Dass sie mit ihrem Bürgerbegehren "Privatisierungsbremse" eine elementare Frage stellen für die Kommunalpolitik in Sachsen, das wussten die Initiatoren des Bürgerbegehrens "Privatisierungsbremse" von Anfang an. Das wussten sie seit 2007, als erst der Bürgerentscheid gegen den Teilverkauf der Stadtwerke Leipzig dem Ansinnen der Stadtverwaltung ein Ende setzte. Doch wie sehr juristische Feinheiten bemüht werden würden, um diesmal einen Bürgerentscheid zu verhindern, das verblüfft die Akteure schon.

Schon als Oberbürgermeister Burkhard Jung im Januar den Antrag zur Durchführung eines Bürgerentscheids ablehnte, verblüffte sie das Pingpong-Spiel. Denn bevor sie überhaupt ans Stimmensammeln gegangen waren, hatten sich die Initiatoren des Bürgerbegehrens juristisch kundig gemacht. Sogar mit der vorgesetzten Behörde, der Landesdirektion Leipzig habe man sich ausgesprochen, inwieweit die gewählten Formulierungen rechtssicher sind und das Begehren auch regelkonform, so Thomas Walter, Mitinitiator des Begehrens. Doch als Burkhard Jung den Antrag im Januar abwies, begründete er es mit einem Verweis auf die vorgesetzte Behörde: “Unabhängig davon ist die Stadt Leipzig aber auch an die Rechtsauffassung der obersten Rechtsaufsichtsbehörde des Freistaates Sachsen gebunden, sodass das Begehren abgelehnt werden muss.”

Gegen den ablehnenden Bescheid der Stadt Leipzig waren mehrere Mitstreiter der Initiative in Widerspruch gegangen. Seit Monaten scheinen die Behörden nun darüber zu grübeln. Dieser Tage nun bekamen die Verantwortlichen ein Schreiben von der Landesdirektion. Auch das ein recht ungewöhnlicher Vorgang, denn es war noch nicht der endgültige Entscheid, sondern ein Entwurf dafür.Im Schreiben wird der Entwurf eines ablehnenden Bescheides zu dem von den Vertrauensleuten der Initiative eingelegten Widerspruch vorgestellt und die Landesdirektion hat sogar die Gelegenheit eingeräumt, zu diesem Entwurf bis zum 31. August Stellung zu nehmen.

“Wir erkennen in dieser für uns etwas überraschenden Vorgehensweise, nämlich uns Gelegenheit zur Stellungnahme zum Entwurf des Bescheides zu geben, die Bereitschaft seitens der Landesdirektion, in Kontakt und Austausch mit den von uns vertretenen Bürgern zu treten. Von dieser uns eingeräumten Möglichkeit möchten wir gern Gebrauch machen, obschon die Hoffnung, die Meinungsbildung bei der Landesdirektion dadurch beeinflussen können, nach unseren bisherigen Erfahrungen mit den beteiligten Behörden nur gering ist”, heißt es jetzt in einem vorab per Mail übersandten Antwortschreiben an die Landesdirektion.

Inhaltlich stehen die Positionen jedoch unverändert weit auseinander.

“Wir halten die Argumente der Ablehnung, die sich im Wesentlichen auf die Sächsische Gemeindeordnung berufen, für nicht stichhaltig. Wir haben bereits im Widerspruchsschreiben und in der Information für die Stadträte im Vorfeld der fraglichen Abstimmung darauf hingewiesen, dass wir die Gemeindeordnung nicht verletzt sehen, ‘da eine Öffnungsklausel zur ‘Abmilderung’ eines zulässigen Bürgerentscheides nach unserem Verständnis nicht rechtswidrig sein kann'”, stellen die beiden Sprecher der Initiative Bürgerbegehren Privatisierungsbremse Mike Nagler und Wolfgang Franke fest. “Es ist sicher ein unbedeutender Zufall, dass der gesetzte Termin für unsere Antwort auf den Tag der Landtagswahl fällt. Scheut sich die Landesdirektion vor einem solchen kommunalen Politikum vor der Landtagswahl? Wir sind nicht sonderlich optimistisch, es scheint aber nicht ausgeschlossen, dass es nach dem 31. August auch eine neue juristische Bewertung des Bürgerbegehrens ‘Privatisierungsbremse’ geben könnte.”

Klein beigeben wollen sie nicht.

“Wie auch immer der endgültige Widerspruchsbescheid ausfallen wird – wir werden nicht nachlassen, die Interessen der Unterzeichnenden des Bürgerbegehrens zu vertreten und für eine ‘Privatisierungsbremse’ für Leipzig zu streiten”, erklären sie.

www.privatisierungsbremse.de

www.april-netzwerk.de

Der Widerspruch gegen den Bescheid der Leipziger Stadtverwaltung als PDF zum Download.

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