Jahrelang hat Leipzig gespart. Auch dadurch, dass viele Budgets einfach nicht erhöht wurden und jahrelang auf dem einmal beschlossenen Niveau blieben. Obwohl natürlich alles Mögliche teurer wurde: Strom, Heizkosten, Büromaterial, auch die Personalkosten. Höchste Zeit, dass Leipzig auch bei der Vereinsfinanzierung endlich wieder die Inflation mitbedenkt, finden die Grünen. Und stellen gleich drei Antrage dazu für den Doppelhaushalt 2015/2016.

Der eine Antrag beschäftigt sich direkt mit dieser Anpassung der Summen an die ganz normale Preisentwicklung. Damit das nicht jedes Jahr aufs neue extra beschlossen werden muss, nennen es die Grünen “Dynamisierung der Zuwendung für Vereine und Verbände”.

Und erklären es der Verwaltung auch hübsch: “Die Zuwendungen der Ämter für Vereine und Verbände werden für 2015 und 2016 durch Mittelerhöhungen analog zu der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes Sachsen dynamisiert, dass der Gleichheitsgrundsatz eingehalten wird. Die Erhöhung für 2015/16 beträgt analog des durchschnittlichen Gesamtpreisindex 2010-14 1,5%, wenn nicht durch gesonderten Beschluss anders vorgesehen.”

Und falls das in dieser knappen Form noch auf Unverständnis stoßen sollte, gibt es auch die Erläuterung dazu. Denn ohne “Dynamisierung” bedeutet eben auch ein gleich bleibendes Budget tatsächlich eine Kürzung der Mittel.

Die Grünen-Fraktion: “Die Förderung von Vereinen und Verbänden stagniert seit einigen Jahren im Wesentlichen. Auch wenn die Finanzaufwendungen im geplanten Haushalt nicht gekürzt wurden, haben wir es mit einer realen Kürzung zu tun, das heißt einer versteckten Kürzungspolitik. Um die Tarifsteigerungen abzufangen, müssen die Vereine und Verbände den Arbeitseinsatz ihrer Mitarbeiterinnen verringern. Das führt real zu einer ständigen Verschlechterung der Hilfs-, Unterstützungs- und Beratungsangebote in Leipzig. Dieser Entwicklung soll mit einer kontinuierlichen Anpassung der Fördermittel entgegen gewirkt werden.”

Derselbe Gedanke steckt auch hinter dem Antrag, der direkt die Gelder für die freie Kulturszene in Leipzig betrifft. Jahrelang wurde ja um die 5 Prozent für die freie Szene gekämpft. Die hat sie zwar nun. Aber wenn auch hier nicht jedes Jahr wenigstens der Inflationsausgleich oben drauf kommt, war’s das auch bald wieder mit den 5 Prozent.

Und so beantragt die Grünen-Fraktion: “Das Budget des Kulturamtes für die Förderung der Vereine und Verbände wird für das Haushaltsjahr 2015 und 2016 wie im Stadtrat beschlossen auf 5 % erhöht. In die Berechnung eingeschlossen sind die Kulturraumgelder.”

Dann passiert nämlich etwas ganz Überraschendes: Die feministische Bibliothek MonaLiesa, die das Kulturamt für 2015 kurzerhand aus der Förderung hinausgeschmissen hat, passt wieder ins Budget. Peinlich genug, dass das Kulturamt überhaupt auf die Idee kam, dem neuen Trägerverein einfach die Gelder zu streichen, nachdem der nun wirklich engagiert die Rettung der einzigartigen Bibliothek geschafft hatte.

Und so steht im Grünen-Antrag auch: “Von den mehr zur Verfügung gestellten Mitteln erhält ‘Lotta e. V.’ (u. a. neuer Träger der Frauenbibliothek) 20.000 Euro.” Die 20.000 Euro ware das, was der Bibliothek eigentlich auch 2014 zur Verfügung gestanden hätte, wäre der alte Trägerverein nicht in die Arbeitsunfähigkeit geschliddert und hätte das Kulturamt das Geld nicht einfach an andere Vereine umverteilt. Dass die MonaLiesa 2014 überhaupt wieder öffnen konnte, war nur durch eifriges Spendeneinsammeln möglich geworden. Aber das ist gerade in Leipzig keine Dauerlösung.

Warum so eine kleine Summe locker in ein dynamisiertes Budget für die freie Szene passt, rechnet die Grünen-Fraktion in ihrem Antrag auch gleich vor: “Für das Planjahr 2016 ist eine Steigerung der Zuwendungen für die Eigenbetriebe der Kultur (auf) 3,53 Millionen Euro vorgesehen. Die Zuweisungen für Vereine und Verbände steigen aber nur um 136.250 Euro. Damit wären sie derzeit mit weniger als 4 % an den Steigerungen beteiligt. Zwar läuft der Geltungsbereich des Beschlusses der Ratsversammlung Nr. RBV-1294/12 vom 18.07.2012 im Planungsjahr 2015 aus, aber im Hinblick auf die angestrebte Erneuerung des Beschlusses sollen die entsprechenden Mittel eingestellt werden.”

Heißt dann nach überschlägiger Rechnung: Mehrausgaben von 200.000 Euro pro Jahr. Da ist eine MonaLiesa locker mit drin.

Und dann ist da noch ein Problem, das die Vereine schon seit Jahren quält: Die Unsicherheit aller Planungen schon aufgrund der Tatsache, dass die Gelder mit jedem Jahr neu beantragt werden müssen. Gerade jetzt mit dem ersten Doppelhaushalt der Stadt ein Unding, finden die Grünen und beantragen nun eine zweijährige Förderung von Vereinen und Verbänden.

“Die Mittelzuweisungen an Vereine und Verbände erfolgen in wesentlichen Teilen nach dem Beschluss des Doppelhaushaltes für die Jahre 2015 und 2016”, heißt es in ihrem Antrag. “Die Vereine und Verbände erhalten bereits in den noch laufenden Förderverfahren für 2015 die Möglichkeit, die Mittel für 2016 zu beantragen, soweit dies gewünscht und noch nicht geschehen ist.”

Was dem Finanzbürgermeister recht sei, müsste für die Vereine der Stadt, die ja auch gern mit Perspektive arbeiten wollen, nur billig sein, finden die Grünen. Und um auch das Herz der Verwaltung zu erweichen, schildern sie in der Begründung,  was alles mit dranhängt an einer solchen finanziellen Absicherung über zwei Jahre: “Die Einführung des ersten Doppelhaushaltes wurde durch das Dezernat Finanzen unter anderem damit begründet, dass er für die geförderten Verbände und Vereine Planbarkeit und Sicherheit schafft, weil die Fördermittel für zwei Jahre eingeplant sind. Die Stadtverwaltung hat jedoch bisher an ihrer Praxis der jährlichen Beantragung und Mittelvergabe nichts verändert.”

Nur scheint der Gedanke des Finanzbürgermeisters die zuständigen Ämter noch nicht erreicht zu haben: “Zwar planen die Ämter Summen ein, die Vereine bekommen aber weiterhin nur Zuschläge für ein Jahr. Alle müssen für 2016 erneut beantragen und haben keine größere Sicherheit als vorher, im Gegenteil. Es gibt keine direkte Fördergarantie für zwei Jahre. Das heißt, die Vereine und Verbände tragen das Risiko von Kürzungen und Streichungen nach wie vor. Der Aufwand der jährlichen Beantragung bleibt gleich.

Zudem entfällt der Verhandlungsspielraum der Vereine, Kostensteigerungen gelten zu machen, sowie der politische Einfluss des Stadtrates auf die Förderstrukturen. Durch die jährliche Beantragung und Mittelvergabe entsteht auch für die Stadtverwaltung nicht der gewünschte Synergieeffekt.”

Und damit auch die wichtige Rolle der Vereine noch einmal ins Bewusstsein rückt: “Viele Vereine und Verbände leisten seit Jahren eine wertvolle Arbeit, deren Fortbestand zwingend notwendig ist. Solchen Projekten können unproblematisch auf entsprechende Antragstellung Förderzusagen über zwei Jahre gegeben werden, was wiederum den Verwaltungsaufwand bei Stadt und Antragstellern deutlich verringern würde. Andere, bspw. neue Projekte, sollten weiterhin mit einer jährlichen Förderung der Möglichkeit der Flexibilität für Stadt und Antragsteller unterliegen können. – Zusammenfassend wird das vom Grunde her bestehend bleibende jährliche Fördermittelverfahren entsprechend um die Möglichkeit einer zweijährigen Antragstellung/Förderung ergänzt und somit übersichtlicher und planungssicherer für Verwaltung sowie Antragsteller.”

Meistens sind es die einfachen und eigentlich einleuchtenden Dinge, die immer extra beantragt werden müssen.

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