Und hoch lebe die Schnecke, das erkorene Wappentier der Leipziger Verwaltung. Die versucht - wie OBM Burkhard Jung immer wieder gern beteuert - zwar gemächlich, aber gründlich und beharrlich ihre Aufgaben abzuarbeiten. Aber es verblüfft eben doch, dass gerade Projekte, die für die Lebensqualität in der Stadt besonders wichtig sind, dabei um Jahre verzögert werden. Auch der Lärmaktionsplan ist zwischenzeitlich auf der Strecke geblieben.
Seit 2009 beschäftigt sich die Leipziger Stadtgesellschaft mit dem Thema, das eben nicht – auch wenn es manchmal so klingt – eine kleine, freiwillige Blümchenaufgabe ist. Ist es schon lange nicht. Die Kommunen in Deutschland sind genauso, wie sie vom Gesetzgeber verpflichtet sind, Luftreinhaltepläne aufzustellen, auch zu Lärmaktionsplänen verpflichtet – samt Lärmkartierung und Bürgerbeteiligung.
Die erste Bürgerbeteiligung zum Lärmaktionsplan fand 2011 statt. 2013 wurde daraus ein erster Lärmaktionsplan. Und wie das bei solchen Plänen ist: Sie müssen fortgeschrieben werden. Die Stadt muss zeigen, was sie tatsächlich umgesetzt hat und welche Schritte als nächste dran sind.
2014 hatten die Grünen eigentlich schon so eine gewisse Unruhe. Die sie in Bezug auf das Umweltdezernat inzwischen immer öfter haben dürften. Denn gerade in diesem Dezernat stecken immer wieder Projekte fest, ohne dass hörbar wird, warum sie nicht vorankommen. Mal ist es ein kleines wie die Holperecke am Cospudener See, mal ist es ein wirklich großes wie der Lärmaktionsplan.
Der aktuelle Stand
Wie es um den steht, wollten die Grünen schon in der Februar-Sitzung des Stadtrates gern wissen. In einem kleinen Referat in der Ratsversammlung hat dann Bürgermeister Rosenthal auf die Anfrage der Grünen-Fraktion hin die zügige Vorlage des Umsetzungsberichtes, sowie eine Öffentlichkeitsbeteiligung für die Fortschreibung des Lärmaktionsplanes bis Mitte des Jahres angekündigt. Die Fortschreibung der Planungen sollten dem Stadtrat dann im 3.Quartal vorgelegt werden.
Das Protokoll dieses vielversprechenden Auftritts kann man weiter unten in diesem Artikel nachlesen. Bis zur Feststellung des OBM, dass es wohl keine Nachfragen gab. Gab es auch von den Grünen nicht. Die mussten den ganzen Text wohl erst mal verdauen und hatten doch noch ein paar Nachfragen, die dann das erhellende Ergebnis zu Tage brachten, dass es im Lärmaktionsplan eben doch nicht so schnell vorangeht.
Anders als versprochen, liegt bis heute kein Umsetzungsbericht vor und es wurde auch keine Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt. Auf die neuerliche Nachfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Ratsversammlung im Juni 2015 stellt die Verwaltung nun einen deutlich verzögerten Zeitplan mit Fortschreibung des Lärmaktionsplanes frühestens 2016 in Aussicht. Als Grund für die Verzögerung wird die hohe Arbeitsauslastung angegeben.
“Es ist schwer nachvollziehbar, warum der Verwaltungsspitze nicht bereits im Februar klar gewesen sein soll, dass die Personalkapazitäten für eine Fortschreibung des Lärmaktionsplanes in diesem Jahr nicht ausreichend sind”, kommentiert Daniel von der Heide, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, diese Herumdruckserei. “Vielleicht sollte vor Beschlussfassung über den Haushaltsplan nicht offensichtlich werden, dass die Verwaltungsspitze für die Aufgabe zu wenig Mittel eingestellt hat. Dem Stadtrat wurde damit aber auch die Möglichkeit genommen, auf genau diesen Umstand zu reagieren.”
Und er kann den Verdacht einfach nicht loswerden: Da wollen ein paar Verantwortliche einfach keinen transparenten und nachprüfbaren Prozess zur Lärmminderung in Leipzig in die Gänge bringen. Oder sie können’s nicht. Das wäre ebenso blamabel.
“Mir und meiner Fraktion entstehen Zweifel, ob die Verwaltungsspitze an effektivem Lärmschutz der Leipzigerinnen und Leipziger überhaupt interessiert ist”, sagt Daniel von der Heide. “Es bleibt zu hoffen, dass der Umsetzungsbericht diese Zweifel zerstreuen wird. Wir fordern daher die Verwaltung auf, den Umsetzungsbericht dem Stadtrat nun schleunigst vorzulegen. Jede weitere Verzögerung wird die Sorge verstärken, dass die Umsetzungsergebnisse offensichtlich nicht wirklich vorzeigbar sind.“
Hat die Verwaltung das Thema also einfach nicht ernst genommen und keine arbeitsfähigen Strukturen geschaffen? Hat es der OBM einfach irgendwo in die Niederungen seiner Verwaltung delegiert und dort ist es als Ordner auf einem staubigen Stapel gelandet, wo das Paket dann zwei Jahre herumlag, vielleicht sogar unter einer üppig wuchernden Büropflanze?
Irgendwie sieht es so aus.
Muss ein sehr stilles Büro gewesen sein. Wo niemand auf die Idee kommen könnte, in Leipzig könnte es irgendwo laut sein.
„Man muss sich immer vor Augen halten, dass im bestehenden Lärmaktionsplan, der 2013 beschlossen wurde, eine Fortschreibung für 2013 (!) angekündigt wurde. Es gibt also seit Jahren keinen Lärmaktionsplan, der auf die tatsächlichen Gegebenheiten in Leipzig reagiert”, sagt Daniel von der Heide dazu. “Der Fluglärm, das vermutlich größte Lärmproblem für eine Vielzahl von Leipzigerinnen und Leipzigern, wird im bestehenden Lärmaktionsplan überhaupt nicht berücksichtigt. Umso wichtiger ist eine schnelle Fortschreibung. Wir fordern die Verwaltung dazu auf, alles dafür zu tun, um die Fortschreibung zu beschleunigen.”
Protokollauszug zur Ratsversammlung am 25. Februar 2015
16.3. Planmäßige Fortschreibung des Lärmaktionsplans (Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen)
Oberbürgermeister Jung: Ich rufe 16.3 auf und bitte Kollegen Rosenthal um Antwort.
Bürgermeister Rosenthal: Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte!
Zur Frage 1: Der Zeitplan für die Fortschreibung des Lärmaktionsplans sieht zunächst eine verwaltungsinterne Abstimmung und eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung vor.
Konkret bedeutet das, die Evaluierung des beschlossenen Lärmaktionsplans 2013 ist abgeschlossen. Der Umsetzungsbericht ist derzeit in Erarbeitung und wird in den nächsten Wochen dem Stadtrat zur Kenntnis gegeben. Die Abstimmung mit den Ämtern wird derzeit vorbereitet. Die Umsetzung einer intensiven und umfassenden Öffentlichkeitsbeteiligung, unter anderem gegebenenfalls Onlineforum, Bürgergespräche, Treffen mit Stadtbezirksbeiräten, Ortschaftsräten,Umweltverbänden, Kammern, LVB, wird bis Mitte des Jahres angestrebt und die Erarbeitung der Fortschreibung unter Berücksichtigung der öffentlichen Beteiligungen und der verwaltungsinternen Abstimmung bis Ende des dritten Quartals 2015. Die Beschlussfassung der Fortschreibung des Lärmaktionsplans wird noch im vierten Quartal dieses Jahres angestrebt und insofern Beschlussfassung in der Ratsversammlung gegebenenfalls in der Dezembersitzung.
Die Fortschreibung des Lärmaktionsplans erfolgt unter anderem auf der Grundlage – das war die Ausgangsbasis im Grunde genommen, die wir schon geschaffen haben – der Lärmkartierung 2012, welche den Kfz-, Straßenbahn-, Eisenbahn- und Flugverkehrslärm sowie den Industrie- und Gewerbelärm berücksichtigt.
Zur Frage 2: Die Evaluierung des Lärmaktionsplans ist, soweit Informationen verfügbar waren beziehungsweise übermittelt wurden, abgeschlossen. Erste Informationen sind dem Stadtrat bereits zugegangen mittels zweier Sachstandberichterstattungen zum Beschlusspunkt 3 der Ratsversammlung. Der Umsetzungsbericht ist, wie gesagt, in Arbeit. Die Inhalte des Berichts sollen bei der Fortschreibung des Lärmaktionsplans nach Möglichkeit berücksichtigt werden.
Zur dritten Frage: Wie gesagt, der Umsetzungsbericht ist bereits in Arbeit. Vorausgesetzt, dass der Haushaltsantrag, der Ihnen bekannt ist zur Thematik „öffentliche Beteiligung“, im Grunde genommen eine Mehrheit findet, wobei die Verwaltung diesbezüglich schon eine Zustimmung mit Änderung signalisiert hat, ist es möglich, diesen Betrag entsprechend zusätzlich zu verwenden, um eine neben der gesetzlichen Regelung schon in der Vergangenheit praktizierte öffentliche
Beteiligung durchzuführen.
Zur vierten Frage: Die Aufwendungen in Höhe von 10.000 Euro zur Umsetzung der Sofortmaßnahmen wurden nicht vollständig umgesetzt. Hierzu wurde im Haushalt 2014/15 eine zusätzliche Personalstelle im Verkehrs- und Tiefbauamt bewilligt. Erst mit der entsprechenden Besetzung sind die dem Verkehrs- und Tiefbauamt zugewiesenen Aufgaben aus dem Lärmaktionsplan dann auch umsetzbar.
Darüber hinaus darf ich an einen weiteren Haushaltsantrag erinnern, der Ihnen ebenfalls bekannt ist, der vorsieht, für die Errichtung von Geschwindigkeitsanzeigetafeln zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen. Auch hier hat die Verwaltung als Zustimmung mit Änderung reagiert, und wenn entsprechend dieser Haushaltsantrag positiv votiert wird, könnten diese Mittel zusätzlich ausgegeben werden.
Zur fünften Frage: Nein, kontrollierende Lärmmessungen sind kein übliches Verfahren. Zahlreiche im Lärmaktionsplan benannte Maßnahmen sind nicht messbar und wirken sich nur indirekt lärmmindernd aus. Bauliche Maßnahmen, straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen oder auch die allgemeine Reduzierung der Verkehrsbelegung werden in der für 2017 erneut anstehenden Lärmkartierung berücksichtigt.
Zur sechsten Frage: Ein Teil der Sofortmaßnahmen wurde bereits umgesetzt beziehungsweise befindet sich in Umsetzung. Das betrifft drei Punkte: die Prüfung der Absenkung der Auslösewerte für die Fortschreibung des Lärmaktionsplans, das Einrichten und die Erweiterung der Lärmkartensuchanwendung und die Aktualisierung der Internetseite zum Thema Lärm www.leipzig.de/lärm. So weit von mir.
Oberbürgermeister Jung: Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. – Vielen Dank, Herr Rosenthal.
Nachfrage der Grünen-Fraktion zur Beantwortung der Anfrage 1031 – Lärmaktionsplan
1. Frage: Wann wird der Umsetzungsbericht des Lärmaktionsplans dem Stadtrat zur Kenntnis gegeben?
Antwort: Der Umsetzungsbericht zum Lärmaktionsplan befindet sich zurzeit im verwaltungsinternen Umlauf und soll dem Stadtrat vsl. Ende des 3. Quartals 2015 zur Kenntnis gegeben werden.
2. Frage: Was sind die Gründe für die Verzögerung der Vorlage?
Antwort: Gründe sind vor allem die hohe Arbeitsauslastung in den beteiligten Verwaltungseinheiten und die daraus resultierende zeitlich gestreckte Bearbeitung.
3. Frage: Da der im Februar angekündigte Zeitplan nun nicht mehr zu halten ist, wie ist der aktuelle Zeitplan für die Fortschreibung des Lärmaktionsplanes?
Antwort: Konkret soll die Fortschreibung jetzt wie folgt umgesetzt werden:
Die Evaluierung des beschlossenen Lärmaktionsplans 2013 ist abgeschlossen und der Umsetzungsbericht wurde erarbeitet und wird vsl. Im September 2015 dem Stadtrat zur Kenntnis gegeben. Eine erste Abstimmungsrunde zur Fortschreibung des Lärmaktionsplanes mit den Ämtern ist bereits am 18. Mai 2015 erfolgt.
Die Umsetzung einer intensiven und umfassenden Öffentlichkeitsbeteiligung (Online-Forum, Bürgergespräche, Treffen mit SBB und OR) gemäß § 47d (3) BImSchG wird bis Ende November 2015 angestrebt. Die Beteiligung der Teilöffentlichkeit (LVB, Kammern und Umweltverbände) hat bereits begonnen. Die Erarbeitung des fortgeschriebenen Planes unter Berücksichtigung der Öffentlichkeitsbeteiligung und der verwaltungsinternen Abstimmung wird bis Ende 1. Quartals 2016 angestrebt. Abschließend ist die Beschlussfassung der Fortschreibung Lärmaktionsplanes für das 2. Quartal 2016 geplant.
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Och, da wird es viele Gründe geben, weshalb die Stadtverwaltung einen derartigen Defätismus an den Tag legt, bei der ich schon glaube, dass sie dafür bezahlt wird.
Beim Lärmaktionsplan kann z.B. herauskommen, wie grottig der Kfz-Verkehr organisiert ist und das Verkehrsamt deshalb… ach lassen wir das…