Man staunt immer wieder. Die Suche nach einem neuen Standort für das Leipziger Stadtarchiv dauert nun auch schon vier Jahre. Und nun deutet sich - seit der letzten Dienstberatung im Mai offiziell - ein Standort an, bei dem man sich fragt: Warum nicht gleich so? Dabei ist ein Stadtarchiv auf der Alten Messe geradezu naheliegend. Die Deutsche Bücherei ist gleich um die Ecke.

Straßenbahnanschluss ist da. Der alte Sowjetische Pavillon, die Messehalle 12, wartet schon ewig auf einen neuen Nutzer. Allein, dass ab und zu große Partys drin stattfanden, hat das Gebäude nicht vor seinem drohenden Verfall bewahrt. Ursprünglich 1923/1924 als “Achilleion” und Ausstellungshalle für Werkzeugmaschinen erbaut, wurde die Halle im Weltkrieg stark zerstört und dann nach und nach wieder aufgebaut. 1950 wurde der Sowjetische Pavillon draus, wo die Sowjetunion zu den Leipziger Messen ihre Güter ausstellte.

Hier hat sich dann nach Schließung des alten Messegeländes und Umzug der Messe in den Norden der Stadt so manche Idee der Neunutzung zerschlagen – darunter auch mal die Installation eines Deutschen Holocaust Museums.
Der eine – die Leipziger Entwicklungs- und Vermarktungsgesellschaft mbH & Co. Grundstücks KG (LEVG) – hat also eine leerstehende Halle, der andere – die Stadt Leipzig – sucht nun seit Jahren nach einem neuen Standort fürs Stadtarchiv. Man hat am Wilhelm-Leuschner-Platz gesucht und nicht gefunden, im Leipziger Osten hat man gesucht, der Standort am Barnet-Licht-Platz an der Prager Straße war praktisch schon sicher. Nur dummerweise muss an all diesen Plätzen neu gebaut werden. Dafür fehlt das Geld. Es ist dasselbe Problem wie beim Naturkundemuseum. Kurzzeitig war der Vorschlag der Stadtbau AG auf dem Tisch, in Reudnitz ein altes Fabrikgebäude herzurichten. Aber das stieß auf breite Ablehnung bei den Stadtratsfraktionen.

In der Dienstberatung am 27. Mai wurden auch noch andere Standorte debattiert: die Erich-Zeigner-Allee 64 (ein altes Fabrikgebäude im Gewerbezentrum), die Halle 7 in der Spinnerei, aber auch die Halle 17 auf der Alten Messe stand zur Diskussion. Auch das Mietangebot in der Albert-Schweitzer-Straße in Reudnitz lag noch einmal vor nebst den Kosten für die dringend notwendige Ertüchtigung des jetzigen Standorts an der Torgauer Straße.

Am Ende entschied sich die Dienstberatung für den Sowjetischen Pavillon: “Der Oberbürgermeister wird beauftragt, einen Mietvertrag mit der Leipziger Entwicklungs- und Vermarktungsgesellschaft mbH & Co. Grundstücks KG (LEVG) für die Unterbringung des Stadtarchivs auf der Alten Messe, Halle 12, zu verhandeln”, heißt es jetzt in der Vorlage, mit der sich am 16. Juni erstmals der Finanzausschuss beschäftigen wird. In der Ratsversammlung soll der neue Vorschlag am 16. Juli auftauchen.

Was Umbau und Instandsetzung der Halle kosten wird, ist noch nicht öffentlich.

Fest steht aber, was die Neueinrichtung des Archivs in 2016 und 2017, wenn der Umzug fällig ist, kosten wird. Man braucht neue Regale, Stühle, Tische, Technik. Dafür müsste der Stadtrat in den Jahren 2016 und 2017 insgesamt 734.000 Euro bewilligen. Dazu kommen noch einmal 200.000 Euro für den Umzug. Den Umfang dessen, was da umziehen muss, kann man ja auf der Website der Stadt nachlesen: “Seine Bestände, u. a. mehr als 4.000 Urkunden, 11.000 laufende Meter Akten, 85.000 Karten und Pläne, 345.000 Fotos und Postkarten sowie Leipziger Zeitungen und anderes Sammlungsgut, sind wichtige Quellen für die Geschichte Leipzigs von der Stadtrechtsverleihung um 1165 bis in die jüngste Vergangenheit.”

Seit 1994 ist das Stadtarchiv in der Torgauer Straße untergebracht. Aber um es dort zu lassen, sind millionenteure Investitionen nötig. Die LEVG scheint da der Stadt ein recht gutes Angebot gemacht zu machen für die jetzt benötigten 6.000 Quadratmeter Nutzfläche, davon allein 4.000 Quadratmeter fürs Magazin. Der aktuelle Bestand ist auf 2.850 Quadratmetern zusammengequetscht. Bis 2050 rechnet das Stadtarchiv sogar mit einem Bedarf von 5.910 Quadratmetern. Der öffentliche Bereich würde sich sogar leicht reduzieren von 1.070 auf 910 Quadratmeter, weil der Vortragsaal etwas kleiner werden kann, denn für gewöhnlich kommt ein kleiner Kreis von neugierigen Leipzigern zu solchen Vorträgen, die sich mit Stadtgeschichte beschäftigen. Der Arbeitsbereich für die Mitarbeiter wächst dafür leicht von 240 auf 400 Quadratmeter.

Wenn der Stadtrat zustimmt, wohlgemerkt. Denn was die Stadttochter LEVG sich an Miete wünscht, ist ja noch nicht öffentlich. Und rechnen muss die Stadt ja bekanntlich mit jedem Euro.

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