Politiker haben keinen leichten Stand. Vor allem bei denen, die natürlich meist noch nicht einmal den Leipziger Ratssaal betreten haben, ist jeder Euro, den kommunale Abgeordnete erhalten, eine Frechheit, jede Entscheidung Schwachsinn und natürlich könnten sie es selbst viel besser. Während in Teil 1 rings um die geplanten Erhöhungen bei den Entschädigungszahlungen die aufgewendete Stundenzahl eines Leipziger Stadtrates im Zentrum stand, nun die Frage: Was genau wollen die einzelnen Fraktionen verändern? Einige Anregungen haben sie dabei aus Dresden und Chemnitz übernommen.
Über nichts lässt sich wohl so schön aus der Ferne streiten, wie über die Zahlungen an Politiker. Am geringsten entschädigt unter ihnen, die kommunalen Vertreter in den Stadträten. In Leipzig interessanterweise ohne eine Anhebung der Entschädigungen seit 2001 (2009 kam das kostenfreie LVB-Monatsticket dazu). Das kennt man anderen Ortes anders, wie die kürzlich beschlossene Pauschalerhöhung im sächsischen Landtag um 1.000 Euro.
Nun versuchen zumindest drei Fraktionen, wenn auch in weit geringerem Umfang, im Leipziger Stadtrat eine Veränderung herbeizuführen. Finden nämlich Linke, Grüne und die SPD mit ihren 44 Stimmen einen Kompromiss, können sich die 20 CDU- und die vier AfD-Räte in die Opposition begeben und lassen eine Erhöhung der Entschädigungen im Juli einfach im Stadtrat, vielleicht unter Protest, passieren. Im Raum steht dennoch derzeit eine offensichtliche Bereitschaft einer Mehrheit im Stadtrat, die Sitzungsgelder vor allem in den langen Stadtratssitzungen anzuheben und bestimmte Pflichttermine (wie beispielsweise Personalfindungsgremien) auch zu vergüten. Zum Rest wollen sich vor allem CDU, FDP und AfD noch Gedanken machen.
Grüne, SPD und Linke schon konkreter
Und eine noch einsame handfeste Zahl gibt es bereits. Ingo Sasama, Geschäftsführer der Fraktion B90/Die Grünen plädiert für eine Erhöhung der Monatspauschale von 330 Euro auf 500 Euro. Folgt man seiner eigenen Berechnung der bisherigen Durchschnittsvergütungen stiege die monatliche Zahlung von 745 Euro damit auf 915 Euro. Von den dann 10.980 Euro im Jahr müssen die Räte 7.780 Euro normal versteuern, der Freibetrag liegt bei 3.200 Euro. Je nach Status und den normalen Einnahmen aus den jeweilig ausgeübten Berufen oder unternehmerischer Tätigkeiten der Räte kann also der Geldbetrag am Ende weit geringer ausfallen.
Da jedoch im Leipziger Stadtrat auch sogenannte Hartz IV – Empfänger Mandate haben, wäre hier eine bessere Perspektive geboten, sich endgültig vom Jobcenter zu lösen.
Bei der Erhöhung der Sitzungsgelder mag sich so recht noch niemand festzulegen, auch der Zeitpunkt einer Anhebung schwankt zwischen drei (Die Grünen) und vier Stunden (Die Linke). Die in Größe und Finanzvolumen am ehesten vergleichbare Stadt Dresden gewährt seit 2009 nach vier Stunden Ratsversammlungszeit eine Erhöhung vom Grundbetrag 90 Euro auf 125 Euro und alle weiteren Gremienbeteiligungen werden vergütet. In Chemnitz werden hingegen erst nach sechs Stunden Sitzungsdauer die eher mageren 30 Euro Sitzungsgeld verdoppelt. 200 Euro bekommt ein Chemnitzer Stadtrat als Monatspauschale, auch hier liegt Dresden in Front mit derzeit 400 Euro, vor Leipzig mit bislang 330 Euro.
Zwei weitere Neuregelungen könnten am Ende der Debatten zum Beschluss vorliegen
So haben sich die Grünen in Chemnitz über eine sogenannte Technikpauschale schlau gemacht und fanden dies: 400 Euro gibt es hier im ersten Jahr der Wahlperiode, dann 300, 200 und 100 pro Jahr in den Folgejahren für die Stadträte, welche papierlos arbeiten. Damit soll neben dem ökologischen Aspekt und den Kosten für Papier und Druck der Vorlagen gesichert werden, dass ein Stadtrat über einen Laptop verfügt.
Und die SPD versucht, eine an die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten angepasste fortlaufende Erhöhung der Entschädigungen einzuführen. Auf den ersten Blick vielleicht schlau, doch würde es Debatten, wie die aktuell laufende wahrscheinlich unterbinden. Und damit eine Befassung mit der Arbeit der Stadträte noch ein wenig unpopulärer machen. Denn spätestens beim Geld ist die Aufmerksamkeit selbst derer gewiss, die auch in den kommenden Jahren keine Ratssitzung besuchen oder sich mit Kommunalpolitik eingehender befassen wollen.
Die aktuelle Entschädigungssatzung in Leipzig (PDF)
(Die Satzungen der Städte Dresden und Chemnitz am Ende des Artikels)
Die bisherigen Vorschläge der Fraktionen im Überblick
CDU
„Im Detail werden wir uns vermutlich einer Diskussion über die Entschädigungssatzung nicht verweigern. Dass für eine 8-stündige Ratssitzung ebenso 50 Euro Sitzungsgeld gezahlt werden, wie für eine zwei- bis dreistündige Ausschusssitzung, ist sicher kaum nachvollziehbar.“ Die CDU-Fraktion hat zu weiteren Entschädigungsfragen keinen Vorschlag unterbreitet.
Die Linke
„Das Grundsystem der Entschädigung, bestehend aus Pauschale und Sitzungsgeld, sollte erhalten bleiben. Die Tätigkeit in Arbeitsgruppen, Findungskommissionen und weiteren Gremiensitzungen, für die es bisher keine Entschädigung gab, sollte mit der neuen Satzung berücksichtigt werden.
Die sehr unterschiedliche Länge der Sitzungen (von 15 Minuten bis zu 8 Stunden und länger) sollte beim Sitzungsgeld durch Staffelung der Sitzungsgelder berücksichtigt werden (z. B. nach 4 Stunden Erhöhung des Sitzungsgeldes). Moderate Anhebung der Pauschale.“
SPD
„Wir sind nicht mit konkreten Wertvorstellungen in die Diskussion gegangen, haben aber Themen benannt, bei denen nachgebessert werden sollte, wie eben die Neustrukturierung der Sitzungsgelder bei den Ratsversammlungen und die Entschädigung für sonstige Sitzungen, an denen Ratsmitglieder teilnehmen müssen. Ebenso wichtig ist uns eine Dynamisierung der Entschädigungen (Kopplung an Lebenshaltungskostenindex etc.), so dass sich der Stadtrat nicht zu jeder Legislaturperiode erneut mit dem Thema befassen muss.“
B90/ Die Grünen
Für die Grünen ist ein Stadtratsmandat kein „Ehrenamt, wie quasi in einem Sportverein. Als Stadtrat geht man eine gesetzliche verbindliche Verpflichtung ein – wie z.B. auch ein Schöffe – welches die Freiwilligkeit erheblich einschränkt und Aktivitäten verpflichtend vorschreibt. Nicht umsonst bedarf es z. B. bei einer Mandatsniederlegung eines Beschlusses des Stadtrates dazu.
Erhöhung der Grundentschädigung auf 500 €, Aufschlag für Sitzungen, die länger als 3 Stunden gehen, Verbesserungen für Ortschafts-, Stadtbezirksbeirats- und Jugendparlamentssitzungen, Einführung einer Technikpauschale für Stadträte, die papierlos mit der eigenen Computertechnik arbeiten und so der Stadt erheblich Geld und Aufwand sparen.“
AfD
„Eine Aufwandsentschädigung von 330 € ist für einen Arbeitnehmer, und erst Recht, wenn er im Schichtdienst oder im Service mit Notdienst arbeitet schlichtweg nur eine Anerkennung, die nicht ausreicht, die Kosten des Ausfalls zu decken. Für andere mag diese Anerkennung auch ausreichend sein, je nach beruflichem Stand. Hier ist sicher ein Angestellter oder ein Unternehmer anders zu bewerten als ein Rentner oder ein Arbeitsloser.“
Die FDP-Stadträte Sven Morlok und René Hobusch
„Um die Stadtratsarbeit für Menschen mit ausreichender Qualifikation und Unabhängigkeit interessant zu machen, ist grundsätzlich über die bessere Vereinbarkeit von Ehrenamt und Beruf nachzudenken. Die Stadträte Morlok und Hobusch werden die Einbringung eigener Vorschläge in die aktuelle Debatte prüfen.“
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