Das Amt für Jugend, Familie und Bildung hat dem Jugendhilfeausschuss des Leipziger Stadtrates im April Pläne vorgelegt, die die Übergabe der verbliebenen sechs kommunalen Offenen Freizeittreffs und Jugendkulturzentren in freie Trägerschaft vorsehen. Aus SPD- und Linksfraktion gibt es gegen dieses Vorgehen nun deutlichen Protest. Der Sinn des Vorschlags erschließt sich nicht.
“Eine stichhaltige fachliche Begründung blieb bisher aus”, stellt Juliane Nagel, jugendpolitische Sprecherin der Linksfraktion, fest. “Außerdem handelt das Amt hiermit entgegen einem Stadtratsbeschluss aus dem Jahre 2000, in dem festgelegt wurde, dass ‘die Kommune als Träger der öffentlichen Jugendhilfe Einrichtungen in eigener Trägerschaft behält, um dem Wunsch- und Wahlrecht nach § 5 KJHG auch sozialräumlich entsprechen zu können.”
Dass die Pläne auch wichtige Arbeit im Fördergebiet Leipziger Osten gefährden, kritisiert der SPD-Stadtrat Tino Bucksch. Denn dort wären die kommunalen Jugendhilfeeinrichtungen Rabet und O.S.K.A.R. betroffen.
“Die Stadt darf ihren Steuerungseinfluss nicht leichtfertig aus der Hand geben. Weder gab es bisher fachliche noch konzeptionelle Gründe, die von Seiten der Verwaltung überzeugend angebracht wurden. Hier werden über Jahre gewachsene Strukturen im Stadtteil mit einem Handstreich personell und finanziell in sehr unsicheres Fahrwasser befördert. So kann die Verwaltung nicht mit den Betroffenen umgehen”, stellt Bucksch fest.”Gerade das O.S.K.A.R. wurde im Rahmen des Projektes ‘soziale Stadt’ an den aktuellen Standort verlagert. Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen aus sozial schwachen Familien stand dabei von Anfang an im Fokus. Hierbei wird kontinuierlich gute Arbeit geleistet. Gerade über die kommunalen Einrichtungen hat die Stadt die Möglichkeit zu steuern und Angebote an bestimmte Zielgruppen zu machen, die sich diese sonst nicht finanziell leisten könnten. Freie Träger haben hier einen geringeren Spielraum. Auch garantieren die kommunalen Einrichtungen Kontinuität und Qualität in ihrer Arbeit über die Jahre hinweg. Eben dies ist für die Gruppe der benachteiligten Jugendlichen enorm wichtig. Vertrauen aufzubauen, bereit zu sein, sich helfen zu lassen und gemeinsam mit dem Personal der Einrichtungen zusammen zu arbeiten, ist ein langer Prozess. Dafür sind gewisse Rahmenbedingungen notwendig, die ich in den kommunalen Jugendhilfeeinrichtungen realisiert sehe. Gerade mit dem Rabet und dem O.S.K.A.R. sind zwei sehr gut im Stadtteil vernetzte Akteure vor Ort aktiv. Es wäre aus fachlicher Sicht fatal, dies nun kurzfristigen Erwägungen zu opfern”, so Bucksch weiter.
Mit einem Antrag, der am 21. Mai ins Stadtratsverfahren geht, will die Linksfraktion den Verbleib der Einrichtungen in kommunaler Trägerschaft sichern sowie deren strukturelle Einbindung und qualitative Steuerung verbessern.
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“Trägervielfalt bedeutet aus unserer Sicht, dass auch der Träger der öffentlichen Jugendhilfe – die Stadt Leipzig – Angebote vorhält”, betont Juliane Nagel. “Das Kinder- und Jugendhilfegesetz sieht in Bezug auf Jugendarbeit (§ 11) neben Freien Trägern explizit auch die öffentliche Jugendhilfe als Träger von Angeboten vor. In diesem Sinne nimmt die Fraktion Die Linke die Stadt Leipzig mit ihrem Antrag in die Pflicht. Gleichzeitig halten wir es für notwendig, dass die Steuerung und Qualitätssicherung der Offenen Treffs und Jugendzentren verbessert wird. Derzeit werden die Einrichtungen stiefmütterlich behandelt. Mit einem Wechsel der Zuständigkeit von der Abteilung 51.4 ‘Kindertagesstätten’ in die Abteilung 51.3 ‘Planung und Fachaufsicht’ könnte die Arbeit im Bereich Kinder- und Jugendförderung gebündelt werden. Davon würden sowohl die MitarbeiterInnen der Einrichtungen als auch die Qualität der Arbeit profitieren.”
Nicht zuletzt habe die Verwaltung mit ihrem Vorschlag sowohl unter den MitarbeiterInnen als auch den NutzerInnen der Zentren große Verunsicherung ausgelöst. “Auf dem Spiel stehen Bindungen zwischen Jugendlichen und SozialpädagogInnen, fachliche Strukturen und Netzwerke in den betroffenen Stadtteilen”, sagt Nagel. Ihre Fraktion wolle mit ihrem Antrag so schnell wie möglich Klarheit und eine sichere Perspektive für die sechs Offenen Treffs und Jugendkulturzentren schaffen.
Tino Bucksch sieht es genauso: “Für mich gehören daher die Pläne der Verwaltung vom Tisch! Gerade der Nordosten braucht weiterhin verlässliche Planung und Förderung. Jetzt die städtischen Pläne umzusetzen, bedeute jahrelange Arbeit mit einmal zu zerschlagen.”
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