Am Mittwoch, 16. Juli, steht im Leipziger Stadtrat die Entscheidung zum Wettbewerb um das Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal auf der Tagesordnung. CDU, SPD und Grüne haben die Beendigung des Verfahrens beantragt. Auch die Linke hat ja einen ähnlichen Antrag gestellt. Aber nun sind die Sieger des Wettbewerbs, ANNABAU und M+M zu Recht düpiert. An ihnen lag es nicht, dass der Wettbewerb derart aus dem Ruder lief.
Aber die beiden Stellungnahmen des Kulturdezernats zum Linke-Antrag und zu einem Antrag der Grünen, den Wettbewerb einfach um 25 Jahre zu vertagen, lasen sich ja nicht so, dass die amtlichen Instanzen eingesehen hätten, dass sie dem Wettbewerb Gewalt antaten. Über grundlegende Fehler wurde nicht mal gesprochen. Denn der Hauptgrund, der jetzt zum Abbruch des Ganzen führen soll, – der Wilhelm-Leuschner-Platz sei eigentlich kein vermittelbarer Standort für das Denkmal – war ja aus Verwaltungshandeln entstanden. Es waren die federführenden Personen im Rathaus, die den Standort Wilhelm-Leuschner-Platz favorisierten und am Ende auch im Verfahren durchdrückten, ohne dass der Stadtrat protestierte.
Doch statt dann konsequent bei der Sache zu bleiben, als es Protest aus der medialen Ecke gab, duckte sich das verantwortliche Dezernat schon 2013 weg, wurde versucht, den Wettbewerb in der sogenannten Bewertungsrunde so hinzutricksen, dass das Wettbewerbsergebnis irgendjemanden – vielleicht der Stadtratsmehrheit – “vermittelbar” wäre. Das musste schiefgehen und es ist schiefgegangen. Und den Mumm, dem Rat des Gerichtes zu Folgen, die Fehler im Wettbewerb zu reparieren und ihn zu Ende zu führen, haben die Leipziger Verantwortlichen nicht.
Sehr zum Entsetzen der Wettbewerbssieger. Denn die sehen hier zu Recht einen Kleinmut, der mit dem, was das Denkmal eigentlich symbolisieren soll, nichts zu tun hat. Denn Leipzigs Verwaltung hat seit dem Gerichtsbeschluss noch nicht einmal den Mut gehabt, mit den Preisträgern des Wettbewerbs Kontakt aufzunehmen.
Sie haben jetzt – nach ihrem Brief im März, der so wenig Widerhall bei Leipzigs gewählten Abgeordneten fand – einen zweiten Brief an die Stadträtinnen und Stadträte in Leipzig geschrieben.
“Sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte der Stadt Leipzig,
seit der Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden im November 2013, in der festgestellt wurde, dass die von der Stadt Leipzig neu eingeschobene zweite Bewertungsphase wegen Verfahrensfehler so nicht bestehen bleiben kann, haben wir von der Stadt Leipzig nichts mehr gehört. Als erster Preisträger hätten wir erwartet, dass der Auslober auf uns zugeht und uns über den weiteren Verlauf des Wettbewerbes Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal informieren würde. Sowohl vom OLG als auch von uns wurden Wege aufgezeigt, wie das Verfahren weitergeführt werden kann. Stattdessen müssen wir nun durch die Presse erfahren, dass die Stadt der Entscheidung des OLG nicht folgen wird und stattdessen plant, das aktuelle Verfahren für das Denkmal am Wilhelm-Leuschner-Platz zu beenden, um eventuell einen neuen Wettbewerb für einen anderen Ort auszuloben.
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Weit über zwei Jahre haben sich Künstlerinnen, Künstler, Architektinnen und Architekten aufgrund Ihrer Einladung intensiv mit dem Freiheits- und Einheitsdenkmal beschäftigt. Wir haben versucht, unseren, von der Wettbewerbsjury ausgewählten Siegerentwurf, gegen alle Widrigkeiten in der Öffentlichkeit zu vermitteln. Wir haben für die vergaberechtlich korrekte Fortführung des Wettbewerbs und für die ursprüngliche Juryentscheidung gekämpft. Wir sind mit viel nervenaufreibendem und finanziellen Einsatz bis vor die Vergabekammer und das Oberlandesgericht Dresden gezogen, um mit Erfolg Unrechtmäßigkeiten bei dieser symbolträchtigen Aufgabe entgegenzuwirken. All dies, um jetzt zu erleben, wie der gesamte Wettbewerb mit einem Federstrich einfach aufgehoben werden soll – mit der lapidaren sowie zu diesem späten Zeitpunkt fadenscheinigen Begründung, der Wilhelm-Leuschner-Platz sei für das Freiheits- und Einheitsdenkmal nicht geeignet. Wer ist dafür verantwortlich? Wie konnte es zu dieser Fehlentwicklung kommen? Was geschieht mit den Preisträgern, werden sie einfach abserviert?
Am 28.02.2014 hatten wir Ihnen eine umfassende Darstellung der komplexen Sachlage übersendet. Wir bitten Sie, die in diesem Schreiben enthaltenen Informationen in Ihrer Entscheidungsfindung zu berücksichtigen.
Wir wären entsetzt darüber, wenn die Stadt Leipzig nicht den Mut und das Rückgrat hätte, zu dem Wettbewerb zu stehen. Sollte aber aufgrund der Stadtratsentscheidung der Wettbewerb nun tatsächlich abgebrochen werden, erwarten wir gleichzeitig ein Konzept für einen anständigen Umgang mit den Preisträgern. Es bedarf ein deutliches Zeichen, um den großen Einsatz aller Preisträger, Wettbewerbsteilnehmer und Jurymitglieder des Wettbewerbs zu würdigen.
Es liegt im Interesse des Stadtrates, den Ruf Leipzigs zu verteidigen, als eine Stadt, in der Künstler und Architekten in Wettbewerben und Vergabeverfahren teilnehmen können, ohne Angst zu haben, in politischen Schachspielen geopfert zu werden.
Mit besten Grüßen
M+M
Martin De Mattia und Marc Weis
ANNABAU
Sofia Petersson, Moritz Schloten
Der Der Brief vom 6. März als PDF zum download.
Der Der Brief vom 15. Juli als PDF zum download.
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