So richtig weiß die Merkel-Regierung nicht, wo sie eigentlich hin will. Gerade in Energiefragen hängt ihr Fähnchen im Wind - beim Atomausstieg war es 2011 genauso wie jetzt aktuell beim Fracking. Nur dass dem Frackingverbot nun doch wieder ein "Ja" zu der hochriskanten Technologie folgte. Da machen es die Kommunen wie jüngst auch bei TTIP: Sie erklären sich selbst für "frackingfrei".

Es ist zwar eher nur ein symbolischer Beschluss. Da braucht im Nachbarlandkreis nur ein frackingverliebter Landrat regieren und die Bohrmaschinen tauchen da auf, wo eben noch die Bürgerinitiative gegen Stromtrassen demonstriert hat. Aber wer kein Zeichen setzt, macht auch nicht deutlich, dass ihm das Gefälligkeitsspiel der Regierungen kontraproduktiv erscheint.

Der BUND Leipzig hatte im Frühjahr schon die Initiative gestartet, Leipzig zur Frackingfreien Kommune erklären zu lassen. Die Grünen-Fraktion hat das jetzt aufgegriffen und einen entsprechenden Antrag für den Stadtrat formuliert.

“Fracking ist eine Hochrisikotechnologie, die mit nicht verantwortbaren Eingriffen in die Natur verbunden ist und die Lebensqualität stark beeinträchtigen würde. Die Ausbeutung von Erdgaslagerstätten durch Fracking hat keinen nachhaltigen gesamtgesellschaftlichen Nutzen”, stellt dazu Anett Ludwig, Stadträtin und umweltpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, fest. “Stattdessen müssen die Bürgerinnen und Bürger der betroffenen Gemeinden und Städte die Gefahren und Folgekosten der Fracking-Technologie tragen. So würden zwar kurzfristig niedrigere Gaspreise möglich, langfristig aber ein steigender Gasverbrauch und damit steigende Emissionen folgen. Risiken wie die Verschmutzungen des Grund- und Trinkwassers durch verpresste Abwässer, Bohr- und Transportunfälle, Verseuchung der Böden durch Leckagen in den Rohrleitungssystemen, Flächenversiegelung, erhöhtes LKW-Verkehrsaufkommen und damit einhergehende Infrastrukturbelastung sowie zunehmende Lärm- und Schadstoffbelastungen an Förderplätzen und Zufahrtswegen sind unverantwortlich und konterkarieren zudem die eigenen gesetzten Energie- und Klimaschutzziele.”

Die Stadt sollte ein klares Bekenntnis gegen Fracking abgeben, wünschen sich die Grünen. Mittlerweile haben sich etwa 2.200 Kommunen in Deutschland, darunter auch Städte wie Düsseldorf (ca. 598.000 Einwohner), Dortmund (ca. 580.000 Einwohner), Augsburg (ca. 266.000 Einwohner) und die gesamte Bodenseeregion zu Frackingfreien Kommunen erklärt.

Reaktion dazu aus dem Bundestag?

Ist aus dem Bundestag dazu etwas Vernünftiges zu erwarten? – Leider nein. Abgeordnetenwatch.de hat die Bundestagsabgeordneten dazu befragt und am 16. Juni die Ergebnisse veröffentlicht. Die Parlamentarier, die sich aus der CDU/CSU-Fraktion an der Befragung beteiligt haben, sind mehrheitlich für eine Fracking-Erlaubnis oder haben irgendwie keine Meinung dazu. Ein typischer “Keine Meinung”-Vertreter ist Dr. Thomas Feist aus Leipzig, der die Gelegenheit nutzte, Abgeordnetenwatch zu erklären, dass er von Online-Petitionen gar nichts hält. Eine typische Pro-Fracking-Vertreterin ist die Leipziger Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla, die forsch erklärte: “Wir sollten uns den Chancen, die Fracking bietet, nicht verschließen. Deutschland darf sich technologisch nicht von anderen Ländern abkoppeln.”

Welche Chancen sie im Fracking sieht, hat sie nicht erklärt.

In der SPD-Fraktion sind fast alle Felder blau: Die Genossen können sich wieder eimal nicht entschließen, eine Meinung zu haben. Die Leipziger Bundestagsabgeordnete Daniela Kolbe taucht in der Umfrage nicht auf, hat aber auf eine direkte Anfrage von Abgeordnetenwatch geantwortet. Motto: Eigentlich bin ich dagegen – aber warten wir mal die Gesetzesvorlage ab. Zitat: “Persönlich sehe ich Fracking äußerst kritisch und bin froh, dass es in Sachsen bisher nicht zum Einsatz gekommen ist. Weder sind die Umweltfolgen absehbar, noch halte ich etwas davon, die Ressourcen unseres Planeten so massiv auszubeuten. Ich werde mich deshalb weiterhin kritisch in die Debatten meiner Fraktion einbringen.”

Wenn die Lage so ist, sagt man normalerweise “Nein”. Die längere Ausführung haben wir unten verlinkt.

Vier Abgeordnete hat Leipzig im Bundestag. Eine ist deutlich gegen Fracking: die Grünen-Abgeordnete Monika Lazar. Ihre Auskunft: “In unserer grünen Bundestagsfraktion lehnen alle Abgeordneten den Einsatz der Fracking-Methode zur Erdöl- und Erdgasgewinnung ab. Dies teilen wir über alle uns verfügbaren Kanäle mit. Entsprechend haben wir uns bisher und werden wir uns weiterhin in unseren parlamentarischen Möglichkeiten verhalten. So haben wir in der grünen Bundestagsfraktion Anfang Juli 2014 den Beschluss ‘Kein Gas durch Fracking’ gefasst …”. Für sie ist die Vorlage der Regierung nichts anderes als ein “Fracking-Erlaubnisgesetz”.

Der Beschlussantrag der Grünen-Fraktion.

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