Der Verfolgungseifer der Leipziger Staatsanwaltschaft steht dem der Dresdner Kollegen nichts nach. Dagegen regt sich Widerstand. Nachdem schon das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ sich solidarisch mit Monika Lazar und Juliane Nagel erklärt hat und die Unterzeichnenden der „Leipziger Erklärung 2015“ dazu aufgerufen hat, Selbstanzeige zu erstatten, folgt auch der Bundessprecher der Grünen Jugend, Erik Marquardt, diesem Aufruf und zeigte sich nach Ermittlungen gegen die Leipziger Abgeordneten selbst an.
Marquardt ist selber Unterzeichner der „Leipziger Erklärung 2015“. Die L-IZ sprach mit dem Politiker: „Ich war auf der Legida-Demonstration am 12. Januar 2015. Die Zustände auf dieser Versammlung waren erschreckend. Dort wurden von Legida-Demonstranten mahnende Grabkerzen an Stolpersteinen zertreten, es wurden wiederholt Hitlergrüße gezeigt und es kam zu diversen Verstößen gegen das Vermummungsverbot. Nichts davon wurde augenscheinlich geahndet. Das war kein gemütlicher Abendspaziergang, sondern eine stramm-rechter und zudem antidemokratischer Aufzug. Diesen Leuten muss gezeigt werden: Hier ist kein Platz für euch. Ich empfinde es als meine Pflicht, mich Menschen, die eine rechtsradikale Ideologie verbreiten wollen, in den Weg zu stellen. Nicht einmal Journalisten konnten ohne Furcht um ihre körperliche Unversehrtheit die Arbeit auf der Legida-Demonstration verüben. Das allein ist ein Skandal, dem sich die Staatsanwaltschaft intensiv widmen könnte. Stattdessen geht sie nun gegen Bürgerinnen und Bürger vor, die Zivilcourage nicht nur einfordern, sondern sie auch zeigen. Auf der Pressekonferenz, die zu den Ermittlungen führte, wurde nur der Aufruf vertreten, zu dessen Erstunterzeichnern ich zähle.”
“Leipziger Polizei sollte bewusster auf ihr eigenes Verhalten schauen”
“Ich unterstütze den Aufruf “Leipzig nimmt Platz 2015″ und stehe dazu.” so Marquardt weiter. “Auch indem ich mich aus Solidarität bei der Staatsanwaltschaft Leipzig selbst anzeige. Hinter diesem Aufruf steht keine Straftat, sondern eine Pflicht zum Engagement gegen Rechts. Das will ich schriftlich.” Weiterhin fragt Marquardt nach dem Selbstverständnis der Leipziger Polizei und dem Bild, was sie in der Öffentlichkeit zeigt: „Ich habe selber gesehen, wie auf der Legida-Demo in Leipzig etwa 50 Vermummte Legida-Demonstranten auf Journalisten losgegangen sind, die ihrer journalistischen Pflicht nachkommen wollten. Dieser Angriff wurde von der Polizei nicht unterbunden. Man kann schon kritisieren, dass das Recht der Pressefreiheit und der Gegendemonstranten nicht geschützt wurde. Die Leipziger Polizei sollte mal bewusster darauf schauen, dass ihr Verhalten zu einem einseitigen Bild führen kann. So entsteht der Eindruck, hier würde mit zweierlei Maß gemessen. Warum werden Hitlergrüße und offensichtliche Vermummung auf Seiten der rechten Demonstranten nicht geahndet? Warum wird die Pressefreiheit nicht geschützt? Warum verfolgt die Staatsanwaltschaft nicht die gewalttätigen Übergriffe der Pegida-Anhänger? Es wäre schön, wenn sie da genauso vorgehen würde, wie gegen die Leipziger Abgeordneten.“
„Sächsisch-verbiesterte“ Abstempelung von Zivilcourage als Straftat
Ins gleiche Horn wie Marquardt stößt Klaus Bartl, Juliane Nagels Rechtsanwalt und der rechtspolitische Sprecher der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag: „Hier tritt zum x-ten Mal innerhalb mehrerer Jahre die offizielle sächsisch-verbiesterte Auffassung zutage, jegliche Äußerung unangepasster Zivilcourage sofort als strafbare Verhinderungstat abzustempeln. Dass die Staatsanwaltschaft damit regelmäßig vor Gericht Schiffbruch erleidet, scheint sie nicht abzuschrecken. Unabhängig davon erneuern wir unsere Kritik an dem unzeitgemäßen Passus des sächsischen Versammlungsgesetzes, der mit der Keule des Strafrechts gegen vermeintlich „grobe Störungen“ von Versammlungen einem obrigkeitsstaatlichen Weltbild entspringt. Er gehört endlich gestrichen. Wir haben uns als Linke gegen alle Einschränkungen der Versammlungsfreiheit in den letzten Wochen verwahrt, völlig unabhängig davon, dass wir die dabei verbreiteten Auffassungen teilweise für schrecklich halten. Das gilt insbesondere für Legida. Was aber gar nicht geht, ist die Kriminalisierung von antirassistischem Protest.
„Von nachvollziehbaren Gründen für Ermittlungen kann keine Rede sein“
Monika Lazar, Leipziger Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen erklärt zu der Anklage gegen sie: „Wie für alle anderen Bürgerinnen und Bürger gelten auch für mich als Abgeordnete die Gesetze unseres Rechtsstaates. Dies schließt auch mögliche Ermittlungen ein. Allerdings fände ich es gut und richtig, wenn nachvollziehbare Gründe für eine Ermittlung gegeben wären. Davon kann jedoch im vorliegenden Fall keine Rede sein. Friedliches, zivilgesellschaftliches Engagement gegen rassistisch motivierte Legida-Demonstrationen ist zum Schutz unserer Demokratie unverzichtbar. Ich wünsche mir, dass viele Leute protestieren, wenn menschenverachtende Parolen gegen Asylsuchende und andere Minderheiten auf unseren Straßen propagiert werden. Dazu öffentlich einzuladen, betrachte ich nicht nur als mein grundgesetzliches Recht, sondern sogar als meine politische Pflicht.“
„Staatsanwaltschaft versucht, friedlichen Widerstand gegen Rechts zu kriminalisieren“
Dass ich dabei ein friedliches Vorgehen angemahnt habe und keine Gewalttätigkeiten, Drohungen oder grobe Störungen (§ 22 SächsVersG) hervorrufen wollte, sei anhand meiner Aussagen auf der Pressekonferenz leicht zu prüfen und nachzuweisen, so Lazar. „Es irritiert mich sehr, dass die sächsische Staatsanwaltschaft immer wieder versucht, friedlichen Widerstand gegen Rechts zu kriminalisieren. Auch gegen die sächsische Landtagsabgeordnete der Linksfraktion Juliane Nagel wurden Ermittlungen eingeleitet. Ich finde solche Verunglimpfungen ärgerlich und sogar gefährlich. Durch derartige Signale werden Bürgerinnen und Bürger verunsichert, entmutigt und davon abgehalten, für Menschenrechte und eine offene Gesellschaft Flagge zu zeigen. Wenn jedoch dumpfe rassistische Stimmungsmache unwidersprochen bleibt, wirkt sich das fatal auf das gesellschaftliche Klima aus und befördert Diskriminierung und rechte Gewalt. Meine aktive Unterstützung friedlicher Proteste betrachte ich deshalb als Maßnahme zur Prävention von Straftaten. Die Staatsanwaltschaft sollte dies anerkennen und begrüßen, anstatt konstruierte Vorwürfe zu erheben.“
Armutszeugnis für Freistaat
„Nicht zivilgesellschaftliche Akteure haben LEGIDA am 9. Febraur 2015 am verfassungsmäßigen Recht zum Demonstrieren gehindert, sondern der Freistaat mit seinen höchst umstrittenen Versammlungsverboten. Nun wandert der Schwarze Peter zwischen sächsischem Innenministerium und Stadt Leipzig hin und her. Dieses Armutszeugnis des Freistaats gibt mir ebenso zu denken wie die Nebenkriegsschauplätze, die von der Justiz gegen demokratische Akteure eröffnet werden.“
Keine Kommentare bisher
Warum wird die Pressefreiheit nicht geschützt? Welche? Doch nicht etwa die Pressefreiheit, wie sie bei der LVZ praktiziert wird. Wenn die beschützt wird, dann gute Nacht Marie.
Der Jugendfreund Marquart scheint noch sehr “grün” hinter der Ohren zu sein. Kein Wunder, dass er Mitglied dieser Partei ist. Außerdem scheint er zwei “rechte” Augen zu haben. Traurig in so jungen Jahren. Wie soll das erst später werden?