Die Anti-Islam-Bewegung "Pegida" beschäftigt mit ihren Montagsdemos die Republik. Gestern gingen in Dresden rund 15.000 Menschen gegen eine angebliche "Islamisierung" des Abendlandes auf die Straße. Laut MDR folgte heute von CDU, SPD und Linken eine Einladung zum Gespräch mit den PEGIDA-Organisatoren in Dresden. Am 12. Januar möchten nun Nachahmer in Leipzig demonstrieren. Seit Dienstag sind drei Aktivisten von "Legida" (Leipzig gegen die Islamisierung des Abendlandes) namentlich bekannt. Doch in der Messestadt formiert sich früher als in der Landeshauptstadt ein breiter Gegenprotest.
Noch gibt es um die Anmeldung der Leipziger “Anti-Islam”-Demo ein gewisses Hin und Her. Polizeikreise bestätigten gegenüber L-IZ einerseits, dass es am gestrigen Montag ein Vorgespräch mit “Legida”-Vertretern gegeben habe, jedoch noch keine offizielle Anmeldung vorliege. Zwei Namen seien dabei gefallen. Eventueller Anmelder des Aufmarschs am 12. Januar ist Marco P. (40). Als mutmaßlichen Versammlungsleiter hat P. seinen Kumpel Silvio R. (51) benannt. Auf der Facebookseite von “Legida” wird die Anmeldung durch die beiden derzeit bestritten, nachdem eine Leipziger Antifaseite die beiden Namen öffentlich gemacht hatte.
Beide Vertreter von “Legida” stammen aus dem Leipziger Fußball-Milieu. Wenngleich sich die geplante “Legida”-Demo ausdrücklich “gegen Extremismus” richtet, scheinen beide Männer über Verbindungen ins Neonazi-Milieu zu verfügen.
Antifa-Aktivisten veröffentlichten am Dienstag ein Foto, das Silvio R. mit dem Thüringer Rechtsextremisten Thomas G. zeigt. Dieser verweigerte im Münchner NSU-Prozess konsequent die Aussage über Vorgänge, die die Hammerskin-Bruderschaft betreffen, welcher er angehört. Marco P. hat mit seinem “Facebook”-Profil die Seite der rechtsextremen Bürgerinitative “Gohlis sagt Nein” geliked. Die Seite bewirbt längst die “Legida”-Veranstaltung. Bei dieser Initiative hatte sich spätestens mit der Übergabe einer Petition gegen den Moscheebau der Ahmadiyya-Gemeinde in Gohlis herauskristallisiert, dass NPD-Mitglieder wie der Stadtrat Enrico Böhm und Ex-NPDler Alexander Kurth die “Bürgerinitiative” repräsentieren.
Gegenüber L-IZ.de äußerten sich P. und R. auf Nachfrage bislang nicht zu ihren Funktionen bei “Legida”. Hinsichtlich des Fotos mit Rechtsextremisten Thomas G. teilte Silvio R. mit, dieses sei bei einem Fanabend entstanden. “Hier unterhalten sich zwei Fußballfans. Anders geartete gemeinsame Interessen außer die Liebe zum abgewickelten Verein bestanden und bestehen nicht und andere Berührunspunkte gibt es nicht”, so der mutmaßliche Versammlungsleiter.
“Legida” positioniert sich wie “Pegida” nach außen gegen “Extremismus”, ein bekanntermaßen dehnbarer Begriff. Allerdings beteiligen sich an den “Pegida”-Aufmärschen regelmäßig gewaltbereite Neonazis, die vornehmlich aus dem Hooligan-Milieu stammen. Am 12. Januar ist in Leipzig mit einer ähnlichen Klientel zu rechnen.
Die Demo-Vorbereitungen stoßen in der Messestadt bei den Vereinsführungen bekannter Fußballclubs auf wenig Gegenliebe. Die BSG Chemie erteilte ihrem “Fan” Silvio R. umgehend Hausverbot. Noch heute berät der Lok-Vorstand in seiner turnusmäßigen Sitzung über den zukünftigen Umgang mit Marco P.. Fakt ist: Antiislamisches und anderes diskriminierendes Gedankengut ist in den Stadien beider Clubs unerwünscht.
Neben den Verbindungen in die Leipziger Fußballszenerie wird durch die “Legida”-Organisatoren mittlerweile der in Dresden immer wieder unterschwellig anzunehmende Einfluss der AfD auf die Ziele der PEGIDA offen zugegeben. So heißt es in einer Stellungnahme zu einem BILD-Artikel “Es ist richtig, dass der Islamwissenschaftler Hans-Thomas Tillschneider bei Legida mitwirkt. (…) Die `Patriotische Plattform`, der Hans-Thomas Tillschneider als Sprecher vorsteht, ist ein Verein aus AfD-Mitgliedern und gilt als Organisation des rechten Flügels der AfD. Die Mitglieder der Patriotischen Plattform sind engagierte Bürger, die auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und sich der Pegida-Bewegung verbunden fühlen.”
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Tillschneider stehe für Fragen rund zum Islam zur Verfügung, eine rechtsextremistische Gesinnung hab er nicht, so die Organisatoren in ihrem Statement weiter. Inwieweit eine sich selbst als rechtsstehende Gruppierung in einer als rechts eingeordneten Partei selbst als extrem oder nicht bezeichnet, dürfte dabei nicht von Belang sein. Dass die AfD hinter den Kulissen mitmischt, ist dafür umso interessanter. Die offene Unterstützung von Tillschneider ist seit gestern öffentlich bekannt, eine Reaktion der AfD noch nicht.
In Leipzig formieren sich unterdessen Gegenproteste. Die Facebook-Gruppe “No Legida” verzeichnete am Dienstag-Nachmittag mehr Likes als die “Legida”-Seite. Im Gegensatz zu “Legida”, welche auf PEGIDA verweisen, verfügt der Facebook-Auftritt der politischen Gegner über ein ordentliches Impressum. Für die Organisation der Gegenveranstaltungen zeichnet sich ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis verantwortlich. Als Kontaktadresse wird die Leipziger Kanzlei des sächsischen Grünen-Vorsitzenden Jürgen Kasek genannt.
Für Verwirrung sorgt derweil die Facebook-Minigruppe “No Legida Stop”, die mutmaßlich von Befürwortern der fremden- und islamfeindlichen Kampagne betrieben wird, um an persönliche Daten von Gegendemonstranten zu gelangen.
Die Kampagne der richtigen “No Legida” auf Facebook
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