Am Samstag, 22. November, tagte mal wieder die Leipziger Linke. Über 90 Delegierte waren gekommen, diskutierten auch über die letzten Wahlergebnisse, die die Linke sowohl in der Stadt als auch im Land als zweitstärkste Kraft bestätigt haben. Und es deutet sich sogar an, dass die Linke im Leipziger Stadtrat auch in dieser Wahlperiode wieder gleichauf mit der CDU sein wird.

In seinem halbstündigen Referat steckte der Stadtvorsitzende Dr. Volker Külow zunächst den Kurs für die nächsten Aufgaben ab, machte einen riesigen Bogen durch die internationale und die Bundespolitik, ließ auch die Landespolitik nicht aus und bezeichnete das sächsische Wahlergebnis der Linkspartei mit einem Wert unter 20 Prozent als echte Niederlage. Das könne, so stellte er fest, mit der Überalterung der Wählerschaft zu tun haben und auch damit, dass der Wahlkampf der Linken zu realitätsfern war und vor allem die jüngeren, im Erwerbsleben stehenden Wähler nicht (mehr) erreichte. Langsam also höchste Zeit für Sachsens Linke, die veränderte Berufswelt auch in ihrem politischen Auftreten zu spiegeln.

Die Leipziger Linke hätte dabei sachsenweit noch am besten abgeschnitten – und trotzdem schmerzhafte Verluste eingefahren. Wie etwa den Verlust des Direktmandats von Dietmar Pellmann. Was dann zu einer erstaunlichen Rochade führte: Cornelia Falken, die über die Landesliste wieder in den Landtag kam, hat ihr Büro aus der Gohliser Coppi-Straße in das bisherige Büro von Dietmar Pellmann in Grünau verlegt, “auf das CDU und AfD schon ein Auge geworfen” hätten. Aber auch der Verlust des Bundestagsmandats von Barbara Höll 2009 riss ein Loch: Damit ging auch das Wahlkreisbüro in Schönefeld verloren. Und da auch Volker Külow sein Landtagsmandat einbüßte, gab es auch im Leipziger Süden ein Loch. Doch dafür zieht der neu in den Stadtrat gewählte Alexej Dankwardt nun ins Liebknecht-Haus, wo Külow bislang sein Wahlkreisbüro hatte.

In der anschließenden Diskussion sprachen knapp 20 Delegierte und als Gast die designierte Stadträtin der Piratenpartei, Ute Elisabeth Gabelmann. In einem Punkt ist die Piratin der Leipziger Linken (und damit auch der Linksfraktion) schon nah: Sie warb um Unterstützung für das von ihr initiierte Bürgerbegehren “(K)eine Million” zur Bezuschussung des Katholikentages 2016 in Leipzig.Ein bereits vorliegender und in diese Richtung zielender Antrag der Linksjugend Leipzig wurde am Samstag auf dem Stadtparteitag der Linken einstimmig angenommen und schon auf dem Parteitag füllten mehrere dutzend Delegierte die entsprechenden Unterschriftenlisten aus.

Bei der Nachwahl für den Stadtvorstand, die durch den Rücktritt von Simon Zeise notwendig geworden war, erhielt die Kandidatin Odette Gleininger 83 Ja-Stimmen, zwei Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen; das entspricht einer Zustimmung von 95,4 Prozent. Odette Gleininger gehört zu jenen im Mai gewählten Stadträten, die durch die Nachwahl am 12. Oktober ihr Mandat wieder einbüßten.

Und nicht nur die Millionenunterstützung für den in Leipzig geplanten Katholikentag beschäftigte die Linken. In der Antragsdebatte wurde darüber hinaus ein Antrag des Stadtvorstandes “TTIP stoppen!” beschlossen.

Und da sich nun im Dezember der neue Stadtrat konstituiert, steht auch für die Leipziger Linke die Frage: Wie weiter mit dem alten “Leipziger Modell”? Die Grünen haben sich ja bekanntlich davon schon verabschiedet, werben aber – nun nach dem in Dresden vorgelebten Modell – für eine Art Koalition der linken Fraktionen und wollen dazu auch die Gespräche suchen, um künftig gemeinsamen Anliegen im Stadtrat eine stärkere Basis zu verschaffen.

In der Debatte zum sogenannten “Leipziger Modell” wurde dann am Samstag von den Linken ein Antrag des Fraktionsvorsitzenden Sören Pellmann zum künftigen Agieren der Fraktion im Stadtrat verabschiedet. “Sollte es zu tiefgreifenden Vereinbarungen (u.a. Koalitionen) kommen”, heißt es unter anderem in dem Antrag, “welche die Fraktion nicht von vornherein ausschließt, stehen diese unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Stadtparteitages.”

Das ist dann schon einmal ein “Ja” von den Linken. Die große Frage bleibt also: Macht auch die SPD mit oder will sie weiter die Fraktion im Schatten ihres Oberbürgermeisters bleiben?

Zum Schluss des Parteitages wurde ein Dringlichkeitsantrag von Stadtrat Siegfried Schlegel beschlossen, in dem zu einer spontanen Spendenkampagne für eine Erläuterungstafel an der nunmehr beschlossenen Capastraße aufgerufen wurde. Der Beschluss fiel am Donnerstag, 20. November, in der Ratsversammlung. Danach soll die Verbindungsstraße, die von der Jahnallee zur Erich-Köhn-Straße (neben dem LVB-Straßenbahnhof Angerbrücke) führt, künftig den Namen Capastraße tragen. Sie führt quasi Richtung Süden direkt auf das Capa-Haus zu.

Volker Külow: “Da die spontan gesammelte Summe in Höhe von 220,55 Euro dafür mehr als ausreicht, wird der überschüssige Betrag für eine Erläuterungstafel zum Gedenken an Raymond J. Bowman aufbewahrt. Bowman erlangte traurige Berühmtheit, denn er war der auf dem legendären Capa-Foto ‘Der letzte Tote des Krieges’ vom 18. April 1945 abgebildete US-amerikanische Soldat. Auch nach Bowman soll in absehbarer Zeit nach dem Willen der Leipziger Linken eine Straße benannt werden.”

Das Bürgerbegehren der Piraten: http://piraten-leipzig.de/2014/10/buergerbegehren-auf-dem-weg-piraten-stadtraetin-will-zusammen-mit-buergern-foerderung-des-katholikentages-kippen

Der Stadtratsbeschluss vom 20. November zu den Straßenumbenennungen als PDF zum Download.

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