Vielleicht wird Deutschland ja mal ein modernes Land. Irgendwann, wenn die Bremser keine Lust mehr haben, die Regeln für das "Neuland" aufstellen zu wollen. Es ist ja nicht so, dass deutsche Unternehmen keine Lust hätten, weite Teile der Republik mit WLAN auszustatten. In Leipzig nimmt das öffentliche WLAN-Netz so langsam Gestalt an. Und zumindest zwei Fraktionen sind schon gespannt.
Am gespanntesten ist die Linksfraktion. Die hat schon 2012 einen Antrag ins Verfahren gebracht, Leipzig möge doch prüfen, ob man kostenloses WLAN in der City anbieten könne. Der Antrag wurde dann im Februar 2013 Beschluss. Lang ist’s her, stöhnt auch ein bisschen die Linke. Der Beschluss “Kostenloses Internet in der Leipziger Innenstadt“ hatte die Stadtverwaltung seinerzeit beauftragt, dem Stadtrat eine Vorlage vorzulegen, in der die Möglichkeiten der Realisierung eines kostenlosen mobilen Internets geprüft werden. Hierbei sollte die Stadt Leipzig bei Einrichtung und Betrieb dieses Netzes keine eigenen finanziellen Mittel einsetzen. Immerhin hatten eigene Abschätzungen der Verwaltung damals schon das Ergebnis gebracht, dass unter einer halben Million Euro nichts zu machen wäre.
Weiterhin sollte die Vorlage eine Prüfung und Beschreibung der rechtlichen, technischen und finanziellen Umsetzungsbedingungen enthalten.
“Zwar erreichte den Stadtrat bis zum heutigen Datum keine diesbezügliche Vorlage. Dennoch steht die Einführung eines kostenlosen Internetzugangs zunächst in der Innenstadt offenbar unmittelbar bevor. Wie in vergleichbaren anderen Städten können – nach Angaben der Stadtverwaltung – voraussichtlich zum Jahreswechsel die Bürgerinnen und Bürger Leipzigs sowie deren Gäste den modernen Kommunikationsservice nutzen”, kommentiert der Fraktionsvorsitzende Sören Pellmann die aktuellen Informationen aus der Verwaltung. “Die zuständigen Ämter der Stadtverwaltung führten Gespräche mit verschiedenen regionalen Unternehmen, um wettbewerbsneutral und ohne Kosten für die Stadtverwaltung ein kostenloses WLAN-Angebot in Leipzig zu schaffen. Weitere Angebote von auch überregionalen Unternehmen wurden gesammelt und gesichtet.”
Natürlich geht es vorrangig um Touristen. Vorbild für den Linke-Antrag war 2012 die Stadt London, die seinerzeit schon die größte öffentliche WLAN-Zone einer europäischen Großstadt eingerichtet hatte.
Mehrere Kommunikationsunternehmen wurden angesprochen und konnten sich auch für die Einrichtung eines WLAN-Netzes in der Leipziger Innenstadt erwärmen.
“Allen Unternehmen wurde eine Analyse der am meisten besuchten Orte Leipzigs (Zielgruppe Touristen), die eine WLAN-Versorgung erhalten sollten, zur Verfügung gestellt. Die Unternehmen wurden weiterhin gebeten, vor allem im Innenstadtbereich (Zielgruppe Bürger und Touristen) eine möglichst hohe WLAN-Dichte zu erreichen”, weiß Pellmann zu berichten. “Daraufhin wurden Konzepte sowie Dämpfungsanalysen (wie weit reicht in der Leipziger Innenstadt ein WLAN-Signal) erstellt und das Investment kalkuliert. Drei Unternehmen erklärten sich bereit, in und für Leipzig ein kostenloses WLAN-Angebot aufzubauen. Im Ergebnis der Gespräche hat nunmehr ein Unternehmen mit dem Aufbau einer WLAN-Infrastruktur in der Leipziger Innenstadt und darüber hinaus begonnen.”
Und damit die Sache nicht einschläft, hat die Grünen-Fraktion noch extra einen Antrag geschrieben, der über den Beschluss von 2013 hinausgeht und die Verwaltung auffordert, ein öffentliches und frei zugängliches WLAN-Netz auch wirklich einzurichten und entsprechende Schritte zielstrebig einzuleiten.
“Ein offenes und frei zugängliches WLAN-Netz würde nicht nur die Attraktivität und den Aufenthaltswert der Leipziger Innenstadt weiter steigern, sondern auch andere mögliche touristische Zentren für Besucher und Bewohner. Es würde des Weiteren Leipzig als attraktiven Messe- und Kongress- und Bildungsstandort stärken. Zudem würde ein solches freies WLAN-Netz als Ausdruck einer lebendigen Willkommenskultur wahrgenommen werden und könnte von Jedermann leicht, anonym und problemlos genutzt werden. Die Versendung jeder Nachricht und jeden Bildes aus der Leipziger Innenstadt birgt außerdem ein enormes Marketingpotential für die Stadt”, heißt es in ihrem Antrag. Und sie verweisen darauf, dass sowieso schon regelmäßig zusätzliche Netzkapazitäten geschaffen werden müssen, wenn in Leipzig mal wieder Lichtfeste oder andere Großveranstaltungen stattfinden: “Kulturellen Einrichtungen und Stadtevents bliebe die kostenintensive temporäre Einrichtung der öffentlich zugänglichen und kostenfreien Netze erspart.”
Im Grunde verliert Leipzig sogar an Aufmerksamkeit, wenn es solche WLAN-Zugänge nicht gibt. Denn die moderne Kommunikationskultur ist mobil. Tausende Teilnehmer von Festen und Konzerten übertragen ihre Bilder und Meinungen direkt aus der Veranstaltung in die Netze.
“Leipzigs großartige Kultur ist mehr wert”
Sagt deshalb auch Gesine Märtens, Stadträtin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied des Kulturauschusses. “Die mittlerweile ständige Neueinrichtung öffentlicher WLAN-Installationen für insbesondere kulturelle Zwecke ist eine unnötige Verschwendung finanzieller und personeller Ressourcen. Ein öffentliches und freies WLAN auch als Teil einer modernen Willkommenskultur für alle Gäste, für alle Tagesbesucher, für alle Geschäftsreisende, alle Touristen und natürlich auch für alle Flüchtlinge halten wir deshalb für erforderlich. Ein offenes und freies WLAN-Netz ist zielorientiert in Stadtmarketingkonzepte einzubinden, um die Attraktivität unserer Stadt weiter zu steigern“.
Dabei steuern die Grünen noch eine Art Projektgruppe an, in der auch wieder die üblichen Leipziger Akteure der Kommunalbetriebe vertreten sind. Vielleicht braucht es das gar nicht.
Aber sie machen auch deutlich, dass ein solches WLAN-Netz auch für den simplen politischen Diskurs wichtig ist. “Auch Zuschauer, die Sitzungen des Stadtrates verfolgen, könnten so auf ihren Smartphones oder Tablets die entsprechenden Beratungsunterlagen lesen”, heißt es in der Grünen-Vorlage. “Teilnehmer von Bürgerbeteiligungsverfahren könnten besser auf Informationen und Wissen zurückgreifen.”
Ob das nun wirklich das ist, was Bürger gern sofort lesen wollen? Wahrscheinlich sind sie viel interessierter daran, schnell via Smartphone zu erfahren, ob Leipzigs City nun wirklich ein WLAN-Netz bekommt, ob es wirklich frei zugänglich ist, wie leistungsstark es ist. Und vor allem: Wann es angeschaltet wird.
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