Seit Wochen halten die rechten Legida-Aufmärsche die Stadt in Atem. Am 6. Februar haben Organisatoren und enge Mitstreiter in Leipzig einen Verein gegründet. Der "Legida e.V." hat sieben Mitglieder. Vorsitzender ist Silvio Rösler, der auf der Straße als Anmelder und Versammlungsleiter in Erscheinung getreten ist. Mit dem Juristen Arndt Hohnstädter tritt als Schatzmeister ein Rechtsanwalt in Erscheinung, der durch seine zurückliegenden Tätigkeiten für bekannte Rechtsextreme einen zweifelhaften Ruf genießt.
Der Legida e.V. ist unter Silvio Röslers Leipziger Meldeadresse im Stadtteil Leutzsch ansässig. Der Mitgliedsbeitrag beläuft sich auf 80 Euro. Dies geht aus den öffentlich einsehbaren Unterlagen auf der Registerstelle des Amtsgerichtes Leipzig hervor. Der Verein beabsichtigt anscheinend, als gemeinnützig anerkannt zu werden. Mitgliedsbeiträge und Spenden könnten in dem Fall steuerlich geltend gemacht werden.
Zweck des Vereins ist laut Satzung die “allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens”. Hierunter falle insbesondere die “außerparlamentarische politische Willensbildung” und die Förderung verschiedener außerparlamentarischer “Oppositionspositionen”.
Der Verein möchte “auf Missstände innerhalb der Gesellschaft” hinweisen. Vereinssziel sei auch “die allgemeine Optimierung aller demokratischen Strukturen, die Sicherung des Friedens, die Sicherung und Stärkung nationaler Kulturgüter und Werte sowie der Aufbau eines starken europäischen Kulturbewusstseins.”
Betrachtet man die selbsterklärten Ziele im Lichte aller äußeren Umstände, so drängt sich der Eindruck auf, die Gründungsmitglieder würden nunmehr versuchen, rechte Ideologien, wie sie im ersten Legida-Positionspapier deutlich zu Tage traten, hinter rechtsintellektuellen Phrasen und Ideologiefragmenten zu verbergen.
Auf der offiziellen Internetseite der Legida-Bewegung war am Montag um 14 Uhr von der bereits vollzogenen Vereinsgründung noch keine Rede. “Kommerzielle Absichten bestehen nicht, auch sind andere Gründe, die zu einem Impressum verpflichten würden (Verein, Onlineshop, Werbebanner, Querverweise, Links) nicht gegeben”, ist dort zu lesen. Am 8. Februar teilte Legida lediglich mit: “Wir sind ab morgen offiziell ein Verein.”
Auffällig ist, dass von den sieben Gründungsmitgliedern im Protokoll der Gründungsversammlung nur drei eine Leipziger Anschrift angegeben haben. Demnach wohnen neben Rösler die Mitglieder Heiko K. (38) und Mario E. (39) in der Messestadt. Michael C. (30) verortet sich in Torgau, Sebastian M. (31) in Geithain und Markus J. in Wurzen. Schatzmeister Arndt Hohnstädter (40) sollte die rechtlichen Normen, die für den Betrieb einer Vereinshomepage gelten, eigentlich kennen. Der Jurist, der im Gründungsprotokoll seine Grimmaer Kanzleiadresse angibt, arbeitet im Großraum Leipzig seit Jahren als Rechtsanwalt.
Laut amtlichem Anwaltsverzeichnis verfügt Hohnstädter über Zusatzqualifikationen als Fachanwalt für Verwaltungs-, Medizin- und Steuerrecht. Zusammen mit drei Kollegen war der Jurist zuletzt an den Standorten Leipzig und Grimma in einem gemeinsamen Anwaltsbüro tätig. Sein Name tauchte selbstredend im Kanzleinamen auf. Das scheint plötzlich passé zu sein. “Zukünftig firmieren wir unter der Bezeichnung ‘Braeske, Thomas & Otto Rechtsanwälte Partnerschaft mbB'”, steht nun seit über einer Woche auf der Kanzlei-Homepage neben einer Erklärung zu lesen. Was zur Trennung geführt hat, ist offen. Die bis heute, 16. Februar bestehende Verkündung erfolgte im Umfeld eines Berichtes unter dem Titel “Die dubiosen Gestalten hinter der Legida-Bewegung”, welcher seit dem 21. Januar 2015 auf Welt.de zu lesen ist.
Nun ist Hohnstädters Nähe zur rechten Szene in Leipzig nichts Neues. Der Jurist verteidigt seit Jahren Rechtsextremisten in Strafverfahren. Nicht nur in Sachsen. Darüber hinaus ist der Rechtsanwalt mehrfach in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten für die Szene tätig gewesen. Unter Leipziger Juristen genießt Hohnstädter längst den Ruf eines NPD-Anwalts.
In der Öffentlichkeit tritt er für gewöhnlich nicht politisch aktiv in Erscheinung. Zu groß war bisher die berechtigte Angst des Akademikers um berufliche Konsequenzen, sollte sich seine persönliche Nähe zu rechten Kreise allzu sehr herumsprechen. Im Oktober 2010 besuchte der Anwalt eine Kundgebung der “Jungen Nationaldemokraten” am Leipziger Hauptbahnhof. Rein dienstlich. Im Nachgang der Veranstaltung vertrat Hohnstädters Kanzlei den NPD-Nachwuchs erfolgreich im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht. Dasselbe Anwaltsbüro verhalf dem mittelfränkischen Rechtsextremisten Niclas R. zur Anmeldung der Wortmarke “HoGeSa” (Aktenzeichen: 3020140676281). Das Kürzel steht für die rechte Schläger-Bewegung “Hooligans gegen Salafisten”.
Darüberhinaus referierte Hohnstädter am 6. April 2011 als Sachverständiger vor dem Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuß im Sächsischen Landtag. Gegenstand der öffentlichen Anhörung war ein Gesetzesentwurf der NPD-Fraktion. Im Jahr 2013 hatte die NPD während des Bundestagswahlkampfs viel zu klagen. “In diesem Zusammenhang ein herzlicher Dank an unsere Rechtsabteilung, insbesondere an unsere Rechtsanwälte Peter Richter und Arndt Hohnstädter”, schrieb der damalige Parteichef Holger Apfel im Netz.
Mit “Legida” glaubt Hohnstädter nun offenbar, eine politische Protestform gefunden zu haben, die ihre Teilnehmer in der öffentlichen Wahrnehmung nicht per se ins rechte Licht rücken lässt. Im sozialen Netzwerk “Facebook” findet sich allerdings ein öffentlich einsehbares Profil mit Namen und Foto des Juristen, dass von tiefen Verstrickungen seines Betreibers ins Neonazi-Milieu zeugt. In der Freundesliste finden sich bekannte Funktionsträger aus den Reihen der NPD, darunter zwei ehemalige Parteivorsitzende. “Befreundet” ist der Profilbetreiber auch mit Neonazis aus dem Kameradschaftsmilieu, außerdem mit einer Aktivistin, die Beobachter dem weitläufigen NSU-Unterstützerumfeld zurechnen.
Der Nutzer des Profils hat die Neonazi-Combo “Kategorie C” geliked, die für ihre gewaltbejahenden Texte bekannt ist. Außerdem einen Roman des nationalistischen Schriftstellers Ernst Jünger, einem Wegbereiter der sogenannten “Konservativen Revolution”, der heute vornehmlich in rechtsintellektuellen Kreisen verehrt wird.
Auf der “Pinnwand” ist ein Foto zu sehen, dass Hohnstädter augenscheinlich in einer privaten Umgebung zeigt. Der Rechtsanwalt sitzt auf einer Couch. Neben ihm hockt ein Hund, dem er an die Brust fasst. “Der Yogimeister soll sich mal dringend melden oder ist der tranzendal vom Hundenapf bekullert?”, fragt Silvio Rösler in der Kommentarspalte unter der Aufnahme (Fehler im Original). ” Lieber Zenmeiister, wenn es klappt, komm ich morgen mal bei Dir vorbei. Grüße arndt”, schreibt der Profilnutzer zurück.
Wenngleich nicht erwiesen ist, dass Hohnstädter selbst dieses Facebook-Profil betreibt, so dürfte es der Jurist zumindest seit längerem versäumt haben, gegen die sehr persönlichen Inhalte und Verbreitungen unter seinem Namen vorzugehen. Eine Zurückhaltung, welche man sonst in Medienkreisen nicht von ihm gewohnt ist.
Nachtrag der Redaktion: Wie nach Fertigstellung des Artikels bekannt wurde, haben Unbekannte in der Nacht auf Montag, 16. Februar im Landkreis Leipzig “die Scheiben eines Volvo entglast”, so Polizeisprecher Uwe Voigt gegenüber L-IZ.de. Bei dem Geschädigten handelt es sich nach Polizeiangaben um einen 40-Jährigen. Es gilt als mehr als wahrscheinlich, dass es sich hierbei um den Pkw von Arndt Hohnstädter handeln könnte. Legida schreibt auf der eigenen Facebookseite dazu: “Das Auto unseres Anwaltes wurde heute morgen, von bisher nicht identifizierten Tätern, zerstört.”
Keine Kommentare bisher