In einem Landtagswahlkampf ist Vieles möglich. Auch Ministerbesuche in allerlei öffentlichen Einrichtungen. Nur Schulen sind wirklich tabu. Das müsste eigentlich die CDU wissen. Doch irgendwie sahen das der CDU-Kandidat Andreas Nowak und die Kultusministerin Brunhild Kurth am 12. August ein bisschen anders. Sie luden sogar die Zeitungen "Bild" und LVZ zur Begleitung ein bei einem ministeriellen Schulbesuch.

Gemeinsam besuchten sie die Friedrich-Fröbel-Schule in Leipzig-Grünau. Unübersehbar ein Stück Wahlkampfhilfe für Andreas Nowak, der im Wahlkampf 2014 sein Herz für die desolaten Schultoiletten in seinem Wahlbezirk entdeckt hat. Während aber die Ministerin dafür zuständig ist, das genügend Lehrer vor den Klassen stehen, ist das Thema Schulsanierung eines, bei dem man so schön den Esel Stadtpolitik prügeln kann.

Die Ministerin lässt sich in der Zeitung zitieren: “Oberstes Ziel muss ein Schulsanierungskonzept sein, um die Gebäude Schritt für Schritt wieder in Schuss zu bringen. Das muss schnell gehen, denn in Leipzig leben immer mehr Kinder.”

“Der Forderung von Frau Kurth ist vom Grunde her nicht zu widersprechen”, erklärte dazu der Leipziger Landtagsabgeordnete der Linken, Dr. Dietmar Pellmann. “Allerdings mischt sich die Ministerin hier in Angelegenheiten ein, die sie eigentlich nichts angehen, denn Träger dieser Schule ist die Stadt Leipzig. Allerdings hätte sie gut daran getan, sich mit ihrer Stadtratsfraktion kritisch auseinanderzusetzen, die bei den Haushaltsberatungen gegen Anträge der Linken zur Bereitstellung von mehr Mitteln für die Schulsanierung gestimmt hat.”

Das hatte ja bekanntlich schon im Kommunalwahlkampf für richtig Zoff gesorgt, als Andreas Nowak die Stadt für den Toilettenzustand an den Grünauer Schulen offiziell anprangerte – ganz so, als hätte die Leipziger CDU davon zuvor nie etwas gehört.Das andere Problem des Schulbesuchs von Brunhild Kurth: “Außerdem verstößt die Ministerin gegen das von ihrem Haus selbst ausgesprochene Neutralitätsgebot für Schulen in Wahlkampfzeiten”, stellte Dietmar Pellman fest. “Man kann einerseits nicht anderen Kandidaten zur Landtagswahl den Zutritt zu Schulen verweigern, aber andererseits diese Schulen selbst als von den Medien begleitete Wahlkampftribüne nutzen. Ich werde ihr allerdings Gelegenheit geben, auf entsprechende parlamentarische Anfragen zu reagieren, um darzustellen, wer sie eingeladen hat, ob sie vorher mit der Stadt Leipzig Verbindung aufgenommen hat und weshalb, wie es ansonsten durchaus üblich ist, der in diesem Wahlkreis direkt gewählte Abgeordnete nicht vorher über den Besuch der Ministerin informiert wurde. Anstatt sich auf derart umstrittene Wahlhelferinnenreisen zu begeben, sollte Frau Kurth lieber ihre Hausaufgaben erledigen und dafür sorgen, dass am Schuljahresbeginn ausreichend Lehrerinnen und Lehrer zur Verfügung stehen.”

Der Erlass vom 11. Februar 1999, der diese Art Wahlkampfhilfe verbietet, nennt sich “Erlass zur politischen Werbung an Schulen – Besuche von Vertreterinnen und Vertretern politischer Parteien”. Er regelt unter anderem: “Die Schule hat sich […] an der politischen Auseinandersetzung nicht zu beteiligen. Dies gilt insbesondere in Wahlkampfzeiten, in denen jede Aktivität mit parteipolitischem Hintergrund zu unterbleiben hat. Im Unterricht oder sonstigen schulischen Veranstaltungen ist daher von der Teilnahme Abgeordneter und anderen Persönlichkeiten des politischen Lebens, in den letzten zwölf Wochen vor den Kommunalwahlen, den Landtagswahlen im Freistaat Sachsen, den Bundestagswahlen sowie vor den Wahlen zum Europaparlament abzusehen.”

Und während Dietmar Pellmann die Sache im Landtag nachfragt, übernimmt der Vorsitzende der Leipziger Linksfraktion, Sören Pellmann, die Sache in Leipzig. Zur nächsten Ratsversammlung am 14. September möchte er nun wissen, was Leipzigs Stadtverwaltung von diesem Schulbesuch der Ministerin weiß.

Sein Fragenkatalog ist kurz und knackig:

1. Bei wem wurde der Besuch des CDU-Bewerbers mit der Staatsministerin angemeldet?

2. Wer hat das Nutzen der Friedrich-Fröbel-Grundschule und von Kitas für Wahlkampfzwecke genehmigt?

3. Wie geht die Stadtverwaltung mit dem Neutralitätsgebot (siehe Erlass des Kultusministeriums vom Februar 1999), welches in den letzten 12 Wochen vor dem Wahltermin, jegliche politische Veranstaltungen an Schulen untersagt, um?

4. Was unternimmt die Stadtverwaltung, damit zukünftig diesem Erlass zuwiderlaufende Veranstaltungen an Schulen und Kitas unterbleiben?

So ein bisschen schwingt da auch noch der Ärger über eine ganz ähnliche Aktion des damaligen OBM-Kandidaten für die CDU, Horst Wawrzynski mit, der ebenfalls zu Wahlkampfzwecken in einer Grünauer Schule die Wände malerte. Medienwirksam natürlich. Ganz so, als wäre es die Leipziger Stadtverwaltung, die mit dem Geld derart knausert, dass es zur Instandhaltung der Leipziger Schulen nicht langt.

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