Bei den "Höfen am Brühl" hat es nicht geklappt, die von den Grünen gewünschte und im Plan eigentlich auch so vorgesehene Kindertagesstätte mit unterzubringen. Dabei war die Integration der Kita schon Ergebnis eines jahrelangen Eiertanzes, der sich gerade wieder auf dem Matthäikirchhof wiederholte: Das Grundstück ist zu wertvoll für eine Kita, betonte die Verwaltung. Also doch wieder rauf aufs Dach, fragen jetzt die Grünen.

In der ganzen Stadt fehlen Kindertagesplätze, in der Leipziger Innenstadt erst recht. Doch statt Nägel mit Köpfen zu machen und Kitas zu verankern, wo die Stadt eine Chance hat, ist sie dem Thema über Jahre immer wieder ausgewichen, hat auch den Erbauer der “Höfe am Brühl” nur vage verpflichtet, eine Kindertagesstätte zu integrieren. Das ist dann trotzdem nicht passiert. Bauvorschriften hätten dem entgegen gestanden, heißt es.

Jüngst fragten die Grünen an, ob dann das städtische Grundstück am Matthäikirchhof Raum für eine Kita böte. Das zuständige Dezernat lehnte ab: Zu kostbar ist der Baugrund.

Deutlicher kann man das städtische Verständnis von wertvoll und teuer nicht illustrieren. Aber sollte eine Stadt – auch in ihrem Herzen – nicht mindestens die Voraussetzung für die Versorgung mit dem Lebensnotwendigen schaffen? Nicht nur Investoren einladen, mit Läden und Büros Geld zu verdienen? Wird eine Stadt nicht erst wertvoll, wenn die Mischung stimmt?

Der Bedarf an neuen Kitas ist in Leipzig weiterhin hoch. Doch nach Auffassung der Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen fehlt eine solche bislang in der Innenstadt. Warum ist hier nicht möglich, was in der Landeshauptstadt kein Problem war?

Seit 2009 gibt es auf dem Dach der Dresdner „Centrum Galerie“ eine evangelische Kindertageseinrichtung, die insbesondere Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der anliegenden Unternehmen eine Betreuung ihrer Kinder (70 Plätze für Krippen- und Kindergartenkinder) ermöglicht. Im Zentrum der Stadt gelegen, verfügt die barrierefreie Kitaeinrichtung im 3. Stock über eine Terrasse, die in einen 1.000 qm großen Garten übergeht.

Die im Bau befindliche Hainspitze. Foto: Ralf Julke
Die im Bau befindliche Hainspitze. Foto: Ralf Julke

Doch 2012 scheiterten in Leipzig Überlegungen endgültig, das Staffelgeschoss der „Höfe am Brühl“ für eine Kita zu nutzen, obwohl die Einrichtung Gegenstand des Architekturwettbewerbes war.

“Da ‘Wohnen’ ein wichtiger Bestandteil im Zentrum darstellt, muss auch die soziale Infrastruktur gestellt werden. Mit dem Konzept ‘Spielen in der Stadt’ wurden bereits erfreuliche innerstädtische Spielangebote geschaffen. Die nahegelegene Kinderbetreuung als zentraler Bestandteil der Familienfreundlichkeit spielte jedoch bislang eine untergeordnete Rolle”, kritisiert Michael Schmidt, Stadtrat und familienpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. “Immer wieder werden wir gefragt, warum es eigentlich keine Kita in der Innenstadt gibt. Mit der Kita auf dem Dach der Dresdner ‘Centrum Galerie’ gibt es ein exemplarisches Referenzprojekt, das bestens funktioniert. Warum also eigentlich nicht auch in Leipzig?“

Es gab zwar schon die ablehnende Stellungnahme der Stadt zu einer Kita auf dem Matthäikirchhof. Aber das wollen die Grünen so nicht auf sich beruhen lassen.

Ob zum Beispiel neben dem im Eigentum der Stadt befindlichen „Matthäikirchhof-Areal“ auch die im Bau befindliche Hainspitze mit Vermietungsproblemen, das künftige Bernstein Carreé am Bildermuseum oder das „Deutrichs Hof“-Areal mit seiner derzeitigen Parkplatznutzung in der Reichsstraße (gleich hinterm Riquet-Haus) geeignete Standorte sein könnten, will die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen mit ihrer Anfrage in Erfahrung bringen.

Tim Elschner, Stadtrat und stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen meint dazu: „Auf dem Matthäikirchhof-Areal können wir Grünen uns sehr gut eine Kita in Kombination mit anderen Nutzungen für die Innenstadt vorstellen. Das Areal wird allerdings erst langfristig entwickelt. Deshalb und vor dem Hintergrund einer sich immer weiter nachverdichtenden Innenstadt sollte die Stadtverwaltung gemeinsam mit derzeitigen wie künftigen Investoren weiter intensiv darüber nachdenken, ob unter dem Gesichtspunkt einer sogenannten ‘vertikalen Nutzungsmischung’ sich nicht noch andere Optionen für einen Kita-Standort in der Innenstadt finden. Vielleicht ließe sich bei entsprechender Beweglichkeit im Denken, wirtschaftlicher Darstellbarkeit und im Rahmen des rechtlich Möglichen, bereits frühzeitiger ein solcher schlussendlich verwirklichen.”

Die Anfrage der Grünen

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