubaupreise locker leisten. Aber auch die bisherigen Vor-Diskussionen zum Wohnungspolitischen Konzept haben gezeigt, dass es für Haushalte mit niedrigem Einkommen, aber auch für Familien immer schwieriger wird, den passenden Wohnraum zu finden. Mit der steigenden Zahl von Asylbewerbern wird auch von dieser Seite der Druck auf den preiswerten Wohnraum zunehmen. Auch das beharrliche Wachstum der Stadt macht Wohnungsbau für alle Einkommensgruppen immer drängender. Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften aber tun sich schwer, denn wirklich preiswert kann man ohne staatliche Förderung nicht mehr bauen.

Eine Schlüsselrolle nimmt dabei die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) ein.

“Der Stadtparteitag machte deutlich: Die SPD Leipzig versteht Wohnungspolitik ganzheitlich und als zentralen Baustein einer sozialen und integrativen Stadtentwicklungspolitik”, erklärte dazu Hassan Soilihi Mzé, Vorsitzender der SPD Leipzig. Eingebracht hatte den Beschlussvorschlag der Stadtvorstand der SPD Leipzig selbst – beschlossen wurde er mit überwältigender Mehrheit.

Dabei sieht der Beschluss der SPD genau das vor, was CDU-Stadtrat Lutz Weickert in der LVZ am Mittwoch als eigene Forderung präsentierte: “Interessante Bestände hochwertig sanieren und hochpreisig vermieten und zugleich sanierten Wohnraum für kleines Geld anbieten. Dazu bedarf es keiner Quoten oder gar Polemik, zumal ich bezweifle, dass die SPD hier mit einer Stimme spricht.“

Beschlossen hatte die SPD, sich dafür auszusprechen, “die LWB mittelfristig stärker dahin ausgerichtet wird, die Entwicklung sozialen Wohnraums in Leipzig durch Einnahmen aus ihrem sonstigen Immobilienbestand quer zu finanzieren und dabei insgesamt ohne Zuschüsse der Stadt auszukommen.”

Unübersehbar haben beide CDU-Stadträte den Beschluss nicht mal gelesen, sondern wieder nur auf die LVZ-Meldung dazu reagiert.

Was jetzt tatsächlich die SPD-Fraktion auf den Plan ruft, die über so viel beabsichtigte Missverständnisse verärgert ist. Vor allem, weil es zwischen den Fraktionen eigentlich keinen Dissens gibt.

“Auch die Christdemokraten haben vor vier Jahren, teilweise mit eigenen Anträgen, der LWB den Erhalt und die stadtweite Bereitstellung von preiswertem Wohnraum für einkommensschwache Haushalte ins Aufgabenheft geschrieben. Probleme mit der Vergesslichkeit haben daher eher die beiden CDU-Stadträte, obwohl deren Durchschnittsalter noch weit unter 50 Jahre liegen dürfte“, erklärt dazu SPD-Vize-Fraktionschef Heiko Oßwald, der zudem Mitglied im Aufsichtsrat der LWB ist und daher nicht nachvollziehen kann, dass die CDU-Fraktion jetzt ähnlich gelagerte Beschlüsse der Leipziger SPD kritisiert.

Im Jahr 2011 hatte die Ratsversammlung mit breiter Mehrheit unter Beteiligung der CDU-Ratsfraktion die Eigentümerziele für die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) beschlossen. Dabei wurden sowohl wichtige Finanzziele beschlossen, unter anderem das Erreichen positiver Jahresergebnisse und die Rückführung von Bürgschaften als auch verschiedene Sachziele. Die Sachziele beinhalteten neben der Bereitstellung von preiswertem Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten auch die Mitwirkung an sozialen Infrastrukturprojekten. Eine Evaluation der Eigentümerziele soll noch im Jahr 2015 erfolgen.

Die Finanzziele hat das Unternehmen übrigens erreicht: Es hat seinen Schuldenberg massiv abgebaut – auch durch große Portfolio-Verkäufe im Leipziger Häuserbestand. Und die schon existierenden Spielräume nutzt das Unternehmen, um vor allem Bestände im Neubau der DDR-Zeit zu sanieren.

Im Frühjahr 2015 hat dann die LWB-Führung erstmals deutlich verkündet, dass die Baugesellschaft auch wieder als Baugesellschaft tätig werden wird, weil sie endlich wieder Spielraum für Investitionen hat.

Das bedeutet noch nicht unbedingt sozialen Wohnraum. Dazu braucht es mehr.

“Die SPD fordert nicht, dass die LWB nur Wohnraum im niedrigpreisigen Segment anbieten soll. Vielmehr verfolgt der Leitantrag das Ziel, dass mit den Vermietungen im hochpreisigen Segment die Wohnungen im niedrigpreisigen Segment querfinanziert werden sollen, was folglich einen gesunden Mix im Portfolio der LWB voraussetzt. Wer lesen kann, ist daher auch hier klar im Vorteil”, erklärt Heiko Oßwald. “Was die beiden Christdemokraten nicht erwähnen, weil sie sich mit den Beschlüssen des SPD-Stadtparteitags scheinbar nicht eingehend befasst haben, ist der Appell an Bund und Land, schnellstmöglich Förderprogramme für den sozialen Wohnungsbau aufzulegen. Damit sollen sowohl für kommunale Wohnungsunternehmen als auch für private Anbieter Anreize geschaffen werden, mehr preiswerten Wohnraum zu schaffen.”

Und das ist für die CDU eine ganz schmerzhafte Stelle, denn es ist ihre eigene Partei, die im Land verhindert, dass wieder ein Förderprogramm für sozialen Wohnungsbau aufgelegt wird. Das Geld dafür stellt jedes Jahr der Bund bereit. Aber es fließt in Sachsen nicht in den sozialen Wohnungsbau, sondern vor allem in die Schaffung von Wohneigentum.

“Wir brauchen wieder mehr geförderten sozialen Wohnungsbau. Das hat die CDU in Leipzig anscheinend noch immer nicht begriffen”, sagt Oßwald. “Unsere Stadt wächst und der Mietmarkt verändert sich zusehends, sodass es bereits schon jetzt Engpässe in bestimmten Marktsegmenten gibt. Das gilt in Leipzig vor allem für kleine, günstige Wohnungen aber auch größere Wohnungen für junge Familien. Hier ist – und das ist eben auch in den Initiativen vom SPD-Parteitag nachzulesen – nicht nur die LWB gefragt, sondern alle Anbieter auf dem Wohnungsmarkt, denn allein und ohne Fördermittel schafft das unser kommunales Wohnungsbauunternehmen natürlich nicht.”

Im SPD-Beschluss ist übrigens auch nicht nur die stadteigene LWB angesprochen, sondern auch die Wohnungsgenossenschaften sind gefragt, mitzuhelfen bei der Schaffung sozial verträglichen Wohnraums.

„Fakt ist aber, dass auch die LWB nach der Phase der wirtschaftlichen Konsolidierung sich den Herausforderungen eines sich veränderten Wohnungsmarktes in einer wachsenden Stadt stellen muss”, betont Heiko Oßwald. “Allein um ihren Marktanteil von rund 10 Prozent in Leipzig zu halten, muss die LWB jedes Jahr ihren Wohnungsbestand um rund 400 Wohnungen durch Neubau oder Zukäufe erweitern. Ansonsten gehen kommunale Steuerungs- und Einflussmöglichkeiten verloren.”

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