Eigentlich ist die komplexe Sache dann doch recht einfach. Es gibt einen Stadtratsbeschluss, der die Verwaltung beauftragt, mögliche Orte für Unterkünfte zu suchen. Nun schlug sie einen vor, wollte jedoch dafür einen anderen von der Liste streichen. Dagegen stellte die Fraktion die Linke einen Antrag, welcher auch weiterhin einen neuen Standort in der Bornaischen Straße 215 zukünftig möglich machen soll. Debattiert und beschlossen wurde hingegen heute bereits abschließend die Einrichtung einer Asylbewerberunterkunft in der Stöckelstraße 62.
Thomas Fabian erklärte es noch einmal: “Im Juli 2012 beschloss der Stadtrat das Konzept `Wohnen für Berechtigte`. Schritt für Schritt ist die erfolgreiche Umsetzung an sechs Standorten im Stadtgebiet zu beobachten. Steigende Flüchtlingszahlen erfordern konsequentes Weitergehen dieses Weges.” Der Sozialbürgermeister empfahl für die Stöckelstraße 62 zu stimmen. “Die Bereitschaft sich auf neue Nachbarn einzulassen, zeigt sich in Schönefeld weiter durch die Erklärung von Bürgern, die in der Stadtbezirksratssitzung ihre Unterstützung bekundeten.” Es sei auch für ihn ein gutes Zeichen gewesen, wie die ganze Situation rings um die Notunterkunft in der Löbauerstraße 64 in Schönefeld gemeistert wurde.
Juliane Nagel fasste in der Diskussion um den neuen Standort einer auf 10 Jahre geplanten Dauerunterkunft für zirka 50 Asylbewerber an der Stöckelstraße 62 aus Sicht der Linken zusammen. “Die Unterbringung von Asylsuchenden ist wohl eines der meistdiskutierten Themen der Legislaturperiode. Der Ansatz von etwa 50 Personen je Wohnstätte über das Stadtgebiet verteilt zeigt Erfolg: Selbst dort wo Skepsis herrschte, siegten Vernunft und Empathie.” Die vorher befürchteten Gefährdungen seien nachweislich von keinem der Standorte ausgegangen, auch die Lebensqualität sei höher als in Massenunterkünften. An der Torgauer Straße ist eine solche bis heute zu finden – 500 Menschen in eher unwürdigen Bedingungen. Die Bornaische Straße sei aber aus Sicht der Linkspartei weiterhin ebenfalls als Standort geeignet, die Zustimmung im Leipziger Süden sei weiterhin hoch.
Ein strittiger Punkt waren verschiedene Informationen zu einem Elektrohändler im Haus Stöckelstraße 62. Dieser war noch vom Voreigentümer des Gebäudes gekündigt worden, teilweise herrschte vor allem bei der Leipziger CDU die Ansicht, dies hätte bereits damals mit der Schaffung der neuen Unterkunft zusammen gehangen. Mittlerweile gibt es ein Angebot des neuen Eigentümers das Ladengeschäft zu vergleichbaren Konditionen weiter zu betreiben.
Trotz einer breiten Zustimmung zum Plan der Verwaltung war nicht alles Sonnenschein. Ingrid Glöckner kritisierte aus Sicht der SPD zum einen die Eilbedürftigkeit der Vorlage: “Jetzt in der Endphase des Wahlkampfes wollen wohl einige Personen noch Honig aus dem Thema Asylpolitik saugen. Es werden auch nun wieder Ängste geschürt oder alles bejubelt. Wie wir wissen, sucht die Stadtverwaltung weiter krampfhaft nach Objekten und die Vermieter reiben sich die Hände. Der Mietpreis muss aus unserer Sicht nachverhandelt werden.” Mit 7,72 Euro Warmmiete pro Quadratmeter liegt dieser ihrem Geschmack nach für die Stadt nach wie vor zu hoch.
Bekannt ist jedoch auch, dass durch häufige Ein- und Auszüge solcherart genutzte Objekte nach 10 Jahren vollständig abgeschrieben sind – ob die Stadt das Tauziehen in schwieriger Lage bei verfügbaren Objekten nochmals versucht, ist eher fraglich.
Ansbert Maciejewski sah seitens der CDU noch einige weitere kritische Punkte, ja fühlte sich teilweise wohl auch persönlich attackiert: “Es ist nicht einfach zum Thema zu sprechen, von links kommt zu schnell der Vorwurf des Rassismus oder der Kaltherzigkeit. Wie aber in der Verwaltung mit dem Thema umgegangen wird, ist nicht transparent, es werden Stadtratsbeschlüsse herbeigeführt und wieder aufgehoben, das kann es nicht sein.” Er bezog sich damit auf den von der Verwaltung noch kurzfristig gestrichenen Beschlusspunkt 4. Dieser hätte vorgesehen, die Bornaische Straße 215 als Möglichkeit zur Unterbringung auszuschließen, obwohl sie vom Stadtrat als geeignet angesehen wird.
Auch ein anderer Punkt erregte Maciejewski: “Die Partei Die Grünen hat heute eine Pressemitteilung herausgegeben, die behauptet, ich würde mich auf die Seite der Neonazis stellen. Das ist ein widerliches Niveau im Kommunalwahlkampf”. Ein Vorwurf, der beim Empfänger ankam: Katharina Krefft (Die Grünen) bat dafür um Entschuldigung und räumte ein, ein betreffender Halbsatz sei “nicht in Ordnung” gewesen, allerdings habe die Ratsfraktion auch nichts von diesem gewusst. Die Meldung wurde noch während der Ratssitzung von der Internetseite der Leipziger Grünen entfernt.
Das Niveau des abschließenden Beitrages vom verbliebenen NPD-Stadrat Klaus Ufer zum parteinahen Lieblingsthema muss jeder für sich beurteilen. “Sachsen erlebt einen Ansturm von Flüchtlingen aus der ganzen Welt.” so der Ufer. “Der Freistaat Sachsen verteilt die Personen auf die Kommunen, die mit der Unterbringung oft überfordert sind. Sie fallen dann mit den Beherbungskosten der Allgemeinheit zur Last. Um es klar zu sagen, die NPD spricht sich nicht gegen die zeitweise Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus.” Ein Punkt, den man den Leipziger Abgeordneten gerne mit seiner Parteiführung ausdiskutieren sähe, prahlt diese doch auf den Plakaten zur Europawahl mit durchaus gegenteilig zu verstehenden Losungen.
Mit einer großen Mehrheit gegen die Stimmen der CDU und Klaus Ufers wurde die Stöckelstraße 62 als Unterbringungsmöglichkeit für Asylberechtigte beschlossen. Im Dauerbrenner “Asylunterbringung” in Leipzig wurde damit kurz vor der Kommunalwahl am 25. Mai ein weiterer Schritt hin zu dezentraleren Lösungen geschafft.
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