Die Wahl wird für die Leipziger nicht einfach am 25. Mai: Wen soll man in den Stadtrat wählen? Noch nie waren so viele Kandidaten auf den Listen der antretenden Parteien zu finden. E scheint ja noch Hoffnung zu geben, dass über den Stadtrat noch Politik zu machen ist in Leipzig. Auf die zehn nicht ganz einfachen Fragen der L-IZ antwortet heute Michael Clobes, Kreisvorsitzender der SPD.
Die Stadt hängt voller Plakate und trotzdem hat man das Gefühl, den Leipzigern ist die Wahl des neuen Stadtrates weitestgehend schnuppe. Nur 41,2 Prozent der Leipziger beteiligten sich 2009 an der Stadtratswahl. Gibt es einen guten Grund, warum sie diesmal wählen gehen sollten? Oder können sie beruhigt zu Hause bleiben?
Gerade in Leipzig, wo 1989 Hunderttausende für Demokratie und Freiheit auf die Straße gegangen sind, sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, wählen zu gehen. Demokratie ist ein hohes Gut und keine Selbstverständlichkeit. Sie lebt vom Mitmachen, vom Teilnehmen und natürlich auch von freien, gleichen und geheimen Wahlen. Wer sein Wahlrecht nicht wahrnimmt, spielt den Gegnern der Demokratie in die Hände, namentlich der NPD. Es sollte ein gemeinsames Ziel aller demokratischen Kräfte in dieser Stadt sein, diese neonazistische Partei aus dem Stadtrat fern zu halten.
Warum glauben Sie, dass Ihre Partei wichtig für Leipzig ist? Oder ist der Antritt zur Wahl schon reine Gewohnheit?
Die SPD ist die Partei, die den Laden zusammenhält. Wir sitzen in der Mitte des Stadtrates und können mit allen demokratischen Kräften sprechen. Ohne die SPD gibt es keine Mehrheiten und keine solide Haushaltspolitik. Wir stehen gleichermaßen für soziale Gerechtigkeit, wirtschaftlichen Erfolg und haushaltspolitische Verantwortung. Die erfolgreiche Arbeit der sozialdemokratischen Oberbürgermeister war nur mit einer starken SPD-Fraktion möglich. Daneben setzt die Fraktion eigene Akzente in der Stadtpolitik, insbesondere im Bereich Schulen und Kitas sowie der Kulturpolitik.
Politik ist ein zähes Geschäft. Sind Ihre Kandidatinnen und Kandidaten besonders masochistisch, dass sie sich das wieder fünf Jahre lang antun wollen? Oder ist das einfach die Pflicht eines Demokraten, auch dann anzutreten, wenn mit Lorbeer nicht zu rechnen ist?
Für mich ist Politik keineswegs zäh, sondern ausgesprochen spannend. Unsere Kandidatinnen und Kandidaten treten in erster Linie an, weil ihnen die Arbeit Spaß macht. Es ist ein gutes Gefühl, Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger zu übernehmen und die Zukunft der Stadt mitzugestalten. Pflichtbewusstsein gehört dazu, aber man muss auch Freude haben. Bei unseren Vorwahlen sind alle jetzigen Stadträtinnen und Stadträte wieder angetreten. Ganz so trocken und zäh kann es daher in den letzten fünf Jahren nicht gewesen sein.
Was ist aus Sicht Ihrer Partei der größte Fehler, der in den letzten Jahren in Leipzigs Politik gemacht wurde? Und wie wäre das aus Ihrer Sicht zu reparieren?
Fehler passieren überall, auch in der Kommunalpolitik. Der Skandal um die Zockergeschäfte der kommunalen Wasserwerke sticht da sicher heraus. Der Fehler war, dass man mit Herrn Heininger einem Mann vertraut hat, der dieses Vertrauen in hoch krimineller Weise missbraucht hat. Ich hoffe sehr, dass die Prozesse gegen die Banken, die nun von diesen Machenschaften profitieren wollen, gewonnen werden.
Und welchen Erfolg schreiben Sie Ihrer Partei in der Leipziger Kommunalpolitik der letzten fünf Jahre zu? Gibt es überhaupt einen?
Es ist das besondere Verdienst der SPD-Fraktion, dass die Stadt eine solide und ausgewogene Haushaltspolitik betreibt und sich insgesamt sehr gut entwickelt. Besonders und konkret herausheben möchte ich unser Engagement für die Schulsozialarbeit. Weil sich der eigentlich zuständige Freistaat dieser Aufgabe entzieht, hat die Stadt auf Initiative der SPD an vielen Schulen dringend notwendige Sozialarbeiterstellen geschaffen. Unser Ziel ist es, an jeder Schule in Leipzig eine solche Stelle einzurichten. Die SPD hat weiterhin maßgeblich dafür gesorgt, dass der Ausbau von Schulen und Kitas vorangeht. In den letzten Jahren wurden in Leipzig tausende neuer Kita-Plätze geschaffen. Wir werden auch in Zukunft dieses Thema ganz oben auf der Agenda der Stadt halten.Ist mit dem Leipziger Modell im Stadtrat überhaupt vernünftige Politik zu machen? Oder finden Sie, dass es Zeit ist für ein anderes Modell? Und für welches?
Leipzig ist mit dem sogenannten “Leipziger Modell” in den letzten Jahrzehnten gut gefahren, weil es die SPD als zentraler Knotenpunkt des Stadtrates versteht, die Gesprächsfäden in alle Richtungen des demokratischen Spektrums zu knüpfen und weil auch die anderen Parteien zu einer entsprechenden Kooperation bereit sind. Dieses Modell bietet den Vorteil, dass sich alle Fraktionen in die Entscheidungen einbringen können. Wenn der Haushalt beispielsweise, wie in den letzten Jahren oft geschehen, einstimmig verabschiedet wird, führt dies zu einer breiteren Akzeptanz im Stadtrat, aber auch in der Bevölkerung. Vorausgesetzt natürlich, es wird auch so kommuniziert. Bedauerlicherweise versuchen andere Parteien gerade im Wahlkampf, Opposition zu spielen und Entscheidungen anzugreifen, die sie selbst mitgetragen haben. Aber das gehört wohl zum Geschäft.
Insgesamt wünsche ich mir eine Fortsetzung dieses Modells. Natürlich setzt dieses Modell die Kompromiss- und Kooperationsbereitschaft aller Beteiligter voraus. Wenn diese Bereitschaft von einer Fraktion aufgekündigt wird, muss man nach Alternativen suchen, bei denen viele denkbar sind. Ohne die SPD werden auch andere Modelle kaum denkbar sein.
Welches Projekt in der Leipziger Politik sollte in den nächsten fünf Jahren unbedingt umgesetzt werden?
Absolute Priorität sollen in den nächsten Jahren Sanierung und Neubau von Kitas und Schulen haben, um dem wachsenden Bedarf gerecht zu werden. Die Stadt muss sich auch verstärkt um eine weiterhin positive wirtschaftliche Entwicklung und damit um den weiteren Abbau der Arbeitslosigkeit und die Verbesserung der Steuereinnahmen bemühen, denn spätestens 2019 wird Leipzig haushaltspolitisch auf eigenen Füßen stehen müssen. Hier stehen wir noch vor einer großen Aufgabe.
Und welches sollte unbedingt unterlassen werden?
Volker Külow für die Linkspartei
Unterlassen werden sollte alles, was den oben genannten Zielen zuwiderläuft. Wenn Sie mich nach einem konkreten Projekt fragen, fällt mir die Markthalle am Wilhelm-Leuschner-Platz ein. Ich halte diese für keine gute Idee, weil sie sich wahrscheinlich nicht trägt und das bunte Markttreiben in der Innenstadt belastet oder gar zerstört.
Wie finden Sie die Informationspolitik Ihrer Fraktion? Wissen die Leipziger überhaupt, was Ihre Mannschaft in den vergangenen Jahren alles getan und erreicht hat?
Die Informationsarbeit der Fraktion ist gut. Über deren Web-Site kann man alle Anträge, alle Reden und Statements abrufen. Unsere Stadträtinnen und Stadträte führen regelmäßig Bürgersprechstunden durch, wo sie über ihre Arbeit berichten und sich die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger anhören. Leider wird dies nur sehr spärlich wahrgenommen. Wir strecken die Hände weit aus. Ich meine, dass alle, die sich informieren wollen, dies auch leicht tun können.
Wie halten Sie es mit der Transparenz der Stadtpolitik? Ist für die Bürger überhaupt nachvollziehbar, was in Rathaus und Stadtrat vor sich geht? Und sollte das nicht geändert werden? Haben Sie einen Vorschlag?
Meines Erachtens ist die Transparenz der Stadtpolitik besser als ihr Ruf. Wenn wir auf das neu gestaltete Web-Portal der Stadt gehen, können wir uns über die sehr vielen Möglichkeiten der Information und Beteiligung informieren. Wir können im elektronischen Ratsinformationssystem alle Anträge und Beschlüsse des Rates lesen, wir können Petitionen einreichen. Es gibt eine im letzten Jahr verabschiedete Informationsfreiheitssatzung, die weitreichenden Zugang zu Gutachten, Stellungnahmen und Schriftwechsel ermöglicht. Der Rat hat außerdem Leitlinien zur Bürgerbeteiligung erarbeitet, die eine bessere Teilnahme ermöglichen sollen. Es mag immer etwas zu verbessern geben, aber die Stadt Leipzig ist in Bezug auf Transparenz und Teilnahmemöglichkeiten auf einem sehr guten Weg. Nur, die Bürger müssen diese Instrumente auch nutzen.
SPD Leipzig: www.spd-leipzig.de
SPD-Fraktion im Leipziger Stadtrat: www.spd-fraktion-leipzig.de
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