Leipzig tut sich schwer mit seinem Luftreinhalteplan. Und mit der Berichterstattung dazu ebenfalls. Eigentlich umfasst der Plan dutzende Maßnahmen. Und es existiert ein Auftrag des Stadtrates, jedes Jahr Bericht zu erstatten über die Umsetzung der Maßnahmen. Aber im Oktober musste dann wieder nachgehakt werden. Der damalige Stadtrat der Linken, Jens Herrmann-Kambach, vermisste den Bericht. Und stellte auch einen entsprechenden Antrag, der so aussah.

“1. dem Fachausschuss Umwelt/Ordnung die konkrete finanzielle Untersetzung der Maßnahmen zur Umsetzung des Luftreinhalteplanes für 2014 zur Kenntnis zu geben und

2. dafür zu sorgen, dass die konkrete finanzielle Untersetzung der Maßnahmen im Rahmen der Aufstellung des Haushaltsplanentwurfes zur Umsetzung des Luftreinhalteplanes mit erarbeitet und bei Einbringung des Haushaltsplanentwurfes zur Kenntnis gegeben wird.

Begründung:

Mit dem Luftreinhalteplan hat sich die Stadt anspruchsvolle Ziele gesetzt, die fraktionsübergreifend und in der Verwaltung Zustimmung erfahren. Ihre Umsetzung erfolgt jedoch nach wie vor unzureichend, da die erforderlichen finanziellen Mittel nicht zur Verfügung gestellt werden. Ohne die Berücksichtigung und Einordnung der Finanzierung konkreter Maßnahmen in die Haushaltsplanung bleibt der Luftreinhalteplan nur Papier und die angestrebte und versprochene Verbesserung der Umweltbedingungen für die Bürgerinnen und Bürger wird nicht erreicht.”

Den zweiten Antragspunkt bekam er überhaupt nicht durch. Was schon verblüfft, denn die Stadt muss die meisten Maßnahmen, die für den Luftreinhalteplan eine Rolle spielen, ja auch mit Geld untersetzen.

Und der erste Punkt wurde dann in der Beschlussfassung noch so abgewandelt, dass die Stadt wieder ein bisschen Zeit gewann, eine Art Berichterstattung zu verfertigen: “Der Oberbürgermeister wird beauftragt, dem Fachausschuss Umwelt und Ordnung die konkrete finanzielle Untersetzung der Maßnahmen zur Umsetzung des Luftreinhalteplanes für das Jahr 2014 im 1. Quartal 2015 zur Kenntnis zu geben.”

Im 2. Quartal war sie nun da. Auch wenn sie etwas knapp ausfiel, wenn man bedenkt, dass es eigentlich 49 Maßnahmen sind, die im 2009 beschlossenen Luftreinhalteplan verankert sind. Darunter auch die berühmte Umweltzone. Aber die anderen Maßnahmen machen auch Sinn, wenn sie umgesetzt werden. Da steht übrigens auch der vierstreifige Ausbau der B6 im Leipziger Norden als Entlastungsmaßnahme für die Georg-Schumann-Straße mit drin. Was die acht Stadträte aus dem Wirtschaftausschuss einfach negiert haben, als sie ihren eigensinnigen Antrag zum Stopp der Umbaumaßnahme stellten: Die Georg-Schumann-Straße soll schon seit Jahren auch deshalb verkehrsberuhigt werden, um die Luftbelastung in der Straße zu senken. Das schafft man einfach nicht, wenn man den Verkehr weiter beschleunigt hält.

Und das beste Beispiel dafür ist ein zweites Straßengroßbauprojekt, das mittlerweile umgesetzt wurde: die Lützner Straße – fein mit separiertem Gleiskörper. Das Ergebnis: Die Luftbelastung ist nur minimal gesunken, die Feinstaubgrenzwerte werden auch nach der Fertigstellung gerissen.

Andererseits trägt der Netzausbau der LVB natürlich trotzdem zur Entlastung mit Schadstoffen bei, denn jeder Autofahrer, der auf die Straßenbahn umsteigt, mindert die Luftbelastung. Und wenn die LVB – wie jetzt in der Antwort aus dem Finanz- und dem Planungsdezernat angegeben – 51 Millionen Euro in Straßenbahn und Gleise investiert, dann ist das eine direkte Investition zur Klimaverbesserung in Leipzig.

Die Stadt selbst führt noch 8,9 Millionen Euro an Straßenbaumitteln an, die dem Klimaschutz zugute kommen. Das spielt zum Beispiel eine Rolle, wenn das Straßenpflaster verbessert wird, was die Staubaufwirbelungen vermindert. 5,6 Millionen Euro flossen 2014 so zum Beispiel auch in Straßenbelagsarbeiten. Es fallen aber auch Straßenbaumaßnahmen mit Verkehrsberuhigung darunter.

216.000 Euro flossen ins Park+Ride-System – denn jeder Autofahrer, der an der Stadtgrenze auf ÖPNV umsteigt, entlastet logischerweise die Leipziger Luft.

Aber auch der Ausbau des Radwegenetzes gehört natürlich zur Klimaverbesserung, auch wenn 1,2 Millionen Euro noch lange zu wenig sind. Die Stadtratsfraktionen wünschen sich hier – um tatsächlich mal richtig vorwärts zu kommen – eher 2,5 Millionen Euro.

Im Grunde vermisst man das oft heiß diskutierte Thema Geschwindigkeitsreduzierungen – ein echtes rotes Tuch für die Autofahrerparteien. Aber hier könne man keine Zahlen nennen, heißt es in der Auflistung, weil die Kosten – etwa für die benötigten Schilder – nur indirekt darstellbar seien.

Zwei Maßnahmen werden noch aufgeführt, obwohl die Maßnahmen selbst längst abgeschlossen sind – das eine ist die Anschaffung eines neuen Verkehrsrechners. Das andere ist die Erneuerung der beiden Turbinen in der GuD-Anlage der Stadtwerke.

Etwas lasch sind dann die Antworten zu Themen, die in der Luftreinhalte-Diskussion der Stadt immer wieder auftauchen. Das eine ist die Nassreinigung der Straßen insbesondere an Baustellen. Dafür ist die Stadtreinigung Leipzig verantwortlich. Aber irgendwie kann man die Leistung nicht beziffern. Und für Baustellenkontrollen “sind keine Mittel eingeplant”. Was heißt das? Dass keine Kontrollen stattfinden oder dass die Kontrolleure sowieso hingehen und keine Extra-Rechnung brauchen?

Und die wichtigen Maßnahmen etwa zum Straßengrün vermisst man komplett. Obwohl die von der Stadt bereitgestellte Summe für das Pflanzen von Straßenbäumen jedes Jahr ein Streitthema im Stadtrat ist.

Die Liste ist also durchaus anregend, wirft aber im Detail eine Menge Fragen auf, für die sich nun auch wieder die Stadträte interessieren dürften, auch wenn Jens Herrmann-Kambach in dieser Legislatur erstmal nicht mehr in der Linksfraktion sitzt.

Die Liste der Verwaltung zu den Klimaschutzmaßnahmen 2014.

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Dass die Stadt Leipzig keinen Bock auf gute Luft hat, war schon deutlich daran zu erkennen, dass am Ende sogar die EU(!) mit monatlichen Strafzahlungen gedroht hat (da muss schon viel passiert sein, dass die EU die Kleinstadt Leipzig in den Fokus nimmt).

Meines Wissens gab es sehr viele erteilte Ausnahmegenehmigen mit Laufzeit bis 2014. Sind die jetzt endlich abgelaufen?

“Kümmert” sich das Ordnungsamt um Autos mit nicht-grüner oder nicht-vorhandener Feinstaubplakette? So selten, wie ich die Beschäftigten dieser Behörde sehe, scheint Leipzig ein ruhiges Pflaster für Umweltsünder zu sein.

Tempokontrollen gibt es weiterhin nur automatisiert. Dass mal echte Polizisten mit Laserpistole am Straßenrand stehen, ist angesichts der regierenden Autofahrerparteien eher eine Utopie. Das Handeln durch massive Einsparungen bei der Polizei ist übrigens bezeichnend für die schleichende Art, wie der Rechtsstaat mangels Kontrolle faktisch ausgehöhlt wird. Bekanntlich nimmt die CDU, sobald die Möglichkeit dazu besteht, den Staat zu ihrer Geisel und bedient dann ihre Wahlklientele (dieser infame Gedanke ist nicht von mir, aber ihn finde ich ganz passend).

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