Es wird zwar wie wild diskutiert - auf den Straßen, im Internet, an Stammtischen. Aber mit den Fakten über die Einwanderung und die Asylproblematik in Deutschland haben die Diskussionen oft wenig zu tun. Das merkte auch die Leipziger Stadtpolitik, als 2013 ein paar Akteure aus dem rechten politischen Spektrum versuchten, die Debatte gegen einen Moscheebau und Asylbewerberunterkünfte im Leipziger Norden anzuheizen.

Das Referat für Migration und Integration reagierte damals schon mit einer Handreichung „Migration und Asyl“, die vor allem all jenen Unterstützung bieten sollte, die mit den zum Teil haarsträubenden Argumenten aus den Tiefen des Nichtwissenwollens konfrontiert wurden. Fakten gegen Behauptungen.

Jetzt hat das Referat die zweite, überarbeitete Auflage vorgelegt. Denn natürlich ist das Thema für Leipzig nicht vom Tisch. Die Bürgerkriege und zwischenstaatlichen Konflikte, aber auch die innerstaatlichen Verfolgungen in einigen Krisenländern gehen ja unvermindert weiter. Es sind längst zu viele, als dass die Staatengemeinschaft auch nur damit rechnen könnte, die Zahl der Konfliktherde zu mindern. Im Ergebnis sind immer mehr Menschen nach Vernichtung ihrer Lebensgrundlage auf der Flucht. Die Flüchtlingszahlen steigen auch in Deutschland. Da sind nicht nur Gelder gefragt, da braucht es auch die Bereitschaft zur Solidarität und zur Integration der Asylsuchenden.

„Als wir im Februar 2014 die erste Auflage vorlegten, war es unser Anliegen ‒ angesichts der kontroversen Auseinandersetzungen und der vielen Nachfragen zu diesem Thema ‒ zum Abbau vorhandener Informationsdefizite und somit zu einer Versachlichung der Diskussion beizutragen. Die große Nachfrage nach der kleinen Broschüre, die nach wenigen Monaten vergriffen war, zeigte uns, dass die darin enthaltenen Daten, Fakten und Erläuterungen tatsächlich auf breites Interesse stoßen. Zugleich war dies ein untrügliches Zeichen für die dringende Notwendigkeit einer Neuauflage“, erläutert der Integrationsbeauftragte der Stadt, Stojan Gugutschkow, die Hintergründe für die Publikation.

Die Neuauflage ist umfangreicher, denn sie greift weitere, oft gestellte Fragen auf, wie zum Beispiel nach der Aufnahme syrischer Flüchtlinge, nach dem Europäischen Asylsystem oder nach den für die Stadt entstehenden Kosten. Sie ist aber auch aktueller – durch neues Zahlenmaterial und durch die Berücksichtigung rechtlicher Änderungen im Asylbereich, die zwischenzeitlich inkraft getreten sind.

Und die Broschüre zeigt auch, dass für Leipzig die Belastungen ebebfalls steigen. Die Zeit, da Deutschland so tun konnte, als sei es eine Insel, die von den Konflikten in der Welt nicht berührt wird, ist tatsächlich vorbei. Was übrigens auch für Europa gilt, das lange genug versucht hat, sich gegen die Hilfesuchenden aus den Konfliktgebieten des Nahen und Mittleren Ostens, aus Nordafrika und Osteuropa abzuschotten. Doch wer sich den Aufgaben nicht stellt, der züchtet erst die Gespenster, die dann an den Stammtischen besoffene Reden halten. Die Abschottung und die sture Abschiebepraxis des deutschen Innenministers sorgen nur für Kosten, ohne auch nur eines der Probleme zu lösen. Die Zeichen der Zeit stehen auf Integration. Aber dafür fehlt oft genug das Geld.

Dabei war 2013 sogar noch ein recht ruhiges Jahr, damals wurden der Stadt Leipzig 638 Asylbewerber/-innen zugewiesen, kann man in der Handreichung nachlesen. Im Jahr 2014 waren es dann 1.232. Zum 24. März 2015 lebten 1.631 Asylbewerber/-innen in Leipzig. Die Zahlen haben sich also verdoppelt, die Anstrengungen der Stadt, all diese Menschen auch menschenwürdig unterzubringen, auch. Tatsächlich ist die Unterbringung (auch in eigenen Wohnungen) eher reibungslos und ruhig vonstatten gegangen. Die Hälfte lebt mittlerweile in eigenen Wohnungen – und die Stadt sucht weiter.

“Die Zuweisungsprognose für das Jahr 2015 liegt nach den Vorgaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge bei 1.688 Asylbewerber/-innen, nach der Hochrechnung des Freistaates Sachsen (aufgrund der Zugänge in den Monaten Januar und Februar 2015) – bei 2.648 Asylbewerber/-innen”, heißt es weiter in der Handreichung.

Ob der Asylantrag der Betroffenen positiv beschieden wird, darüber entscheidet allein das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach einer Anhörung über die Flucht- und Verfolgungsgründe. Im Durchschnitt dauert so ein Verfahren 12 Monate. Und dann erfolgt in der Regel bei negativem Bescheid die Abschiebung. Aber das handhaben dann die Bundesländer durchaus unterschiedlich. Vor allem Bayern und Sachsen versuchen sich in einer gnadenlos schnellen Abschiebung zu überbieten.

Die Gesamtzahl der Abschiebungen, Zurückschiebungen und Zurückweisungen stieg bundesweit im Jahr 2013 von 15.897 auf 18.546. Aber Sachsen allein “schaffte” 1.037 Abschiebungen.

Die Handreichung informiert über alle rechtlichen Regelungen rund ums Asylrecht, auch über die Möglichkeit für die Asylbewerber, Deutsch zu lernen und eine Berufsvorbereitung zu machen. Sie informiert auch über die Leistungen, die die Asylbewerber erhalten und wie sie der Kommune erstattet werden.

Leipzig ist übrigens mit 6,8 Prozent die Stadt mit dem höchsten Ausländeranteil in Sachsen. Der Freistaat selbst kommt nur auf 2,5 – Dresden auf 4,2 Prozent.

Und die meisten Leipziger mit Migrationshintergrund kommen aus der Russischen Föderation, aus Polen und der Ukraine, wo ja bekanntlich ebenfalls ein Krieg tobt, von dem keiner so recht weiß, ob es nun ein Bürgerkrieg ist oder ein Stellvertreterkrieg für Russland.

Die aktualisierte Handreichung liegt im Neuen Rathaus und in den Bürgerämtern aus.

Die Handreichung zum Download.

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